Frankreich, Litauen, Ukraine. Das waren meine persönlichen Favoriten beim gestrigen Eurovision Song Contest. Auf den weiteren Plätzen folgte...

Hooverphonic - Hidden Stories


Frankreich, Litauen, Ukraine. Das waren meine persönlichen Favoriten beim gestrigen Eurovision Song Contest. Auf den weiteren Plätzen folgten bei mir isländischer Nerdpop, finnischer und italienischer Rock und belgischer Trip Hop. Bis auf den zuletzt genannten Beitrag lagen auch alle Künstlerinnen und Künstler in der Gunst der Zuschauer und Jurys weit vorn, für Hooverphonic reichte es jedoch nur zu einem enttäuschenden 19. Platz, was man bei der Reaktion auf das Zuschauervoting deutlich sehen konnte. Hoffentlich ist das Trio am Ende des Jahres mit dem Abschneiden von „Hidden Stories“ bei Platten vor Gericht zufriedener.

Hooverphonic wurden 1995 als Quartett gegründet, jedoch sind nur noch Raymond Geerets (Gitarre) und Alex Callier (Bass, Keyboards) durchgehend in der Band aktiv. Gerade auf der Position der Sängerin gab es zahlreiche Wechsel. Erst am 9. November 2020 wurde die Rückkehr von Geike Arnaert, die zwischen 1997 und 2008 bereits bei Hooverphonic sang, bekannt gegeben. 

„Hidden Stories“ ist das elfte Studioalbum von Hooverphonic, dem wie drei seiner Vorgänger der Sprung auf Platz 1 der Charts in Belgien gelang. Auch in den Niederlanden konnte regelmäßig in die Hitlisten eingezogen werden, aber das war es auch. In Deutschland schaffte noch kein Album der Band eine Platzierung in den Charts. 
Gestern traten Hooverphonic mit dem Lied „The Wrong Place“ beim ESC an, das erneut in Belgien gut ankam und als deren fünfte Single die Top Ten (#7) erreichte. Dieser Wettbewerb war aber für den düsteren, filmischen Trip Hop Song über einen schief gelaufenen One-Night-Stand dann doch der falsche Ort.


 


„Hidden Stories“ bieten klassischen Trip Hop im Stile von Portishead („A Simple Glitch Of The Heart“), cinematischen Desert Noir-Pop á la Lana Del Rey oder Still Corners („If You’d Really Know Me“, „Full Moon Duel“) und luftig-eingängigen Indiepop („Thinking About You“, „Lift Me Up“), der auch schön nach Saint Etienne oder Dubstar laufen könnte. Unter den 10 Songs fehlen die im letzten Jahr veröffentlichten Singles „Release Me“, das Belgien bei ausgefallenen ESC 2020 hätte vertreten sollen, und „Summer Sun“ (beide noch mit der Sängerin Luka Cruysberghs aufgenommen) sowie „Mad About You“, welches eine Jubiläums-Neuaufnahme ihrer 2000er Single war.


Wobei man natürlich merkt, warum “The Wrong Place”, dieses herrlich morbide Stück über einen miesen One-Night-Stand, der Song geworden ist, der für Rotterdam ausgewählt wurde. Er baut sich auf, er hat Ausstrahlung und er erzählt eine ungewöhnliche Geschichte.
Verstecken muss sich dahinter allerdings keines der anderen Stücke. “Belgium In The Rain” nimmt dabei sogar Bezug auf die Herkunft der Band und ist ein zugleich warmes und vergiftetes Kompliment, mit dem das Gegenüber bedacht wird. “You’re like Belgium in the rain. A little strange”, heißt es darin unter anderem.
Tracks wie “Thinking About You” oder “One Big Lie” sind einfach wunderbar aufgebaut und halten die Spannung, auch dank der bereits gelobten Geike Arnaert. Und auch mit coolem Sound wie bei “Circus” können Hooverphonic punkten.
Ein spätes Highlight auf “Hidden Stories” ist “Full Moon Duel”, das tatsächlich nach einem staubigen Western-Duell klingt. “How did you get under my skin?”, fragt eine Zeile darin und das fragt man sich beim Hören das Albums unweigerlich auch. Denn der Sound von Hooverphonic geht unter die Haut und macht einfach sehr viel her – ganz egal ob auf der ESC-Bühne, im Radio oder alleine daheim am Plattenspieler.


Hooverphonic (möglicherweise) auf Tour:
27.09.21 Köln, Die Kantine
28.09.21 München, Technikum
29.09.21 Berlin, Heimathafen Neukölln



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