Das wird nicht funktionieren. “I don’t wanna be loved, I don’t wanna be loved, I don’t wanna be loved…” wiederholt Dana Margolin in dem Son...

Porridge Radio - Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky


Das wird nicht funktionieren.

“I don’t wanna be loved, I don’t wanna be loved, I don’t wanna be loved…” wiederholt Dana Margolin in dem Song „Birthday Party“ wieder und immer wieder. Doch das wird nicht funktionieren, wenn man ein Album wie „Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky“ veröffentlicht. Denn Porridge Radio sind ein Geschenk und ein Grund zum Feiern zugleich.

Mit „Every Bad“, dem ersten über ein größeres Label veröffentlichtem Album, ging es 2020 bereits gut los (Platz 5 bei Platten vor Gericht mit 8,000 Punkten), nun legen Porridge Radio und Secretly Canadian nach. „Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky“ bietet erneut die fesselnden, mantra-artigen Textzeilen, in denen sich Dana Margolin so herrlich stimmlich hineinsteigern kann sowie düstere, zweifelnde und selbstzerfleischende Lyrics, die im größt möglichen Gegensatz zu den hymnischen Refrains und eingängigen Melodien stehen. Dabei klingt der Sound vielschichtiger und abwechslungsreicher als auf „Every Bad“, durchweht eine Orgel sanft mehrere Song, erklingen Bläser, überrascht eine Piano-Ballade oder eine rein akustische Darbietung und singt Margolin mit sich selbst im Duett, so dass es klingt als sei PJ Harvey im Studio vorbei gekommen. „I kept saying that I wanted everything to be 'stadium-epic' - like Coldplay,“ sagt Dana Margolin, aber so gut wir hier klangen Chris Martin & Co. in der letzten Dekade nicht.

„Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky“ ist als black Vinyl, green Vinyl und yellow translucent Vinyl sowie pink Vinyl (beide mit alternativem Cover) erschienen. 

Porridge Radio in Deutschland:
13.11.22 Köln, Club Volta
08.12.22 München, Kranhalle
12.12.22 Berlin, Festsaal Kreuzberg
16.12.22 Hamburg, Hafenklang


 


Porridge Radio wirken in überschwänglichen Momenten wie eine Selbsthilfegruppe von Suizidgefährdeten, die allen Frust herausschreien und danach ein Kinderlied anstimmen. Sie sind wie Apfelkuchen und Antidepressiva: Man weiß nie genau, was man bekommt und ob sich das eine mit dem anderen verträgt. „Trying“ und „Birthday Party“ lachen der Orientierungslosigkeit in die hässliche Fratze, stemmen sich mit hymnischen Harmonien und Jahrmarktsorgel gegen den freien Fall in die Paranoia.
Die Art, wie Margolin noch die trübsten Emotionen in melodieverliebte Songs ummünzt, erinnert an The Cure. „End Of Last Year“ beschwört die anmutige Zerrissenheit von Marianne Faithfull herauf. Überhaupt sind es die Balladen, die einem den Atem rauben, allen voran das todtraurige „Flowers“. Und trotzdem enthält diese Platte keinen Ton Selbstmitleid. Vielleicht weil Porridge Radio, egal durch welche Krise sie gerade schlingern, nie die Freude am Leben verlieren.


 


Gott sei Dank dreht Margolin nicht permanent voll auf. Und auch der Indie-Rock von Porridge Radio entwickelt mit jedem Album, jedem Produktions-Upgrade, neue Klangfarben. Die Lo-Fi-Tage, in denen die Band mit dem Laptop in einem Schuppen aufnahm – so geschehen anlässlich ihres 2016er-Debüts RICE, PASTA AND OTHER FILLERS –, sind Geschichte. Inzwischen türmen die Briten beachtliche Shoegaze-Wände auf und machen ausgiebig Gebrauch von den Wurlitzer- und Hammond-Orgeln des Mietstudios. Ergo: eine Prise 60s-Feeling und Vintage-Gruselfilm-Atmosphäre.
„Trying“ ist die bis dato wohl eingängigste und beschwingteste Nummer der Band, während die Piano-Ballade „Flowers“ ein orchestrales Crescendo andeutet. Das bereits erwähnte „The Rip“, auch ein Hit in spe, kombiniert spacige Retro-Synthies mit Grunge-Gitarren. Wenn Dana Margolin am Ende das emotionale Auf und Ab im Titelsong „Waterslide, Diving Board, Ladder To The Sky“ noch einmal zusammenfasst, tut sie das allerdings zurückgenommen, mit Akustikgitarre. Es ist wie ein langes Ausatmen nach einem Heulkrampf. Erschöpft und erleichtert zugleich.





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