Bei einem Fiebertraum können Bewusstseins- und Sinnestrübungen eintreten, ist man nicht mehr ganz Herr der eigenen Sinne und beginnt zu fantasieren. Im Falle von „Fever Dreams“ - und im Gegensatz zum Vorgängeralbum „The Art Of Pretending To Swim“ - war nicht nur eine Einzelperson, nämlich Conor O’Brien, sondern eine ganze Band betroffen. Die Songsentstanden im Verlauf von über zwei Jahren und wurden dann in mehreren Sessions mit der kompletten Kapelle Ende 2019 und Anfang 2020 eingespielt. O’Brien verfeinerte die Aufnahmen während der Pandemie in seinem Homestudio in Dublin und ließ sie zum Schluss von David Wrench (Frank Ocean, The xx, FKA Twigs) abmischen.
Was haben die Villagers nun im Fieberdelir zusammenfantasiert? Psychedelischen Pop, der in der Single „The First Day“ eher an The Flaming Lips, Mercury Rev oder Tame Impala denken lässt als an eine irische Folkband. Neben Einflüssen von Jazz und Soul, Spieluhrensounds hier, Glöckchen da, sanft schwelgenden Streichern und säuselnden Backround-Sängerinnen („Momentarily“), einem nicht enden wollendes Saxofonsolo in der zweiten, siebenminütigen Single „So Simpatico“ und Bläsern im Big Band Format darf der Folk natürlich nicht fehlen, nur verschroben und ambitioniert muss er sein. So kollidiert „Restless Endeavour“ auf Trip Hop Beats mit jazzigen Bläsern und kippt „Circles In The Firing Line“ nach sechs Minuten in ein Punkrock-Outro.
Zur Belohnung gibt es bei Metacritic die bisher höchste Bewertung für ein Album der Villagers, nämlich 84/100 Punkten. Zwischen 76 und 80 Punkten bewegten sich die vier Vorgänger von „Fever Dreams“. Ob sich dies auch wieder in den Chart-Erfolgen niederschlagen wird? Denn nach drei Nummer Eins-Alben in Irland erreichte „The Art Of Pretending To Swim“ zuletzt nur Rang 2.
„Fever Dreams“ gibt es als LP (black Vinyl) im Die Cut Sleeve mit vier Wechselcovern käuflich zu erwerben, die limitierten Auflagen gibt es auf green oder yellow Viynl.
FEVER DREAM ist das Psychedelic-Album von Villagers, der frühe Badly Drawn Boy ist nicht weit, auch nicht die amerikanischen Surrealisten Mercury Rev oder Flaming Lips.Weil Zeit in Träumen keine Rolle spielt, dehnt O’Brien die Tracks auf bis zu sieben Minuten aus. „So Simpatico“ kurvt von mediterraner Ruhe über Soul und Jazz in ein süffiges Yacht-Pop-Finale, der Artpop des Titelsongs bricht nach der Hälfte der sechs Minuten ab und mündet in eine Klangcollage mit Sprechstimmen und eiernden Instrumenten. Es ist unmöglich, diese Musik nebenbei zu hören: FEVER DREAM benötigt Aufmerksamkeit als Prämisse, dann aber ist das Wegdriften der gewünschte Effekt.
7 Punkte
AntwortenLöschenGroßartiges Artwork, die dazugehörige Platte kann mich leider nicht so begeistern wie sonst.
AntwortenLöschen6,5 Punkte