„Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist“ und „Himmelhochjauchzendzutodebetruebt“ gehören zu meinen Lie...

Niels Frevert - Putzlicht


„Ich würde dir helfen, eine Leiche zu verscharren, wenn’s nicht meine ist“ und „Himmelhochjauchzendzutodebetruebt“ gehören zu meinen Lieblingsliedern von Niels Frevert bzw. seiner früheren Band Nationalgalerie. Hätte er dem Song „Tütensuppe“ den Titel „Tütensuppe mitten auf dem Ozean“ verpasst, wäre die Liste der Lieblingslieder mit gleichzeitig langen Titeln perfekt gewesen.

Beim Blick auf die Songliste seines sechsten Soloalbums „Putzlicht“ bietet sich auf den ersten Blick „Ich suchte nach Worten für etwas das nicht an der Straße der Worte lag“ für diese Liste an. Doch bereits sein direkter Vorgänger, das Trost spendenden „Immer noch die Musik“, lässt diese Theorie wackeln, denn das vermeintliche Albumhighlight hat Frevert doch wohl offensichtlich nach einer kurzen Prelude an zweiter Stelle seines Albums platziert. 




„Ich suchte nach Worten für etwas das nicht an der Straße der Worte lag“ erklärt, warum seit seinem letzten Album „Paradies der gefälschten Dinge“ fünf Jahre vergangen sind. Aber wenn eine Schreibblockade zu solchen Ergebnissen führt, warten wir gern etwas länger.  




Gar nicht lang auf sich Warten lassen die nächsten tollen Gitarrenpopsongs: „Als könnte man die Sterne berühren“ ist mit seinen Bläsern der beste Erdmöbel-Song seit einiger Zeit, „Leguane“ zieht das Tempo an und nistet sich mit Synthieklängen in den gehörgängen fort, bis der Titelsong - erneut mit dominantem Bläsereinsatz -  einen verwundert fragen lässt, wie man sich denn hier (es kommt ja schließlich mit „Brückengeländer“ auch nioch eine opulente Streicherballade) für sein persönliches Lieblingslied entscheiden soll. 




„Putzlicht“ ist nach „Paradies der gefälschten Dinge“ sein zweites Album, das über Grönland Records veröffentlicht wird (LP als 180g schweres oranges Vinyl). Im Oktober wird Niels Frevert mit Band unterwegs sein, im Dezember geht es dann noch einmal „akustisch“ auf Reisen:

09.10.19 Essen – Zeche Carl
10.10.19 Köln – Clubbahnhof Ehrenfeld
11.10.19 Frankfurt – Nachtleben
12.10.19 Münster – Gleis 22
16.10.19 München – Orangehouse
17.10.19 Dresden – Scheune
18.10.19 Berlin – Heimathafen
19.10.19 Hamburg – Mojo
02.12.19 Freiburg – Jazzhaus
03.12.19 Stuttgart – Im Wizemann Studio
04.12.19 Augsburg – Soho Stage
05.12.19 Ulm – Roxy
06.12.19 Mannheim – Alte Feuerwache
07.12.19 Hannover – Pavillon
08.12.19 Oldenburg – Wilhelm13
09.12.19 Leipzig – nato
12.12.19 Rostock – Helgas Stadtpalast
13.12.19 Magdeburg – Moritzhof

Die Musik, die er dazu zusammen mit seinem neuen Produzenten Philipp Steinke (unter anderem Boy, Revolverheld) fand, treibt auf wuchtigen Drums voran wie ein Zug, der wieder Fahrt aufnimmt oder jener "laufende Motor", der die Songs des Albums mit Prelude und Schlussdrama zusammentackert. Die zarten Streicher vergangener Alben sind fast verschwunden, stattdessen dominieren beherzt angeschlagene Klavierakkorde und kraftvolle Gitarren.
"Putzlicht" ist somit ein sehr gediegenes, fast zu gefälliges Rockalbum klassisch US-amerikanischer Prägung, dessen musikalischer Gestus manchmal an Springsteen erinnert, manchmal ("Leguane") auch an Blumfeld. Aber es ist keine Rückkehr zu Nostalgie und Neunzigern für Frevert, es wirkt vielmehr wie eine Ankunft, auch wenn die Dinge im Rückspiegel näher scheinen, als sie sind, wie er einmal singt.
(Spiegel)



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