Eine Wundertüte ist das zehnte Studioalbum von Belle & Sebastian nur, wenn man es sich nicht selbst im Plattenladen abholt sondern geliefert bekommt, denn es existieren vier unterschiedliche Covermotive, die nach dem Zufallsprinzip ausgeliefert werden:
Tatsächlich hat uns die Band von Stuart Murdoch recht lang auf „A Bit Of Previous“ warten lassen, denn die Veröffentlichung von „Girls In Peacetime Want To Dance“ liegt bereits mehr als 7 Jahre zurück. Diese Jahre füllten Belle & Sebastian mit drei EPs („How To Solve Human Problems 1-3), einem Soundtrack („Days Of The Bagnold Summer“) sowie einem Live-Album („What T Look For In Summer“).
„A Bit Of Previous“ ist ein klassisches Belle & Sebastian Album geworden, welches uns vor den stilistischen Überraschungen des Vorgängers verschont. Dazu beigetragen hat möglicherweise der Aufnahmeort, denn Pandemie bedingt ging es hierfür nicht nach Los Angeles, sondern in den eigenen umgebauten Proberaum in Glasgow. In ihrer Heimatstadt hatten Belle & Sebastian in diesem Jahrtausend noch kein Album aufgenommen.
Der nostalgische Opener „Young And Stupid“ versetzt einen zurück ins Jahr 1997, in dem die „Lazy Line Painter Jane“ und „3.. 6.. 9.. Seconds Of Light“ EPs erschienen waren, „If They’re Shooting At You“ ist der Handclap-Song des Albums, der gegen Ende Richtung Soul und Gospel wandert, „Talk To Me, Talk To Me“, ist der schnellste und tanzbarste Song von „A Bit Of Previous“. Das anschließende „Reclaim The Night“ zeigt die 80er Jahre-Elektro-Pop-Variante von Belle & Sebastian und darf von Sarah Martin gesungen werden, „Do It For The Country“ ist zarter, ruhiger Folkpop und „Prophets On Hold“ zieht einen noch einmal leichtfüßig auf die Tanzfläche. Dann ist es an der zeit die Platte umzudrehen… Aber halt, meine ist schließlich noch mit der Post unterwegs. Welches Plattencover es wohl werden wird?
„Come On Home“ etwa ragt als fingerschnippendes Steely-Dan-Arrangement heraus, eine Zier für jede Yachtrock-Playlist. „Deathbed Of My Dreams“ ist ein niedliches Country-Wiegenlied, und „Reclaim The Night“ hat gar eine clubbige Elektro-Anmutung. Stuart Murdoch und seine Crew frönen dem Stilmix, ohne die Orientierung zu verlieren. Ein souveräner Flow hält das Ganze zusammen, beim Gesang wechselt sich Murdoch mit Geigerin Sarah Martin ab.
Nach seinem herausragenden Auftakt franst "A bit of previous" in der Folge etwas aus, ohne jedoch seine abwechslungsreiche Spielfreude aufzugeben. "Unnecessary drama", zugleich erster Vorabsong, wirkt mit seiner distinkten Akkordfolge aber wie ein etwas lauwarmer Aufguss des The-Smiths-Klassikers "Stop me if you think that you've heard this one before" (welch Ironie!), woran auch die schrille Harmonika nichts ändern kann. "Come on home" wiederum lockt mit swingenden Strophen, die sich in einem großen Pop-Refrain entladen. Unterdessen zelebrieren Murdoch und Martin im Duett den intergenerationalen Dialog, der natürlich nicht ohne Augenzwinkern geführt werden darf: "Give a chance to the old / Set the record straight for the welfare state." Und auch Stevie Jacksons Beitrag schmiegt sich an die wesentlichen Fragen des Albums, wenn er im sepiagetränkten Walzertakt von "Deathbed of my dreams" pfeifend der Sentimentalität entgegen schunkelt.
Beim Video zur kompakt-vertraut klingenden Single „Unnecessary Drama“ setzen sich Belle And Sebastian als Gruppe in Szene, die sich einer Bandtherapie unterzieht. Die Selbstironie wirkt unbeschwert – aber ist es das, was man sich von dieser Band erhofft? Anderseits gibt es diese traurige Fiedel bei „Young And Stupid“ sowie die poetische Weisheit von „Do It For The Country“, ein Stück im Geist der frühen, lebensrettenden LPs und EPs. Zu hören sind aber auch Electro-Pop, Country und Boogie- Woogie, gespielt als superkluge, gehobene Unterhaltungsmusik. Dennoch: Erneut ein Belle-And-Sebastian-Album unter Wert.
7,5 Punkte
AntwortenLöschen7
AntwortenLöschenHinterlässt so wenig Eindruck wie das Plattencover/die Plattencover. Aber immerhin Belle & Sebastian! 7,5 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenAxel gibt 7
AntwortenLöschen