Gang Of Youths - Angel In Realtime

Dank Florians Jahres-CD wurde ich vor rund zwei Monaten erstmals auf Gang Of Youths aufmerksam. Von „The Angel Of 8th Ave.“ war er 2021 besonders angetan: 

 

Das Quintett stammt ursprünglich aus Sydney, residiert aktuell in London und ist ein ziemlich internationaler Mix: Der Songwriter David Le'aupepe (Gesang, Gitarre) ist samoanischer und österreichisch-jüdischer Abstammung, Jung Kim (Gitarre, Keyboards) ist koreanischer Amerikaner, Max Dunn (Bass) stammt aus Neuseeland, Donnie Borzestowski (Schlagzeug) ist polnisch-australischer Herkunft und Tom Hobden (Geige, Keyboards, Gitarre) ist Brite. Mit „The Positions“ (2015) und „Go Farther In Lightness“ (2017) wurden in etwas anderer Besetzung zuvor zwei Alben veröffentlicht, die in Australien Platz 5 bzw. 1 der Charts erreichen konnten. 

„Angel In Realtime“, das Gott, indigene Identität und den Tod von Davids Vater sowie die Trauer um ihn thematisiert, konnte dieses Kunststück wiederholen und sollte Gang Of Youths auch außerhalb Australiens bekannt machen, denn Fans von The Killers, James, The National, U2 oder Rufus Wainwright werden in den 13 Songs und über 67 Minuten gut unterhalten. Zwischen tanzbarem Indierock und Piano-Balladen bewegen sich die Lieder, die durch den Auckland Gospel Choir, elektronisch holpernde Rhythmen zwischen 2-Step- und Big-Beat, Field Recordings von indigener Pasifika-Musik aus den späten 1970er-Jahren, einen Spoken Word Vortrag von Shane McLean oder den Aufnahmen einer 42-köpfigen Streichergruppe aus Budapest aufgeplustert werden und ebenfalls als internationaler Mix daher kommen.   

„Angel in Realtime“ ist als CD, Kassette und Schallplatte (limitierte Auflage als Doppel-LP auf weißem Vinyl) erhältlich. Blood Records hatte eine auf 1500 Exemplare limitierte Auflage als „Double Zoetrope Picture Disc“, die leider schon ausverkauft war, als ich die von Liam Gallagher bestellte.

Gang Of Youths in Deutschland:

26.10.2022 Köln, Gloria

02.11.2022 Hamburg, Grünspan

03.11.2022 Berlin, Kesselhaus

 

Songs wie “In The Wake Of Your Leave” klingen dabei noch nach klassischem Indie-Folk, wie ihn die späten 00er Jahre an Land gespült haben.

Bei “Tend The Garden” hingegen reichen sich dann elektronische Sphären und wuchtige Chöre und Streicher die Hand, um dem spirituellen Song gerecht zu werden.

Über die 13 Stücke der Platte entfaltet sich so in der Mixtur aus folkiger Wärme und experimentellen Elementen schnell eine einnehmende Projektionsfläche für die eigenen Gefühle. Den Kopf hängen lassen Gang Of Youths dabei jedoch nicht, die Stücke strahlen hingegen stets eine grundlegende Zuversicht aus.

Beim gesamten Hördurchlauf lassen sich allerdings auch einige Längen ausmachen.

Wer sich jedoch einen Eindruck von der großen Entwicklung in puncto Songwriting machen möchte, greift am besten zu “Unison”. Hier klingen Gang Of Youths, als würden sich gerade The National und Vampire Weekend auf einem Berg ein Duett aus dem Hut zaubern. Im Hintergrund singen derweil samoanische Chöre, die Le’aupepes Vater huldigen. Ein großer Moment einer großen Platte.

(MusikBlog)