Aus Lyrik werden Songtexte. Diesen Weg ging Masha Qrella , die eigentlich Mariana Kurella heißt, bereits 2019, als sie für ihre erste Veröff...

Masha Qrella - Woanders


Aus Lyrik werden Songtexte. Diesen Weg ging Masha Qrella, die eigentlich Mariana Kurella heißt, bereits 2019, als sie für ihre erste Veröffentlichung auf dem Staatsakt Label ein Gedicht von Heiner Müller und einen Text von Einar Schleef vertonte. Zuvor veröffentlichte sie mit ihren Bands Contriva oder Mina Post-Rock über Monika Enterprise oder später solo bei Morr Music. Gesungen wurde auf Englisch, der Sprache des Pop. 
Über das Buch „Ab jetzt ist Ruhe“ von Marion Basch, das diese über ihren Bruder Thomas geschrieben hatte, wurde sie auf den deutscher Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor, Regisseur und Lyriker aufmerksam. Thomas Brasch siedelte mit seiner damaligen Freundin Katharina Thalbach und deren Tochter Anna nach West-Berlin über, nachdem er in seiner Heimat als „Feind der DDR“ betrachtet, wegen politischer Aktivitäten als Dissident vor Gericht gestellt und verurteilt wurde. 

Das Doppelalbum „Woanders“ wurde am 19. Februar veröffentlicht, was der 76. Geburtstag des 2001 verstorbenen Brasch hätte sein können. Gemeinsam mit Chris Imler (Schlagzeug) und Andreas Bonkowski (Gitarre, Keyboards, Bass) entstanden 17 Songs, die als elektronischer Indiepop zwischen New Order und Quarks gut umschrieben werden können. Mit der Band Tarwater („Haut“, „Märchen“), Andreas Spechtl von Ja, Panik („Maschinen) und Dirk von Lowtzow von Tocotronic („Das Meer“) fanden sich weitere Gastmusiker im Studio ein.   

Möglicherweise finden diese Konzerte statt:
11.05.21 Düsseldorf – Zack
12.05.21 Heidelberg – Karlstorbahnhof
13.05.21 Stuttgart – Merlin 


    


Heute schielt ihre Musik bisweilen in Richtung eines kalten Electro-Wave – etwa in der Single „Geister“, in der Braschs Zeilen „Ich kann nicht tanzen / Ich warte nur / In einem Saal aus Stille“ zugleich Trip-Tief wie Post-Wende-Tristesse bedeuten könnten, oder nimmt die Form trauriger Postrock-Chansons an, wie im wunderschönen „Blaudunkel“: „Ins Blaue und ins Dunkle / Geht alles Lächeln einst / Ins Dunkel und ins Blau / Wenn du heut Worte weinst.“
Das Titelstück ist schmerzlich tongue-in-cheeky, die alte Sehnsucht: „Wenn man woanders wär / Vielleicht an der Küste / Oder vielleicht nebenan / Woanders / Wenn man an einer Post stehen könnte / Oder am Meer / Im Schnee vielleicht.“
WOANDERS ist auf vielen Ebenen magisch, lediglich: mit gut 70 Minuten Intensität ein wenig zu lang geraten. Kann trotzdem gut sein, dass es hier schon die merkwürdigste Pop-Transzendenz, den dicksten Kloß im Hals gibt, den dieses Jahr kennenlernen wird. Wenn man woanders wär? Vielleicht lieber hier drin.


 


(…) doch erst in der Prosa von Brasch, den sie als »David Bowie der deutschen Lyrik« bezeichnet, fand sie den Text, der ihre zwiespältigen Gefühle zu Heimat und Entfremdung so adäquat abbildete, dass sie nun erstmals ganz selbstgewiss auf Deutsch singt, als hätten bisher nur die richtigen Worte gefehlt.
Qrella gießt sie in atmosphärische Chansons wie »Blaudunkel«, deren Kitschpotenzial sie durch grell verzerrte Gitarren in Schach hält: »Ins Blaue und ins Dunkle/ Geht alles Lächeln einst/ Ins Dunkel und ins Blau/ Wenn du heut Worte weinst.« Existenzieller ist Braschs Poesie in »Straßen«, das Qrella mit hektischem Elektro-Jazz und synthetischen Handclaps untermalt: »Durch die großen Städte, gehen wir durch das harte Licht/ Sehen in tausende Gesichter/ Unser eigenes sehen wir nicht.«




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