War die Plattenhülle des ersten Soloalbum von Hayden Thorpe noch in schlichten Grautönen gehalten, so strahlt sein zweites Werk nach dem Ende der Wild Beasts in bunten Farben. Schon optisch ist der Unterschied zwischen dem reduzierten und introvertierten „Diviner“ und dem pulsierenden und schillernden „Moondust For My Diamond“ gut zu erkennen.
Hayden Thorpe singt mit seiner hohen Kopfstimme in einer Liga mit Anohni/Antony Hegarty und besticht darüber hinaus mit einem Händchen für geschmeidige Melodien, die nun in ein deutlich elektronischeres und synthetisches Umfeld gebettet wurden. Die 12 Songs von „Moondust For My Diamond“ entstanden gemeinsam mit den Produzenten Nathan Jenkins aka Bullion, mit dem er auch schon an der im letzten Jahr veröffentlichten „Aerial Songs“ EP arbeitete, und Richard Formby, der auch schon die Wild Beasts Alben „Two Dancers“ und „Smother“ betreute. Thorpe kehrte von der Londoner Großstadt in die Natur seiner Heimat im Lake District zurück, engagierte sich bei Wavepaths, einem Projekt, das Musik in psychedelische Therapie integriert, oder Atem-Workshops und bezeichnet daher selbst sein neues Album als „digital pastoral“.
Das Album klingt so außerirdisch, wie es der ominöse Titel vermuten lässt. Songs, die in ihrem Minimalismus so wirken, als würden sie nur durch Zufall und etliche Umwege durch das Universum an unseren Endgeräten auftauchen, führen gleichgültig einen Krieg der Emotionen und der Unumkehrbarkeit.Thorpes ikonische Kopfstimme macht bei Zeiten den Eindruck einer sanften Drohgebärde, an anderen Stellen tritt sie in den Hintergrund, um wie bei “Parallel Kingdom” fast wie ein distanzierter Kommentar aufzuhallen.Die Vorsicht, mit der Hayden Thorpe zum Beispiel in “Metafeeling” über die eigenen Gefühle philosophiert, transportiert auf “Moondust For My Diamond” immer auch eine gewisse Spannung. Das resultiert vor Allem aus der synthetisch anmutenden Geradlinigkeit, in der sich Thorpes Stimme selbst wie ein gesampletes Instrument in das stark reduzierte Soundgerüst einfügt.
Thorpes faszinierendes Organ bildet dabei weiterhin den Fixpunkt, doch anders als auf dem spärlich inszenierten Vorgänger sind die Arrangements hier mehr als nur Beiwerk. In den letzten anderthalb Minuten des Meisterstücks "Golden ratio" bleibt der 35-Jährige sogar komplett stumm, überlässt dem bunten Instrumentarium um Saxofon und Oboe die Bühne, nachdem er sich zuvor der Dynamik des plötzlich anziehenden Beats hingab. Auch im souligen "Metafeeling" ist der Bläser-unterstützte Groove der Star, während das eh schon technoid-kühle "No such thing" den maschinellen Herzschlag zum Rave hochpeitscht. Auch deshalb lässt sich "Moondust for my diamond" die wiedergewonnene Nähe zu Wild Beasts attestieren: Es fühlt sich über weite Teile einfach nicht wie ein Soloalbum an. Erst im reduzierteren "Hotel November tango" spannt Thorpe mit seiner sehnsüchtigen Gesangsmelodie fast alleine das Netz, aus dem es kein Entkommen mehr gibt.
5,5 Punkte
AntwortenLöschenDer Vorgänger hat mich mehr begeistert. 7 Punkte
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