Beim letzten Album von The National gab es zahlreiche Gastsängerinnen zu hören. Diese Idee hat Aaron Dessner offenbar so gut gefallen, dass ...

Big Red Machine - How Long Do You Think It’s Gonna Last?


Beim letzten Album von The National gab es zahlreiche Gastsängerinnen zu hören. Diese Idee hat Aaron Dessner offenbar so gut gefallen, dass er sie mit zu seinem Nebenprojekt Big Red Machine genommen hat. Mit Sharon van Etten und Lisa Hannigan sind sogar zwei Künstlerinnen sowohl auf „I Am Easy To Find“ als auch nun auf „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ zu hören.

Weitere Gäste sind Anaïs Mitchell (drei Songs), Taylor Swift (zwei Songs), die für ihre letzten beiden Alben „Folklore“ und „Evermore“ mit Dessner und Vernon zusammen arbeitete, sowie Ilsey, Shara Nova, LaForce und This Is The Kit vertreten. Mit Fleet Foxes, Naeem und Ben Howard sind auch männliche Gaststimmen zu hören. Eine wirklich prima Idee, denn dadurch wird Justin Vernons Möglichkeit beschränkt, AutoTune einzusetzen. Ganz kann er leider dennoch nicht die Finger von den Effekten lassen. 

Überhaupt keine prima Idee war es, die im letzten Jahr zusammen mit Michael Stipe veröffentlichte Single „No Time for Love Like Now“ nicht mit auf das zweite Album von Big Red Machine zu nehmen. Da wären mir unter den 15 Songs, die mehr als 64 Minuten laufen, aber andere Streichkandidaten in den Sinn gekommen. Exakt 15, um genau zu sein.

Typisch für ein Projekt von Dessner und Vernon ist, das noch weitere Musiker aus ihrem Kosmos in die Entstehung der Platte involviert waren. Beispiele gefällig? Bryce Dessner und Bryan Davenport (The National), James Krivchenia  (Big Thief), Brad Cook und S. Carey (Bon Iver), Thomas Bartlett, Benjamin Lanz oder Kyle Resnick (Beirut).

„How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ ist seit Anfang des Monats als CD, Kassette und LP erhältlich. Die Doppel-LP ist in limitierten Auflagen als red translucent Vinyl, red opaque Vinyl, green & yellow splatter Vinyl, red + blue + yellow color in color Vinyl und red + white + blue tri-color Vinyl erhältlich.


 


Wie in den meisten künstlerischen Unternehmungen Dessners geht es ihm vordergründig um Emotionen und Verbindung durch Musik. Zum Beispiel verarbeitet er eine schwere Depression in Teenagerjahren und den damit zusammenhängenden Verlust von Freundschaften im Song „Bryce“, seinem Zwillingsbruder und damals einzigen Verbündeten gewidmet. Wenn einem auch die Hintergründe dieser 15 Lieder nahe gehen mögen, die Musik hinterlässt eher ein Gefühl von Gleichgültigkeit.


 


Dessner und Vernon legen zwar die Songs in ihren Grundzügen an, doch zum Leben erweckt werden sie erst im Zusammenspiel aller Beteiligten. Die Stücke haben diesmal weniger Jam-Charakter als auf dem Erstling und folgen klareren Songstrukturen. Melancholische Pianofiguren vereinen sich mit zurückhaltenden Drums, verschiedenen Saiten- und Blasinstrumenten sowie ein paar glitchigen Elektronikeinsprengseln, die an Bon Ivers Album „22, A Million“ erinnern, zu einem leicht nebligen Herbst-Sound.


 


An einigen Stellen treiben Dessner und Vernon wieder in über fünfminütigen Klangsphären ohne strukturelle Höhepunkte, füllen diese aber mit genug Produktionsdetails und subtilen Verschiebungen, um dem mehr als positiven Gesamteindruck keinen Schaden zuzufügen. Vor allem das von Rapper Naeem unterstützte "Easy to sabotage" pumpt, zittert, klappert so an allen Ecken und Enden, dass man jeden Moment den Kurzschluss erwartet. In dieser Freiförmigkeit entwickelt das Album einen klaren Fluss, den höchstens "Renegade" ein wenig stört: einer von zwei Songs mit Swift und eine an sich hochwertige Folk-Pop-Nummer, die in ihrer Direktheit nur etwas herausfällt und deren Lyrics um ambige Zeilen wie "Get your shit together / So I can love you" einen sensibleren Vortrag erfordert hätten.




3 Kommentare:

  1. Fängt eigentlich ganz gut an, plätschert dann irgendwann aber so vor sich hin. Im Gegensatz zu Dirk sehe ich aber nur 14 Streichkandidaten, die dem Song mit Michael Stipe hätten weichen können: "Renegade" ist schon klasse. (Dass ich den zweiten Song mit Taylor Swift somit als Streichkandidat sehe, zeigt, dass ich nich nicht ganz zum Swiftie mutiert bin.)

    6,5 Punkte

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  2. Taylor hat zwar den Höhepunkt des Albums, ganz alleine kann sie es aber auch nicht über den Durchschnitt heben.

    6

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  3. Ich erwische mich während des Hörens bei der Frage, wie lang das Album wohl noch dauern wird...
    6 Punkte

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