Mit den Konzerten läuft es dieses Jahr noch nicht optimal: noch kein Wohnzimmerkonzert organisiert (und die letzten beiden hatten wir wegen ...

Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra - Racing The Storm


Mit den Konzerten läuft es dieses Jahr noch nicht optimal: noch kein Wohnzimmerkonzert organisiert (und die letzten beiden hatten wir wegen Coronoa absagen müssen), noch keine Festivalkarten für den Sommer gekauft, da mich bisher kein Line Up überzeugen konnte, und insgesamt erst drei Konzerte in drei Monaten besucht.

Gut, dass wir vor 14 Tagen im Frankfurter Zoom waren und dort Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra sehen konnten (Metric /Lo Moon sowie Dearth Cab For Cutie / Slow Pulp waren der Vollständigkeit halber die beiden anderen Konzerte). Hier findet sich der Konzertbericht samt Fotos und Setliste.

Bereits 2016 hatte Emiliana Torrini mit den beiden Belgiern Aarich Jespers und Kobe Proesmans (alias The Colorist) kooperiert und ältere Lieder der isländischen Sängerin neu arrangiert, aufgenommen und unter dem Titel „The Colorist & Emilíana Torrini“ veröffentlicht.

Offensichtlich war die Zusammenarbeit so angenehm, dass einige Jahre später ein gemeinsames Album von Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra umgesetzt wurde. „Racing The Storm“ war erst zwei Tage vor dem Konzert veröffentlicht worden, so dass mir die 10 (von insgesamt 11) aus dem Album gespielten Lieder noch nicht richtig geläufig waren. 

Mittlerweile entfaltet „Racing The Storm“ aber auch zuhause, ohne die charmante Emiliana Torrini und das achtköpfige Orchester, das durch zahlreiche Streich-, Tasten- und Percussion-Instrumente für tolle Klangwelten sorgte, zunehmend seinen Zauber: „Right Here“ ist der eingängiste Song des Albums, auch wenn man in Erinnerung an den Erfolg von „Jungle Drum“ selbstverständlich nicht von Hit sprechen darf. „Smoke Trails“ ist eine Melange aus Trip Hop und düsternem Soundtrack, „Wedding Song“ ein schlichtes, aber bezauberndes Liebeslied, und das vielschichtige „Hilton“ möglicherweise das brillierndste Highlight des Albums.


 


Denn hier warten die ganz großen Momente, die Torrinis Leinwand-Erfahrung untermalen. Besonders cineastisch wird es etwa im unheilvollen “The Illusion Curse”, dessen Waldlichtung voller Streicher immer enger und düsterer zu werden scheint. Eine vertonte Abwärtsspirale, in die man gerne hineingesogen wird.
Auch die unscheinbareren Momente, wie etwa im malerischen, Klavier getragenen “Right Here” oder dem instrumentalen Track “A Scene From A Movie”, entfalten bei genauerem Hinhören eine beeindruckende Schönheit. Diese entsteht in einer diffusen Zwischenwelt von eleganten Melodiebögen und feinfühlig akzentuierten Arrangements.
Und damit sind noch längst nicht alle Gegensätze von “Racing The Storm” entdeckt. Schon die Reibung zwischen den Hand Claps und Zupf-Instrumenten machen aus “You Left Me In Bloom” eine mystische Traumreise und die verschachtelten Strukturen von “Hilton” bieten genug Stoff für 100 Wiederholungsknopf-Anlässe.
Was Torrini und The Colorist Orchestra hier alles gezaubert haben, ist beeindruckend. Und damit auch eine perfekte Audio-Begleitung, um aus jedem Spaziergang eine außerirdische Erfahrung zu machen.


 


Insgesamt ist "Racing the storm" ein angenehmes Album, das konzeptionell wie aus einem Guss wirkt. Eine gewisse Langeweile verströmt es jedoch auch. Das liegt primär daran, dass kaum ein Song es wagt, über Flüsterpost-Lautstärke hinauszugehen. Ein bisschen mehr Mut zu dynamischen Überraschungen hätte dem Projekt gut zu Gesicht gestanden. Doch das ist Jammern auf ziemlich hohem Niveau. Wer sich damit abfinden kann, dass insgesamt eher wenig passiert, kann auf dem Album einige Perlen entdecken. "The illusion curse" ist so eine. Orientalisch angehauchte Melodien wabern vorbei, während die instrumentale Begleitung Einflüsse aus Pop und Trip-Hop zusammenführt. Darüber schwebt Torrinis Stimme, die vielleicht nicht die kraftvollste der Welt ist, aber von ihrer Eigentümerin im Rahmen ihrer Möglichkeiten virtuos eingesetzt wird. Toll ist übrigens auch das dem Song vorgelagerte "A scene from a movie", das tatsächlich an Filmmusik erinnert und die richtige Stimmung schafft für das, was folgt.




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