Hip Hop, Lyrik, Literatur... Kae Tempest nehme ich als unstillbare künstlerische Quelle wahr. Ich verfolge ihre (im Sinne von "they") Karriere bereits seit 2014. Ein erster Höhepunkt war das tolle Album "Let them eat chaos" und die Performance während des Konzerts in München.
"The book of traps and lessons" war ein überraschend ruhiges Werk. Einige Zeit nach der Veröffentlichung outete sich Kae als non-binär und zeigte dies durch die Änderung ihres Vornamens an. Seitdem wirkt Kae (auf Basis von Interviews, Podcases und live Streams) wie befreit. Und genau so klingt auch die fünfte Platte "The line is a curve". Bedeutsame Lyrics überraschen nicht, aber Gastsänger:innen (u. a. Grian Chatten von Fontaines D.C., Lianne La Havas und Kevin Abstract) sowie überwiegend erbauliche Rhythmen sorgen für ein abwechslungsreiches Album mit "Drive".
Wie immer bei Tempest gehört das Album komplett gehört. Höhepunkte sind für mich "Priority boredom", "These are the days" und zwingend die Kombination aus "Move" und "More pressure" (laut Musikexpress eine Huldigung für Anne Clark). Die oben erwähnte Befreiung merkte man Kae während des Konzerts deutlich an (und die Fans feiern das ausgiebig un innig). Sie zeigte sich sogar daran, dass Songs aus der "Let them eat chaos" Zeit inzwischen schwer zu performen sind: Kae ist inzwischen einfach angekommen und kann nicht mehr alle Stationen der Reise dorthin nochmals auf der Bühne nachfühlen. Die Intensität von "Let them eat chaos" erreicht "The line is a curve" für mich nicht ganz, im Gegenzug klingt das aktuelle Album milder und weniger aufreibend.
Der Rolling Stone vergibt 5/5 Punkten. Und The Guardian beschreibt Kaes Magie in einem Satz:
Tempest’s work is at its most profound when the cadence and rhythms embody those of the spoken word.
"More pressure":
"Don't you ever":
Bei meiner Urteilsverkündung 2020 konnte man in den Top 10 gleich zwei Platten aus Brighton finden: Auf Rang 10 landete „Burning! Burning!“ von Oddfellow’s Casino.
David Bramwell, der hinter diesem musikalischen Projekt steckt, hatte zum 20-jährige Jubiläum von Oddfellow’s Casino gleich drei Alben angekündigt, die innerhalb von 12 Monaten veröffentlichten werden sollten. Mit „The Cult Of Water“ liegt nun das ungewöhnlichste der drei Geburtstagspräsente vor.
Nach dem Feuer widmet sich Bramwell also nun dem Wasser, in einem Konzeptalbum, das auf eine sechsjährige Entstehungsgeschichte zurück blickt. Er nimmt uns mit auf eine beschauliche, 54-minütige Bootsfahrt über den Fluss Don, der u.a. durch die Städte Doncaster und Sheffield fließt. Dabei lässt er persönliche Geschichte(n) in Erzählungen über die Historie und die Mysterien des Gewässers münden, welches seinen Namen von der keltischen Gottheit Danu hat. Und „Erzählungen“ ist hier durchaus wörtlich zu nehmen, denn „The Cult Of Water“ ist David Bramwells Spoken Word Album. Unterstützt wird er auf dieser okkulten Zeitreise von Alan Moore, dem englischen Autor („Watchman“, „V for Vendetta, „From hell“), Agnostiker und Zauberer. Untermalt wird das ganze Gerede von Field Recordings und der für Oddfellow’s Casino typischen Mixtur aus Folk und Electronica.
„The Cult Of Water“ erzeugt dadurch einen schon fast hypnotischen Sog oder eine meditative Wirkung. Allzu oft wird man diese lohnenswerte musikalische Reise vermutlich dennoch nicht antreten, sondern eher zu „The Raven’s Empire“ (2012) oder „Burning! Burning!“ (2020), den anderen Großtaten von Bramwell greifen.
Neben der CD kann man über die Bandcamp-Seite von Oddfellow’s Casino ein ausgiebiges Booklet käuflich erwerben, welches in Zusammenarbeit mit dem Illustrator und Künstler Pete Fowler entstand, der u.a. viele Plattencover der Super Furry Animals gestaltete.
The Cult Of Water shows how Bramwell is a one man resource for compelling stories that touch on the occult, the underground, the folkloric and the mysterious. In years to come there’s a good chance his albums will move into cult territory themselves; deep, ambitious affairs that offer entry points into fascinating subjects. “All art is an act of magic,” he remarks at one point on the album and, with The Cult Of Water, he’s just provided his own small, personal proof.
„I wanna be free“, spricht Iggy Pop wiederholt im Opener und Titeltrack seines achtzehnten Studioalbums „Free“ und im Kopf ergänzt man mit „… to do what we wanna do, and we wanna get loaded, and we wanna have a good time, that’s what we're gonna do“ fast automatisch das auf dem Song „Loaded“ (Primal Scream) gesampelte Zitat aus „The Wild Angels“.
Nach seinem in den Charts erfolgreichsten Album seiner Karriere („Post Pop Depression“, erreichte vor 3 Jahren Platz 17 in den USA und toppte damit „The Idiot“ (1977, #72) und Rang 5 in UK (Rekordhalter war zuvor „Lust For Life“ (1977) mit #28)) und im Alter von 72 Jahren nimmt sich Iggy Pop alle Freiheiten: vom frühen Iggy Pop („Loves Missing“) bis zum späten David Bowie („Sonali“), von Jazz mit dem Trompeter Leron Thomas („Glow In The Dark“) bis zu zwei Spoken Word Beiträgen („We Are The People“ und „Do Not Go Gentle Into That Good Night“) mit Texten von Lou Reed und Dylan Thomas zu Ambient-Klängen reicht das Spektrum dieser 10 Tracks in schlanken 34 Minuten.
„Free“ ist am 6. September als CD und LP veröffentlicht worden. Die limitierte Auflage der Schallplatte kommt als „sea blue Vinyl“ daher.
Von Online-Pornos erzählt Iggy, „trying to infiltrate desires that are not my desires“, und von einem weiblichen James Bond. „Loves Missing“ klingt am ehesten wie business as usual, es gibt einen Beat und verlorene Gitarren, es könnte ein Hit werden, ein kleiner, schiefer, dessen Riffs (von Weitem) fast von Josh Homme, Pops Partner auf „Post Punk Depression“ (2016), eingespielt sein könnten. (…) So sind die strukturfreien, poetischen, dunklen Stücke/Gedichte allesamt Hits, auf diesem ungewöhnlichsten aller Rock-and-Roll-Hall-of-Fame-Mitglieder-Alben. Iggy ist wirklich „Free“. Dass sich nach dem Hören ein ähnliches Gefühl im Bauch einfindet wie nach einem von Jack Kerouacs Beat-Poetry-Alben, ist wunderbar. (Rolling Stone)
Iggy Pops Fragen lauten stattdessen: Steht irgendwo im Salon ein Blumenkübel, in den ich noch nicht gepinkelt habe? Gibt es im Museum eine teure neue Skulptur, die ich mit dem Hintern umstoßen kann? Und läuft hier vielleicht noch ein Anzugträger herum, der an seine kunstbeflissene Armseligkeit erinnert werden muss? Free findet darauf Antworten, die es nicht bis auf den Grabstein von Iggy Pop schaffen werden. Es ist ein kurzes und vergleichsweise kleines Album, und das darauf bekundete Interesse an Ambient und Jazz erscheint weniger aufrecht empfunden als zuvor der abgewetzte Lederjackensound von Post Pop Depression. Wer glaubt, dass es deshalb auch weniger bedeutsam sei, hat jedoch weder Iggy noch Pop verstanden. Erst als Einzelkämpfer, der oberhalb seiner eigentlichen Gewichtsklasse boxt, läuft der Künstler zur Höchstform auf. In der Beschäftigung mit dem Schmuddeligen, Geschmacksverirrten und potenziell Blutigen stößt er vor bis an die Grenzen der von ihm gewählten und gelebten Kunstform. (Zeit)
Spätestens seit Kate Tempests starkem Konzert freute ich mich bereits auf ihr neues Album. Als bekannt wurde, dass Rick Rubin als Produzent fungiert, wurden meine Erwartungen noch ein Stück weiter gesteigert. Vor allem die treibenden Songs der Londonerin hatten mit es bislang angetan. Und Rick Rubin steht u. a. für seine Arbeit mit Run DMC und den Beastie Boys.
Im ersten Moment überraschte mit das neue Album "The book of traps and lessons": Wie auf ihren Album zuvor, erzählt Tempest Geschichten aus ihrem Leben und sie klagt an. Doch während auf "Everybody down" und "Let them eat chaos" im weiteren Sinne noch als Hip Hop-Alben durchgingen, hat sich Kate Tempest nun offensichtlich auf ihre Spoken Word-Wurzeln konzentriert. Bekanntlich starte sie ihre Karriere bei Poetry Slams. Eigentlich machte Rich Rubin also das, wofür er in den letzten Jahren häufig stand: Reduzieren.
Doch auf dieser Weise kann Tempest ihre Stärke ausspielen. Selbst mit Worten allein gibt sie einen Rhythmus mit, dem sich der geneigte Hörer nicht entziehen kann. Analog zu "Literatur ist Kopfkino" transportiert Kate Tempest Beats allein mit Worten.
By the time, six songs in, Too Late turns out to be entirely spoken word, the absence of any backing barely registers.
She’s moved on lyrically too. Where she previously chronicled the hopes and fears of austerity Britain through the lives of various characters, The Book of Traps... is at once both more personal and more optimistic. She addresses the normally unspoken toxic relationship between love and power, most notably on I Trap You, and the shadow of Brexit looms large. And yet amid the bleakness there are regular countervailing flashes of positivity, never more so than on closer People’s Faces, which over five uplifting minutes takes us from lamenting that “my country’s coming apart” to the observation that “there is so much peace to be found in people’s faces”. It’s a touching end to an always thought-provoking record.
"The book of traps and lessons" wurde in einem Lauf aufgenommen. Und so gehört es auch angehört. Als Highlights nenne ich trotzdem "Keep moving don't move", "Three sided coin", "Holy elixir" und "People's faces".
"Firesmoke":
"Holy elixir":
"People's faces":
Kate Tempest live:
03.08. Diepholz (Festival)
24.10. Köln
29.10. Berlin
01.11. Hamburg
Wenn eine Band so klingt, wie sie heißt, dann King Gizzard & The Lizard Wizard. Der Name ließ mich schon zu einigen der CDs greifen. Die Anzahl der Veröffentlichungen machte es mir aber unmöglich, mit der Schlagzahl der Band mitzuhalten. Das aktuelle "Murder of the universe" ist bereits das zehnte Album seit dem Jahr 2012 und nach "Flying microtonal banana" das zweite aus diesem Jahr. Der Nachfolger "Sketches of Brunswick East" soll bereits in den Startlöchern stehen. Und angeblich sollen diesem noch vor Jahresende zwei weitere Folgen. Vielleicht könnten die hyperaktiven Musiker aus Australien sich nebenher noch Sufjan Stevens' bislang unvollendetem Projekt (ein Album pro US Staat, zwei hat er schon geschafft) widmen.
Musikalisch ist "Murder of the universe" ähnlich abgefahren wie die Vorgänger. Mit der Konzentration auf Psychedelischem Rock, Acid Rock und Prog geht es sogar einen Tick weniger vielfältig zu. Doch das alles wird in den Schatten gestellt vom Konzept des Albums.
Teil eins heißt "The tale of the altered beast". Aus den Perspektiven einer Bestie und eines Menschen erzählt, kommt es zu einer Vereinigung der beiden. Das Ergebnis geht aber an Irrsinn zugrunde.
Anschließend kämpfen in "The Lord of Lightning vs. Balrog" eben diese beiden als Sinnbilder von Licht und Dunkelheit gegeneinander. Es endet mit Balrogs Tod. Zumindest diese Geschichte kann mit einem Happy End aufwarten.
[Spoiler!] Weniger gut geht der dritte Teil des Albums zu Ende. In "Han-Tyumi & The Murder of the Universe" fehlen dem Cyborg Han-Tyumi in seiner digitalen Welt eigentlich nur der Tod die Fähigkeit sich zu erbrechen. Also erschafft er eine Kreatur, welche zumindest den Kotz-Teil übernehmen kann. Da geschieht das Unvermeidbare: Die Kreatur erwidert Han-Tyumis Zuneigung nicht, er vereinigt sich mit ihr, sie explodiert und am Ende sind Han-Tyumis Wünsche erfüllt und das gesamte Universum vollgekotzt. Ein typischer Tag im Leben eines Cyborgs halt.
Ähnlich anstrengend wie diese Geschichten ist auch die Musik auf "Murder in the universe". Aber für einen oder zwei Trips in musikalisch wildestes Gewässer ist das Album allemal gut.
Die Orgie aus Alter Me I - III und Altered Beats I - IV (also die Titel 2-7 des Albums) gehören am Stück gehört. Höhepunkte dort sind "Altered beast I" und "Altered beast IV". Im weiteren Verlauf fielen mir noch "The lord of lightning", "Han-Tyumi, the confused cyborg" und "Vomit coffin" auf.
If you think of Nonagon Infinity as King Gizzard’s Tommy, and Flying Microtonal Banana as the pared-down Who’s Next-style reprieve, then Murder of the Universe is their Quadrophenia moment, the album that makes its immediate predecessors feel like mere warm-up exercises. [...] In true madcap Gizzard fashion, the band’s proggiest album turns out to also be their most visceral and vital. Murder of the Universe may be built from the band’s now-familiar krautpunk battle plan, but their ability to execute outsized architectural complexity at manic, warp-speed velocity is no less astonishing.
"The Lord of Lightning vs Balrog":
"Han-Tyumi & The Murder Of The Universe ":
Kate Tempest packte mich 2014 mit "Lonely daze" aus ihrem Album "Everybody down". Als eines von fünf Kindern in bescheidenen Verhältnissen in Südost-London aufgewachsen, war und ist ihr Leben geprägt von urbanen Einflüssen mit allen Vor- und Nachteilen. Schon im Alter von 16 Jahren trat sie mit ihrer Mischung aus Hip Hop und Texten ans Mikro und auf Bühnen. Kate Tempest hat offensichtlich viel zu erzählen. Daraus wurden Songs, Gedichte, Theaterstücke und sogar der Roman "The bricks that built the houses". Neben Poetry Slams gewann sie eine Auszeichnung für ihre Spoken Word Performance und das Album "Everybody down" wurde für den Mercury Prize nominiert. Mit "Let them eat chaos" holt die junge Dame nun zum großen Schlag aus.
Dieses beginnt mit dem Gedicht "Picture a vacuum". Erst nach ca. 30 Sekunden kommen Akkorde hinzu. Nach gut anderthalb Minuten ziehen Stimmung und Rhythmen merklich an. Mit "Lionmouth door knocker", "Ketamine for breakfast" und "Europe ist lost" folgen drei starke Titel, welche den geneigten Hörer fesseln. "Don't fall in" und "Perfect coffee" stellen im Verlauf weitere Höhepunkte auf dem besten Hip Hop Album des Jahres dar. Ohne Plattitüden und amerikanische geprägte Bling-Bling Peinlichkeiten zeigt Kate Tempest, wie sich Hip Hop clever und authentisch machen und einsetzen lässt. Flow, Texte, Stimmung... hier passt einfach alles. Ich bin begeistert und sehne mich mal wieder nach London.
Tempest findet mit wenigen Worten eine starke Unmittelbarkeit. Sie
beschreibt triste Situationen, streut Monologe hinein. Darunter
unaufgeregte, düstere Beats und minimale, dröhnende Klangflächen, die
ihrer Stimme viel Raum geben. Kate Tempest braucht ihn, denn sie hat
viel zu sagen und sie füllt jede Sekunde mit Deutlichkeit und
Dringlichkeit.
The words and their delivery are obviously the point of Let Them Eat
Chaos, but they aren’t the only thing that makes it compelling. From the
slowly pulsating electronic currents of Breaks to Perfect Coffee’s
early Chicago house chug, the music is uniformly great. It’s never so
showy that it distracts from Tempest’s voice – it doesn’t really do
choruses – but equally, it’s never mere background music.
"Europe is lost":
Der Weg von Hip Hop zu Gedichten ist nicht weit, dass zeigt Kate Tempest im folgenden Clip. Sie trägt die Gedichte ihrer Sammlung "Hold your own" vor:
Kate Tempest live:
29.10. Düsseldorf (Festival)
30.10. Hamburg
01.11. Frankfurt
02.11. Berlin
03.11. München
"Let them eat chaos" wird auch als Buch erscheinen. Aber warum sollte man auf den engagierten Vortrag der Künstlerin verzichten?
So richtig neu ist Gil Scott-Heron nicht. 1970 veröffentlichte er sein Debütalbum. In den Folgejahren übte er durch den Einsatz seines Sprechgesanges einigen Einfluss auf die spätere Rap- und Hip Hop-Szenen aus. Dafür sollte man ihn nicht verdammen, seine Vorgaben haben sicher auch zu hörenswerten Ergebnissen geführt und nicht nur zu den Auswüchsen, mit denen man zeitweise in Charts, Radio, deutschem Unterschichten-TV oder Boulevard-Presse konfrontiert wird. Schon zu Beginn seiner Karriere hatte Scott-Heron etwas zu erzählen: Seine sozialkritischen Texte unterlegte er mit Blues und Jazz. Inzwischen hat er ein paar Jahrzehnte mehr auf dem Buckel. Konflikte mit dem Gesetz bezüglich seines Drogenkonsums brachten ihm in der jüngeren Vergangenheit auch Gefängniserfahrungen ein. Vermutlich hat er sich einige Songs seiner musikalischen “Enkel” angehört und so Lust auf den Knast bekommen. Auf jeden Fall hat Gil etwas zu erzählen.
Bei “I’m new here” handelt es sich um das 13. Studioalbum des Amerikaners. Mit diesem schließt er an “Spirits” aus dem Jahr 1994 an. Zur Beschreibung seines Stils muss ich natürlich das “Spoken word”-Label ziehen. Ferner ändere ich für Scott-Heron “Singer/Songwriter” in “Poet/Songwriter” (wobei “Poet” vielleicht ein wenig zu hoch zielt, aber besser als “Singer” trifft es allemal). Musikalisch erinnert “I’m new here” erfreulich häufig an Trip Hop, während die Folk- und Soul-Momente sparsam eingestreut wurden.
Obwohl auf dem Album mit allen Zutaten außer Worten sparsam umgegangen wird, handelt es sich um ein atmosphärisch äußerst dichtes Werk, welches mich weit über die knapp 30 Minuten Spieldauer mitriss. Alle “Bling-Bling”-, Ghetto- und Berlin-Größen sollten es sich anhören und sich dann vor Scharm hinter den brennenden Mülltonnen verkriechen.
Richard Russell (der Boss von XL Records) hat sich Scott-Herons angenommen und ihn noch zu Zeiten dessen Gefängnisaufenthaltes zu den Albumaufnahmen bewegt. Das hat er gut gemacht. Ich fühle mich an die Rick Rubin / Johnny Cash-Zusammenarbeit erinnert. Auch Pitchfork hofft auf eine Fortsetzung:
Comparisons have been made to what Rick Rubin did for Johnny Cash in the 90s, and the parallels are there: I'm New Here and American Recordings are both cover-heavy, starkly-produced releases where rebellious icons become reflective as they hit their sixties. If Gil Scott-Heron's creative resurgence continues after this reintroduction to his poignantly aging voice, we could be looking at one of the most memorably resurrected careers of our time-- a man renewed.
“Me and the devil”, “Running” und “New York is killing me” erscheinen mir aktuell als die Highlights des Albums.
Das Video zu “Me and the devil”:
Der 09. September 2006 war ein trauriger Tag für alle Arab Strap-Fans, denn auf ihrer Webseite verkündeten Aidan Moffat und Malcolm Middleton, dass sie sich nach zehn Jahren Bandgeschichte trennen würden.
Aidan John Moffat, geboren in Falkirk, Schottland, ist mittlerweile 34 Jahre alt und hat unter den Namen Lucky Pierre bzw. L. Pierre bereits 3 Soloalben veröffentlicht, die bei Platten vor Gericht jedoch keine Erwähnung fanden. Nun steht mit „I Can Hear Your Heart“ sein erstes unter eigenem Namen veröffentlichtes Werk an. Jedoch kann hier von einem gewöhnlichen Album nicht gesprochen werden, denn im Vordergrund stehen Gedichte und Erzählungen, die Aidan John Moffat mit tiefer Stimme und starkem schottischen Akzent vorträgt. Unterlegt sind diese erotischen Geschichten (von anzüglich bis obszön, immer unter 120 Sekunden, zum Schluss aber über 10 Minuten lang) mit seltsamen Sound-Collagen. Unter den 24 „Songs“ befindet sich mit „Hungry Heart“ von Bruce Springsteen auch eine Art Coverversion. Man darf gespannt sein, was Aidan Moffat als nächstes Präsentiert...
(...) Dabei ist dieses Werk eher eine Art Audio-Roman als ein klassisches Musikalbum: MOFFAT benutzt Sound-Collagen, Song-Snippets um seine erotisch-deftigen Gedichte zu vertonen. Er zitiert Ivor Cutler, William Burroughs als seine wesentliche Inspirationsquelle, aber MOFFATs Texte würden sicherlich auch jemanden wie Charles Bukowski Schamröte ins Gesicht fahren lassen. Laut AIDAN MOFFAT sollte man dieses Album am besten im Bed, mit Kopfhörern und vorzugsweise mit einem ordentlichen Rotwein-Kater geniessen! (amazon.de)
Was von 2009 übrig blieb (II) Hört man sich “ Sigh no more ” ohne weitere Hintergrundinfos an, könnte man meinen, die Fleet Foxes hätten sich intensiv mit der Musik ihrer Vorfahren beschäftigt und eine Tour durch die Saloons des “Wilden Westens” unternommen. Doch statt an Saloons sollte man eher an Pubs denken, denn es handelt sich bei Mumford & Sons um eine Londoner Band, die einiges mit Noah And The Whale und Laura Marling verbindet. Das Debütalbum erschien im Oktober 2009 und es versetzte musikaffine Engländer in helle Begeisterung. Die schwappte über und so findet sich “Sigh no more” auf einigen Bestenlisten des Jahres 2009. Mehrstimmiger Gesang und beschwingte Melodien auf Basis einer traditionellen Instrumentierung (u. a. Banjo, Akustikgitarre und auch gerne mal das Tambourin) sorgen für eine mehr als angenehme Grundstimmung. Während diese allein noch keine nennenswerte Begeisterung meinerseits rechtfertigen würde, macht die Dynamik der Songs und die an Britpop/60ies...
Vom dieswöchigen Dreampop/Shoegaze-Donnerstag mussten Teethe doch noch weichen, denn ein noch nicht fest installierter Slowcore-Samstag passt einfach viel besser zu diesem Quartett. Zwar streicheln Teethe mit ihrem 14 Song starken „Magic Of The Sale“ sanft am Dreampop oder kratzen kräftig am Shoegaze, größtenteils driften sie aber recht träge dahin und lassen Dank der Pedal Steel Guitar eher an Mojave 3 als an Slowdive denken. Low und Bright Eyes wären zwei weitere Bands, die einem beim Hören des Albums in den Sinn kommen könnten. Meine persönlichen Highlights sind mit „Holy Water“ und „Iron Wine“ die beiden noisigsten, aufbrausendsten Lieder. „ Magic Of The Sale “ wurde wie sein Vorgänger „Teethe“ (2020) über das Label Winspear veröffentlicht, und zwar als Purple Smoke with Green Splatter Vinyl, Blue-Black Merge Vinyl und Purple Dusk Vinyl. Die Band aus Texas besteht aus Boone Patrello, Grahm Robinson, Madeline Dowd und Jordan Garrett, und hat sich für Cello, ...
Der Blick auf das Albumcover und den -titel sowie zurück in die Vergangenheit lässt vermuten, dass das aktuelle Werk von James Yorkston eine Weiterführung seines vor zwei Jahren veröffentlichten „ The Great White Sea Eagle “ ist. Und tatsächlich sind die Mitglieder des Second Hand Orchestra erneut involviert und bei der Nina auf dem Foto und im Albumtitel handelt es sich selbstverständlich um die Sängerin der Cardigans. Fünf der zehn Songs singt Nina Persson und in den schönsten Momenten („I Can Change“, „A Moment Longer“) darf man sich an „Long Gone Before Daylight“ (2003), das beste Album von The Cardigans, erinnert fühlen. Bei der zweiten jungen Dame handelt es sich um Johanna Söderberg, eine Hälfte der schwedischen Band First Aid Kit, die bei vier Liedern hinter dem Mikrofon steht und von Hause aus Folk, Americana und Country noch ein wenig näher steht als Frau Persson, was man beispielsweise „Love / Luck“ oder „Oh Liight, Oh Light“ auch deutlich anhört. ...
10 Fakten zum neuen Album von Wolf Alice : 1. Jetzt sind Wolf Alice offiziell keine Indie Band mehr: Nachdem ihre ersten drei Alben, „My Love Is Cool“ (2015), „Visisons Of A Life“ (2017) und „Blue Weekend“ (2021), beim Londoner Label Dirty Hit Limited erschienen waren, wurde 2024 bekannt, dass sie zu Columbia Records, das Sony Music gehört, wechselten. 2. An den Jahreszahlen lässt sich schon erahnen, dass die Abstände zwischen den Veröffentlichungen von Wolf Alice immer größer werden. Lagen zwischen My Love Is Cool“ und „Visisons Of A Life“ noch 2 Jahre, 3 Monate und 7 Tage, vergingen bis zum Release von „Visisons Of A Life“ 3 Jahre, 8 Monate und 6 Tage. Das Warten auf „The Clearing“ dauerte nun 4 Jahre, 2 Monate und 18 Tage. Eigentlich wäre es noch eine Woche mehr gewesen, aber die Veröffentlichung ihres vierten Album wurde um eine Woche, auf den 22. August 2025, vorgezogen. 3. Die Label Alternative Rock und Shoegaze sind dem Quartett in den über vier Jahren irgendw...
Wem das gestern vorgestellte neue Album von Wolf Alice nicht rockig genug ist, dem sei „Caramel“ von Coach Party ausdrücklich ans Herz gelegt. Das 2019 gegründete Quartett stammt, wie auch Wet Leg, von der Isle of Wight und besteht aus der Sängerin und Bassistin Jess Eastwood, den Gitarristen Joe Perry und Steph Norris sowie dem Schlagzeuger Guy Page, der wie beim Debütalbum hier auch als Produzent fungiert. „Killjoy“ war, nach drei EPs, 2023 über das Indielabel Chess Club Records erschienen, schaffte es bis auf Platz 71 der UK Charts und war nach knapp 28 Minuten bereits durchgerockt. „Caramel“ liefert nun ebenfalls 10 Lieder, erhöht aber die Laufzeit auf - zur LP irgendwie gut passende - 33 Minuten. Apropos, bei der Schallplatte hat man einige Auswahl: transparent yellow Vinyl, gold, brown & yellow splatter on clear Vinyl (mit alternativem Cover), caramel creme egg swirl Vinyl und Ecomix colour Vinyl - das alles jedoch erst in einem Monat, also ab dem 26. September 2025. T...
Top oder Flop? In dieser Plattenhülle - die eher auf eine Heavy-Band hindeutet, oder? - stecken sanfter, sommerlicher Sophisti-Pop und säuselnder, seichter Softrock für deine Playliste mit frühen Cardigans, Tennis, Fleetwood Mac und Metronomy. Lediglich das rockende „Falling On My Sword“ versucht dem Cover gerecht zu werden. Er stammt von der kanadischen Band Tops , die ihren Bandnamen auch gern in Großbuchstaben schreibt und 2011 gegründet wurde. Die aktuelle Besetzung besteht aus Jane Penny (Gesang, Flöte), David Carriere (Gitarre), Marta Cikojevic (Keyboards) und Riley Fleck (Schlagzeug) und hat kürzlich nach rund fünf Jahren Stille über ihr neues Label Ghostly International ihr fünftes Studioalbum „ Bury The Key “ (CD, Kassette, LP ( Muck colored Vinyl )) veröffentlicht. Mit einer Stimme wie der von Jane Penny blieben sowieso nur Dream-Pop oder ASMR übrig, wollte man nicht den samtweichen, an Prefab Sprout und Co. geschulten Pastell-Pop machen, den Tops ...
Dann muss wohl heute der dritte Dreampop/Shoegaze-Donnerstag sein, denn vorgeladen sind die kanadischen No Joy. Zwar ist „Bugland“ das fünfte Album von No Joy, aber nach „ Ghost Blonde “ (2010), „ Wait To Pleasure “ (2013) und „ More Faithful “ (2015) hat es einen Cut gegeben und von der Band ist lediglich Jasamine White-Gluz übrig geblieben. „ Motherhood “ war vor fünf Jahren ihr erstes Soloalbum unter dem alten Bandnamen, das unter Mithilfe vieler, auch prominenter Mitstreiter entstand, ein Tier aufs Plattencover holte und das Dreampop/Shoegaze-Feld um Ausflüge in weitere Stilrichtungen erweiterte. Dafür gab es mit 6,000 Punkten bei Platten vor Gericht jedoch den schlechtesten Wert für ein Album von No Joy. Nun also „Bugland“, das die Veränderungen des Vorgängers fortführt. Die Ziege ist nun eine Schnecke (und überraschenderweise kein Käfer) und für die Erweiterung des musikalischen Spektrums sorgen diesmal Jasamine White-Gluz und die unter dem Namen Fire-Toolz agierende E...
Jedes Mal, wenn ich in Brügge bin und die vielen Geschäfte mit Brügger Spitze sehe, frage ich mich, wer diese kauft und warum. Jetzt ist es mir klar: ich selbst! Und zwar, weil sich ein solches Häkel-Deckchen auf der roten Schallplatte von „Soak“ befindet. Ich kann nicht bestätigen, ob es sich wirklich um Brügger Spitze handelt, was Bad World in das vierte Album von Black Honey hinein geklöppelt hat, aber der Kauf (wie immer limitiert und nur per Vorbestellung) hat sich gelohnt. Die Band aus Brighton besteht aus Izzy Phillips (Gesang, Gitarre), Chris Ostler – (Gitarre, Synthesizer), Tommy Taylor (Bass) und Alex Woodward (Schlagzeug), die offensichtlich alle Filmliebhaber sind, denn „Written & Directed“ (2021, UK #7) wurde von Quentin Tarantino inspiriert und der Nachfolger „A Fistful Of Peaches“ (2023; UK #6) war eine Anspielung auf Wes Anderson. Diesmal weisen das Plattencover auf Stanley Kubricks „A Clockwork Orange“ und die erste, überraschend Synthie-lastige und poppige Singl...