Die Rückkehr zur Normalität dauert für eine Band vermutlich ein wenig länger, wenn nachts der Tourbus auf einem Hotelparkplatz aufgebrochen ...

Fortuna Ehrenfeld - Die Rückkehr zur Normalität


Die Rückkehr zur Normalität dauert für eine Band vermutlich ein wenig länger, wenn nachts der Tourbus auf einem Hotelparkplatz aufgebrochen und, bis auf ein paar T-Shirts und die Bassdrum, alles an Instrumenten und Technik geklaut wurde. 

So geschehen bei Fortuna Ehrenfeld vor einigen Tagen.

Hier kann man mit einer beliebig hohen Spende helfen, den entstanden Schaden von rund 30.000 € abzumildern.

Fortuna Ehrenfeld ist der Kölner Martin Bechler (Gesang, Gitarre, Keyboards). Aktuell gehören auch Jenny Thiele (Keyboards, Gesang) und Jannis Knüpfer (Schlagzeug) zur Reisegruppe Seltsam. Und seltsam / überdreht / manchmal nervig / immer eingängig /  melancholisch / experimentell /  ist die Musik von Fortuna Ehrenfeld auch auf „Die Rückkehr zur Normalität“ wieder geraten. Und die Texte erst!

Ihr aktuelles, über das eigene Label veröffentlichte Album konnte Mitte Juni Platz 32 der deutschen Charts erreichen, der Vorgänger „Helm ab zum Gebet“ war noch über Grand Hotel van Cleef erschienen und bis auf Rang 66 gekommen.

Hoffentlich beschleunigen weitere Plattenkäufe, großzügige Spenden und gut besuchte Konzerte für Fortuna Ehrenfeld die Rückkehr zur Normalität.

 
 


Was Fortuna Ehrenfeld abseits des Euphorischen auch hier zuweilen schwer greifbar macht, ist die schelmige Art und Weise, mit der Bechler textet. Er pendelt in gewohnter Manier zwischen scheinbar Banalem, (Bier-)Ernsthaftigem und Philosophischem und hat in etliche Stücke doppelte Böden eingebaut, die jede Logikbemühung immer wieder vor Hürden stellt. Musikalisch sprengen die mehr denn je zur echten Band gereiften Kölner die eigens gesteckten Grenzen, sofern es diese jemals gab, noch einmal deutlich. Schon die Gaga-Elektrodisko von "Glitzerfummel, Moonboots" verstört bewusst, animiert dreist zum sinnbefreiten Popowackeln, bezieht dabei aber ebenso klar Stellung: "Wenn Du 'ne neue Welt willst, musst Du sie verändern / Erstmal in der Mitte, später an den Rändern.“


 


Das Album beginnt mit einem feierlich traurigen Schalalalala aus Martin Bechlers kratzendem Kehlkopf. Ein irgendwie echt süßer, aber tiefst melancholischer Song, zumindest ist es eine sehr nett klingende Art und Weise, jemandem vorm Abgang mal richtig die Meinung zu geigen. "Das Imperium rudert zurück" im Anschluss klingt wie das perfekte Intro deiner neuen kölschen Lieblingssitcom. Der Titel könnte sowas sein wie: "Du wolltest Rock'n'Roll, du Popo - haste jetzt davon", womit wir schon beim folgenden Song wären: "Die panamoralische Liebe". Ein sehr tröstender Song, der die ganze Beschissenheit des Lebens einmal relativiert. 
Mit "Die Durchnummerierten im Irish" und "Anleitung zum Sha-la-la" gibt es zwei Balladen pur auf die süßen Öhrchen, fein mit Orgel-Sound und Piano. "Die Rückkehr zur Normalität" wiederum überrascht total und bietet auf einmal Space-Reggae. Hui, und "Knutschigroßstadtradio" gefällt uns natürlich besonders - an dieser Stelle vielleicht auch gleich der Appell an alle, sich mehr Liebeslieder im Radio zu wünschen. Geht bei uns zum Beispiel freitags zwischen 16 und 20 Uhr (nur mal so am Rande).
"Glitzerfummel, Moonboots" wirkt dagegen wie ein kurzer Trip, geleitet von knurrende Synthesizern und peitschendem Beat. Der anmutige Titel "Grazie de là Kotze" birgt einen auf sanften Gesang, Gesumme und Piano reduzierten Song. Und wer bis jetzt noch nicht geheult hat, weil alles so schön und gefühlvoll klingt, findet mit "Accidental Orange" den Endgegner. 




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