„Gute Platte, böser Richter“, mag sich Betty Dittrich 2013 gedacht haben als ihr Debütalbum hier entweder ignoriert oder mit 3 Punkten („Übe...

Emma Elisabeth - Some Kind Of Paradise


„Gute Platte, böser Richter“, mag sich Betty Dittrich 2013 gedacht haben als ihr Debütalbum hier entweder ignoriert oder mit 3 Punkten („Übertrieben niedlich und teilweise schon ziemlich schlimm.“) abgefertigt wurde.
Möglicherweise wollte Betty Dittrich auch nicht, wie in der Plattenvorstellung von „Gute Jungs, böse Mädchen“ vermutet, der seit den 60er Jahren in Deutschland erfolgreichen Tradition „skandinavische Sängerinnen trägt Lieder mit deutschen Texten und charmantem Akzent vor“ von Wencke Myhre (Norwegen), Siw Malmkvist (Schweden) und Gitte Haenning (Dänemark) folgen und setzte diesen Weg nicht mehr fort.

Es blieb ein paar Jahre still um die in Berlin lebende Schwedin Emma Elisabeth Dittrich, die dann unter ihren eigentlichen Vornamen neue Musik mit englischen Texten veröffentlichte. Nach einem Album mit Fremdkompositionen, „Cover Stories“ (2017), folgte das selbst veröffentlichte „Melancholic Milkshake“ (2017). Für das nun erschienene „Some Kind Of Paradise“ konnte das Hamburger Label Clouds Hill gewonnen werden.

In der wirklich nicht netten Plattenvorstellung von 2013 wurde vermutet, dass die Schwedin mit deutschen Wurzeln in ihrer Jugend zu viele Filme mit Conny Froboess, Peter Kraus und Peter Alexander gesehen haben musste, denn anders sei der schlagerhafte 60er/70er Jahre Pop mit niedlich-naiven Texten rund ums Händchenhalten und Küssen (mit Zunge!) schwerlich zu erklären. In Bezug zu „Some Kind Of Paradise“ darf angenommen werden, dass Emma Elisabeth in den letzten Jahren viel Lana Del Rey, Angel Olsen, Sharon Van Etten und Taylor Swift gehört und in der Plattensammlung ihrer Eltern, in der sicherlich „The Mamas & The Papas“ (1966), „Horses“ (1975), „Rumours“ (1977) und „Souper Trouper“ (1980) stehen, gestöbert hat.

Die Veröffentlichung von „Some Kind Of Paradise“ musste zuletzt verschoben werden (die Sache mit den Presswerken), aber mittlerweile ist das Album, das 13 Songs in 47 Minuten bietet, als CD und LP erhältlich. 


 


Erweitert um einige zusätzlich mögliche Inspirationsquellen, erschuf sich EMMA – zumindest auf der musikalischen Ebene – ihre ganz eigenes Indy-Dream-Pop-Universum aus Kling-Klang-Gitarren, Klangwolken, Psychedelia, 60's Hippie-Flair, New-Wave-Ästhetik und klassischem 70's Gitarrenpop. 
Wichtig dabei festzuhalten ist die Tatsache, dass das Ganze nicht als Retro-Projekt angelegt ist, sondern dass EMMA ELISABETH einfach auf die klassischen Tugenden klassischen Songwritings und organischer Produktionstechniken vertraut – kurzum: Ihr Handwerk ernst nimmt. (…)
Das, was EMMA ELISABETH als zeitgenössische Songwriterin auszeichnet, ist sich keine Gedanken über den Hipness-Faktor ihrer Kunst zu machen, auf die klassischen Tugenden zu setzen und sich hemmungslos dem Pop-Gedanken zu widmen, ohne dabei jemals ins Beliebige abzudriften. Das äußert sich auch darin, dass sie ihre naturgegebene skandinavische Melancholia dazu nutzt, ihre poppigen Melodien auf der musikalischen Seite mit der notwendigen Portion Düsternis und Nachdenklichkeit auszubalancieren, was zu einem ausgewogenen Gesamteindruck von „Some Kind Of Paradise“ führt.


 


Ansonsten setzt die Erfolgsformel der Schwedin vor allem auf geschichtete Gesangsharmonien und poppige Beats – keine absolut neuartige Mischung, mag man nun munkeln. Doch bevor man den Mund öffnen kann, entreißt einem die warme Stimmfarbe der Sängerin jeden Zweifel aus der Hand.
Denn da kommt noch hinzu, dass der Indie-Pop gleichzeitig sehr hingebungsvoll orchestriert ist (“Love U Less”) und sich mit einer warmen Dusche aus Folk-Elementen übergießen lässt (“Up In Smoke”). So oder so schafft “Some Kind Of Paradise” immer wieder die ganz großen Momente, in denen man beinahe vergisst, dass es sich hier um ein Solo-Projekt handelt.
Bestes Beispiel dafür ist “Any Storm”, dessen Textzeile “We can survive any storm” schon in der Album-Version aus Tausenden Kehlen zu dröhnen scheint. Die schiere Imposanz eines solchen Stücks vor einem Live-Publikum kann man sich mit einem warmen Gefühl im Bauch vorstellen, während man die zugehörige Platte wiederholt auflegt.





2 Kommentare: