
"Folk! Mehr Folk!", forderte ein Leser Ende des letzten Jahres.
Nachdem die ersten Januarwochen doch eher den Eindruck erweckten, wir wären hier bei Dreampop- oder Shoegazer-Platten vor Gericht und nachdem Volker schon schriftlich seinen Ausstieg aus "musikalischen Differenzen" formulierte, können First Aid Kit und nun Laura Gibson die Folk-Fraktion hoffentlich ein wenig beruhigen und besänftigen.
Laura Gibson, eine aus Portland stammende Singer/Songwriterin, wechselte für ihr drittes Album "La Grande", benannt nach einer Kleinstadt in Oregon, vom kleinen Indie-Label Hush Records zum etwas größeren Barsuk Records und zeigt sich als wahre Multi-Instrumentalistin (akustische und elektrische Gitarre, Bass, Percussion, Piano, Orgel, Vibraphon und Marimba). Dennoch fanden sich auch Joey Burns von Calexico und Mitglieder von The Dodos und The Decemberists im Studio als Helfer ein. Daher hören wir nicht, wie es das Plattencover zunächst vermuten lässt, spartanischen Folk zu Lagerfeuer-Romantik, sondern abwechslungsreich arrangierte Songs, die auch einmal das Tempo anziehen, die Rhythmik stark betonen und gelegentliche Schlenker in Richtung Jazz, Südstatten-Rock, Vaudeville oder Country & Western unternehmen.
Warum singt Laura Gibson nur die ganze Zeit in eine Gießkanne hinein?
Kein zartes Lämmchen möchte sie mehr sein, sondern eine Löwin, wie sie in der rustikalen Bossa-Nova-Variation „Lion/Lamb“ sogar ausdrücklich mitteilt. Das maunzt sie dem Geliebten allerdings so sanft ins Ohr, dass man ihr die Verwandlung in eine fauchende Raubkatze, die die Krallen ausfährt, doch nicht ganz abnimmt. Zwar schlägt Laura Gibson im Anschluss an den flotten Auftakt wieder leisere Töne an, etwa in dem verwunschenen „Skin, Warming Skin“ oder dem dünnhäutigen „Milk-Heavy, Pollen-Eyed“, das davon handelt, wie man immer wieder stolpernd und strauchelnd trotz aller Widrigkeiten zu einem geliebten Menschen zurückkehrt. Oft genug gelingt es ihr jedoch, dabei einen eigenwilligen Sound zu entwickeln, der sie etwas weg führt von den Konventionen des Alternative Folk. Sie traut sich, kann aber auch was. Ihr Album jedenfalls, das Stilelemente von Blues und Gospel aufgreift, lässt keine Sekunde lang die Zügel schleifen, bleibt stets hochkonzentriert, originell und spannend.(faz.net)
Eher ist es die Produktion mit all den flirrenden Instrumenten, die sich um Gibsons charmante Stimme scharen, die wirklich wunderschön ist. Der Raum wird genutzt mit all der Kaminromantik und den Wohnküchengrundrissen. Für Gibson-Alben ist das Schlagzeug die Zukunft. Das hat den großen Wurf unterstützt. Munter gibt es Spielfreude vor, die Gibson nutzt, um sich noch mehr in ihre Songs zu legen. Flötengesäusel und Pedal-Steel-Pferdeäpfel sind nur kurze Wegbegleiter, doch immer wenn sie auftauchen wird Gibsons Musik zeitlos.Gibson vertraut ihren Songs, die wie hingetupft wirken und doch bei näherer Betrachtung Kleinarbeit aufweisen können. Wirklich traumhaft arrangiert. Jedes Picking sitzt. Gibson hat es geschafft, ihre Stärken zu bündeln, etwas Wärme und Farbe in ihr Spiel zu lassen und das macht La Grande bemerkenswert. Die Stile werden miteinander verwoben, so dass ein kleines Ungetüm heranwächst, dass dieses Jahr wirklich auf die Country- und Folkprobe stellt. Da müssen die anderen Folkbarden und SingersongwriterInnen schon ganz tief in ihre Seelen horchen. La Grande ist schon eine 2 mit Sternchen.Gibson wirft Holz nach, um den weiblichen Hintergrundchor Feuer unterm Arsch zu machen. Und dann gibt es noch Hawaii. Geh auf Entdeckungsreise! Es lohnt sich.