Antony scheint sich mittlerweile bei Plattenfirma, Kritikern und Fans gleichermaßen einen Status erschaffen zu haben, der es ihm erlaubt, ei...

Antony And The Johnsons - Swanlights


















Antony scheint sich mittlerweile bei Plattenfirma, Kritikern und Fans gleichermaßen einen Status erschaffen zu haben, der es ihm erlaubt, ein solch intimes und gleichzeitig anspruchsvolles Album zu veröffentlichen, ohne befürchten müssen, dass die Menschen nicht weiterhin in seine Konzerte strömen, die Platte kaufen und hochleben lassen.
Die elf melancholischen, sehnsuchtsvollen, baladesquen Titel sind mit Klavier, Cello und Geigen instrumentiert und werden von Antonys außergewöhnlicher Stimme und seinen Texten zwischen Klimakatastrophe und Gender Problemen jederzeit dominiert. Die Streicher sind, wie zum Beispiel in "Ghost", teilweise opulenter arrangiert, "I'm In Love" dreht sich um spooky Orgelsounds, "Salt Silver Oxygen" wird von Flöten umsponnen, während der Titelsong mit seltsam verzerrten Gitarren beeindruckt. Die Melodien, da darf man sich von dem mit Bläsern versetzten "Thank You For Your Love" nicht täuschen lassen, sind besser versteckt, so dass sich "Swanlights" im Vergleich zu seinen Vorgängern einen Schritt weg vom Pop und hin zum Kunstlied bewegt. "Everything Is New", der mantraartig wiederholte Titel des Openers, darf also wörtlich genommen werden, denn der Hörer wird hier verstärkter dem künstlerischen Anspruchsdenken Antonys ausgesetzt, was ihm eine erhöhte Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Musik und Text abverlangt. Als Highlight darf hier "Flétta", ein Duett mit Björk, deutlich hervor gehoben werden.
"Swanlights" ist das vierte Album von Antony & The Johnsons und der Release wird von einem 136seitigem Kunstbuch ("The Art of Antony and the Johnsons: Swanlights") mit Zeichnungen, Photographien, Collagen und Texten von Antony Hegarty begleitet.





"Thank You For Your Love" Video

Die Streicher schwingen, lassen den Geruch und Geschmack der Worte noch intensiver werden. Antony ist immer an Theatralik interessiert. An Romantik und Schöngeist. Seine Tiere huschen durch die Stücke und lassen deine Haut zusammenziehen. Die ruhigen Klavierpassagen bekommen nur Wind als Unterstützung. Ein Thema wird einfach bis zur Schärfe aufgedreht, so dass dir die Augen brennen. Ganz nah erscheint dir Antony nie, obwohl er alles versucht. Wie in einem nebulösen Traum huscht Antony durch die Kopfkissen unserer Schlafzimmer und zwickt uns kurz, aber nicht um uns aufzuwecken, sondern um uns noch empfindsamer zu machen.

Die Flüsse sind reissend, die Berge unglaublich hoch. Antonys Stimme begleitet sich selbst. Wen soll sie auch sonst begleiten? Antony macht nicht Musik für dich, sondern für sich. Pompös, doch mit kleinen Versatzstücken des Erzählerischen schafft Antony eine eigene Welt, der man sich nur schwer entziehen kann. Der Pop ist nur am Rande anwesend. Eigentlich will er gar nicht in die Stücke. Er wehrt sich fast krampfhaft. Ein Snareschlag ist vielleicht das Poppigste, das dich erwartet. Die Songs haben aber natürlich eine gewisse Eingängigkeit, die aber nie in Refrains endet, sondern eher eine Gospel- oder Mantraart verfolgen.

Wenn in “Thank You For Your Love” die Bläser aus dem Nichts dazustoßen, sitzt man auf einmal in einem großen Bett mit kuscheligen Kopfkissen. Du drückst sie kurz und riechst an dem Bezug. Es könnte das letzte Gefühl des Daseins der Liebe sein. Ein Dankeschön kann nicht ergreifender vorgebracht werden. Antony bleibt also bei seinen Leisten. Er perfektioniert sein Anliegen noch einmal und hat mit der bezaubernden Björk eine amtliche Partnerin an seiner Seite, die mit ihm zusammen die Vogelhochzeit zelebriert. Wunderbar und voller Poesie und Größe. Das Piano steigt in den Himmel. Björk bietet endlich mal wieder eine Glanzleistung. Gut, mit den Dirty Projectors war sie auch schon nah dran. Doch hier lässt sie mir Tränen in die Augen schießen. Das Duett des Jahres.

Swanlights ist ein Brocken, doch in seiner Größe erdig und angenehm. Die tirilierenden Flöten in Salt Silver Oxygen geben der Operette neue Strahlen. Wasser, Feuer, Erde, Wind und Antony gibt den Zeremonienmeister. Er bleibt ein Träumer und Visionär zugleich. Er schert sich nicht um Trends. Warum auch? Er fällt doch… Meisterwerk!
(jahrgangsgeraeusche.de)

8 Kommentare:

  1. Bevor rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft die Welle an Best of-Sammlungen, limited Editons und Wiederveröffentlichungen mit raren B-Seiten und Studio-Outtakes über uns hereinbricht - noch schnell ein paar neue Alben (siehe "Neue Gerichtstermine"):
    Polarkreis 18, I Like Trains und (ich bin gespannt) Red Box.

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  2. Antony und sein Gesülze über die angebliche Klimakatastrophe. Ich werde wohl nie vergessen, wie er nach seinem Konzert in Paris 2009 durch den Hinterausgang kam, Autogramme schrieb und dann bräsig in ein Taxi einstieg, obwohl die Metrostation unmittelbar daneben war. Wer Reden über den Klimawandel hält, sollte dann auch konsequenterweise öffentliche Verkehrsmittel benutzen! Rote Karte, Antony!!

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  3. Red Box glaub ich erst, wenn ich sie in der Hand habe. Wurde schon einige Male verschoben (hatte mich ja extra wegen des albums in deren Verteiler registriert).

    Antony werd ich mir nicht mehr antun, schon das letzte Album fand ich unerträglich. Außerdem ging mir sein Interview im ME auch schon wieder etwas auf den Keks. All dieses ich bin nicht nur homosexuell ich bin Transgender-Getue, mit dieser Aura des "Ach was bin ich doch besonders"...Anstrengend

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  5. Für meine Punkte wird sich Antony nicht so ausgiebig bedanken wie auf der Single...

    7 Punkte

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  6. Selbst ewig lange Fahrten durch Matsch und Schnee bringen mir diese Musik nicht näher. 5,5 Punkte

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  7. Bietet mir nichts Neues, 6 Punkte.

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