Postpunk und Post-Rock. Hauptsache irgendetwas mit Post- davor. Vielleicht noch Post-Jazz und Post-Klezmer, denn Black Country, New Road  pa...

Black Country, New Road - For The First Time


Postpunk und Post-Rock. Hauptsache irgendetwas mit Post- davor. Vielleicht noch Post-Jazz und Post-Klezmer, denn Black Country, New Road packen in ihre bis zu 10-minütigen Songs gleich mehrere Musikstile. Post-Singleformat sozusagen.

Das hoch gehandelte und gelobte Septett ging aus einer Band hervor, die sich 2017 gegründet hatte. Nach mehreren Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe trennte man sich jedoch vom Sänger und benannte sich um. Für diese Post-Nervous Conditions und Post-Singer-Phase mussten also ein neuer Bandnamen und ein neuer Frontmann her. Bei Erstem half der Zufallsgenerator von Wikipedia der den Artikel über eine Straße, die durch Englands West Midlands führt, ausspuckte, bei Letztem sprang der Gitarrist Isaac Wood ein, der mangels einer schönen Singstimme seine Texte dramatisch exklamiert. 

Das Debütalbum, welches nur aus 6 Songs besteht, die aber über 40 Minuten laufen, fährt hervorragende Kritiken ein (Metacritic: 83/100) und man darf sich sicher sein, dass „For The First Time“ in zahlreichen Bestenlisten auftauchen wird und dass man auch nach dem Rummel um die Band - Post-Hype sozusagen - noch von Black Country, New Road hören wird.


 


Das Album mag nur sechs Songs beinhalten, die aber gerne an der zweistelligen Minutenzahl kratzen und neue Versionen der bekannten Tracks mitbringen, klingt aber zu jeder Zeit so, als stehe man inmitten Dutzender anderer Menschen vor einer Bühne, um Isaac Wood dabei zuzuhören, wie er als einer der momentan spannendsten Texter Middle-Class-Depression, Popkultur-Arroganz und Gen-Z-Dekonstruktion in sein leidendes Sprechsingen legt.
Die Songs sind zu gleichen Teilen Shit-Posts und messerscharfes Generationen-Porträt, verstecken sich mal hinter beißender Ironie, nur um dann aufzureißen, wenn es weh tun darf. Dabei flirren die Saxofone und Violinen in den Songs umher, die nie da enden, wo sie begonnen haben. Sie lassen Raum für dramatische Pausen, geben sich wie in „Opus“ aber auch dem Exzess hin. Bis wir wieder vor eine Bühne dürfen, ist das nicht nur „the next best thing“, sondern sogar „the next BIG thing“.


 


Auf dem ersten Track des Debütalbums »Instrumental« spielt die Band sich nach einem kurzen Schlagzeugsolo zügig mit Klezmer schwindelig, zunächst angeführt von der Geigerin Georgia Ellery, bald unterstützt von Lewis Evans am Saxofon. Der Rock? Der kommt auch noch dazu, aber er bleibt nicht lange, er bleibt nie lange bei Black Country, New Road.
Melodische Gitarrenakkorde, gestoppt von einer Free-Jazz-Wand, überschwängliche Folklore, die von Lärm zermahlen wird – die Band hat viele Ideen, nur eine davon würde mancher Band für einen ganzen Song reichen. Black Country, New Road aber packen in einen Track, was ihnen einfällt, und wenn er dann fast zehn Minuten dauert: muss eben alles mit. Für die nächste Nummer wird es schon genug neue Ideen geben.




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