„Läuft hier Del Amitri?“
Mit dieser Frage überraschte mich diese Woche meine Freundin. Ich will nicht behaupten, dass hier sonst gar keine Bands erkannt werden, aber eine, bei der mir das vermutlich nicht gelungen wäre, das ist es wert festgehalten zu werden.
Von Del Amitri sind mir genau drei Songs bekannt: Das wundervolle, mich immer an die Beatles erinnernde „Nothing Ever Happens“, welches der schottischen Band 1990 fast ihren einzigen Top Ten Hit im Vereinigten Königreich beschert hätte (#11) und „Don’t Come Home To Soon“, mit der sie die schottische Fußball-Nationalmannschaft mit wahlweise hoffnungsvollem oder leicht spöttischem Unterton 1998 zur WM nach Frankreich schickten. Schottland schied sieglos in der Vorrunde aus, aber die Single kam auf Platz 1 in der Heimat. Erst beim Blick auf die Liste der Singles und nach einem kurzen Besuch bei YouTube wurde mir klar, dass ich auch „Always The Last To Know“ kenne, immerhin ihre einzige Single, die in Deutschland charten konnte (#56).
Meine Freundin kennt zwei komplette Alben. Vermutlich „Waking Hours“ (1989) und „Change Everything“ (1992). Von der Existenz des Debütalbums aus dem Jahr 1985 sowie drei weiterer bis 2002 veröffentlichter Platten wusste die häusliche Del Amitri-Expertin nichts.
„Ja, die haben nach fast 20 Jahren Funkstille ein neues Album namens „Fatal Mistake“ veröffentlicht. Produziert hat es Dan Austin (Biffy Clyro, Doves), der das Quintett die Songs nahezu live und ohne modernen Schnickschnack einspielen ließ. Herausgekommen sind 13 Songs, die eingängigen britischen Gitarrenpop, der an Travis und The Beatles denken lässt, mit US-Folkrock (à la Crosby, Stills, Nash & Young) kombiniert und sich beißende Kritik in Richtung Vereinigtes Königreich nicht verkneift („Close Your Eyes And Think of England“). „Fatal Mistakes“ kannst du dir als CD, Kassette und LP (black Vinyl oder in der limitierten Auflage als white Vinyl) kaufen.“
Das wäre meine Antwort auf die eingangs gestellte Frage meiner Freundin gewesen, wäre ich nicht zu perplex gewesen.
›All Hail Blind Love‹ ist ein Hit-Kandidat, die Ballade ›Otherwise‹ bewegt, in anderen Stücken stecken Blues und Folk, wieder andere handeln von Tücken des Musikerdaseins oder altersbedingter Sorge. Und Justin hat nach wie vor eine Meinung zu den Dingen, im achtminütigen Finale ›Nation Of Caners‹ wettert er rastlos gegen Raubbau und Randale. Alles läuft flüssig, es gibt keinen Füller. Dieses Klasse-Comeback darf man nicht verpassen.
(…) weil Del Amitri immer noch das tun, was sie in den 80erund 90er-Jahren so gut beherrschten, dass sie immerhin sechs Millionen Platten verkauften: kleine, unaufgeregte Poprocksongs schreiben, die sich in genau den richtigen Momenten selbstbewusst aufpumpen, manchmal mit dicken Powerchords, bisweilen mit großen Refrains, mal mit kleinen Beweisführungen der eigenen Folk-Kenntnisse.Die Texte umtänzeln dabei Klischees („Musicians And Beer“) weinen bittersüße Gegenwartstränen („Close Your Eyes And Think Of England“) und hadern mit der Vergänglichkeit („I’m So Scared Of Dying“). Inszeniert wird all das in einem sehr analogen Sound, der sich auf das richtige Zusammenspiel von Vocals und Gitarren-Arrangements konzentriert.
5,5 Punkte
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschenSolides Angang der 90er-Pop/Rock-Album. 5,5 Punkte
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