Deine Mutter wippt mit, wenn The Head And The Heart im Radio läuft. Soll dieser Satz als beleidigender „Deine Mutter“-Witz verstanden werden...

The Head And The Heart - Every Shade Of Blue


Deine Mutter wippt mit, wenn The Head And The Heart im Radio läuft. Soll dieser Satz als beleidigender „Deine Mutter“-Witz verstanden werden? Wohl nicht, denn die Aussage stammt (so ähnlich) von The Head And The Heart selbst und die Band möchte diese als großes Kompliment verstanden wissen.

Damit dürfte auch klar sein, dass sich das Sextett aus Seattle weiterhin fort vom Folk und in Richtung Pop bewegt. Mit dem Titelsong oder „Don’t Show Your Weakness“ gelingen The Head And The Heart durchaus einige beachtenswerte Songs, aber leider auch die ein oder andere Annäherung an das zeitgeistige Formatradio mit AutoTune-Unsinn und Boller-Beats („Tiebraker“, „Same Hurt“, „Starstruck“). Die Wahl des Produzenten spricht Bände, denn Jesse Shatkin verhalf schon Sia oder Kelly Clarkson zu Chart-Erfolgen. Die Bombast-Ballade „Virginia (Wind In The Night)“ wurde auch prompt zur vierten Nummer Eins-Single der Band in den Billboard Adult Alternative Airplay Charts.

„Every Shade Of Blue“ bietet gleich 16 Songs, so dass man - zumindest digital - das Album etwas zurecht stutzen kann. Auf die LP muss man sich noch gedulden: Aktuell ist eine Doppel-LP auf blue Vinyl für November und auf orange Vinyl für März angekündigt. Als Entschädigung für die Wartezeit gibt es drei zusätzlichen Songs. 

Bei Platten vor Gericht sind bisher folgende Wertungen für The Head And The Heart verbucht: „The Head And The Heart“ (7,233 Punkte; 2011), „Let's Be Still“ (7,25 Punkte; 2013), „Signs Of Light“ (6,75 Punkte; 2016) und „Living Mirage“ (5,667 Punkte; 2019). Setzt „Every Shade Of Blue“ den negativen Trend fort?


 


Mag EVERY SHADE OF BLUE auch ein Kompendium der Melancholie suggerieren, verharrt man auf den 16 (!) breitgefächerten Songs, welche die Killers, die Lumineers, Indie und Pop, aber durch die Dielenfugen immer wieder auch die Roots-Wurzeln durchschimmern lassen, nie zu lang im Grüblerischen. So wartet hinter jedem traurig gestimmten Piano-Ton eine erbauliche Melodie oder die nächste Satzgesang-Gefälligkeit. Selbst ausgemachte Upbeat- Stampfer erwecken nie den Eindruck, The Head And The Heart würden zur aufgeblasenen Folk- Hüpfburg verkommen.


 


Beinahe jeder der 16 opulent produzierten Songs könnte Untermalung einer nächtlichen Freibad-Einbruch-Szene in einem Coming-of-Age-Film sein. Russell singt von sad girls, wrong girls und wrong years für sad girls wie ein alter Freund, dessen Umarmung auch mal wohltuender war. Retter: „Love We Make“ und „Love Me Still“, denn die klingen nicht nur nach Vanlife- Pop, sondern wie – The Head And The Heart.



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