Käme ich auf die Idee, in meiner iTunes Bibliothek nach „Arsch“ zu suchen,  würde diese natürlich beim Erdmöbel Song „...

ClickClickDecker - Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten




















Käme ich auf die Idee, in meiner iTunes Bibliothek nach „Arsch“ zu suchen,  würde diese natürlich beim Erdmöbel Song „Am Arsch, Welt, kannst du mich kaputtschlagen“ fündig. Ich glaube, dass Markus Berges dieses kryptische Zitat irgendwo in Dortmund an eine Wand gesprüht sah, ich kann mich aber auch irren und vielleicht war es vollkommen anders. Und das passt irgendwie auch perfekt zu ClickClick Decker, denn einerseits findet mein iTunes seit einigen Tagen auch deren neues Album mit dem ebenfalls unergründlichen Titel „Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten“ und andererseits bleiben Kevin Hamanns Texte und Alltagsbeobachtungen charmant, lakonisch und schwer zu deuten. Songtitel wie „zwei Klettergerüst“, „Minutenklopfer“ oder „fast nie eigentlich immer“ weisen einen Weg in die Irre.

Da aus dem Soloprojekt mittlerweile ein Trio - Oliver Stangl und Sebastian Cleemann ergänzten Kevin Hamann bei den Aufnahmen, die in ihren (Heim-)Studios in Hamburg und Berlin sowie der ehemaligen Dorfschule in Nordfriesland stattfanden - geworden ist, sind Songstrukturen, Arrangements und Instrumentierung vielschichtiger und -fältiger geraten. Melancholischer, warmer und unerwartet guter Folkpop, den unser Plattenrichter Volker mit „Ich hab’ es euch ja schon immer gesagt“ kommentieren und mit einer hohen Bewertung honorieren wird.

Auch überraschend: Mein iTunes findet bei dem eingangs erwähnten Suchbegriff übrigens auch „Haarschneider auf Flamme“ von Perrecy.




Denn auf „Am Arsch der kleinen Aufmerksamkeiten“ gibt es Momente, die einem in ihrer Schönheit den Atem rauben können: „Palmaille“ zum Beispiel, ein Song, der auf dem Papier von Element Of Crime stammen könnte, in ClickClickDeckers Händen aber zu einem wunderlichen Stück Kunst-Pop wird, mit klimpernden Kalimbas und zart gezupften Gitarren. Oder „Fast nie eigentlich immer“, dass mit aus dem Nichts explodierenden E-Gitarren überrascht – und das Album genauso beendet wie es angefangen hat, mit wunderschönem Lärm. (…)
ClickClickDecker haben keine Angst vor unbequemen Selbstreflexionen oder vor großen Sound-Experimenten. Diese Band ist furchtlos und einfühlsam. Und einer der größten Schätze der Pop-Musik dieses Landes.
(byte.fm)




Der stärkste Song des Albums ist auch der kürzeste. "Schreckmensch" bringt innerhalb von nur 1:33 Minuten und drei Zeilen eine ganze Depression auf den Punkt. "Was ich von mir sagen will / und was ich von mir halte / ich bin der schrecklichste Mensch der Welt."
Weil ClickClickDecker eine kluge Band sind, lassen sie ihren Frontmann damit nicht alleine, etwa in einem pathetisch-traurigen Song, nur untermalt von einer gezupften Akustikgitarre. Stattdessen unterstützt ihn raumgreifender Sound, der zwar düster daherkommt, aber auch einen ganz subtilen Groove besitzt.
Das Zwillingsstück hierzu dauert ebenso keine zwei Minuten. Für "Liebchen" zieht die Band das Tempo an, während der Text vom Weg aus der Depression handelt. "Der lange Marsch zu dir selbst" nach "deinen Wiederbelebungsversuchen unten am Elbstrand".
Die E-Gitarre bekommt in "Am Arsch Der Kleinen Aufmerksamkeiten" immer wieder ihre Auftritte, zum Beispiel direkt nach "Schreckmensch", im Intro zu "Festschwimmen". Wie entfesselt spielt sie auf und spült dabei die Gehörgänge von der schweren Kost davor frei.
Solche Momente bleiben nach dem ersten Durchlauf aber nicht unbedingt im Ohr kleben, sie fügen sich in diesen warmen Klangteppich aus Akustik-Gitarre, Perkussion und Klavier ein. Erst bei zwei-, dreimaligem Hören lässt sich ganz begreifen, was alles vor sich geht.
(laut)




ClickClickDecker unterwegs:
07.03.2019 Berlin, Funkhaus
08.03.2019 Leipzig, Neumanns
09.03.2019 Nürnberg, Club Stereo
10.03.2019 München, Kranhalle
11.03.2019 Wiesbaden, Schlachthof
12.03.2019 Oberhausen, Druckluft
13.03.2019 Köln, Artheater
14.03.2019 Bremen, Tower
15.03.2019 Hannover, Lux
16.03.2019 Hamburg, Knust

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