Neil Barnes ist Mitbegründer der Band Leftfield, die sich auf der Spielwiese der elektronischen Musik austobten und in den 90er Jahren mit ihren Alben „Leftism“ (1995; #3) und „Rhythm And Stealth“ (1999; #1) im Vereinigten Königreich sehr erfolgreich waren. Danach löste sich die Band für mehrere Jahre auf, um 2015 und 2022 noch zwei weitere, sich etwas weniger gut verkaufende Alben zu veröffentlichen.
Im Jahr der Leftfield-Rückkehr veröffentlichte auch Georgia, die Tochter von Neil Barnes ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Zuvor war sie beispielsweise als Schlagzeugerin von Kae Tempest aktiv. Mit dem Nachfolger „Seeking Thrills“ konnte sie dann 2020 erstmals in ihrer Heimat die Charts entern: Platz 24 der Official Album Charts und Rang 1 der Independent Album Charts.
Damals titelte das Vice Magazine: „Georgia Is Back with a Euphoric, Late-Night Dance Sound“. Diesen Artikel scheint Georgia auch gelesen zu haben und benannte ihr drittes Album „Euphoric“ und setzt weiterhin auf tanzbaren, überschwänglichen Elektro-Pop, der auch in der Hochphase von Leftfield gut in der Disco hätte laufen können, jedoch eher eingebettet zwischen Songs von Kylie Minogue, Robyn und Madonna.
Als Produzent fungierte Rostam Batmanglij, der auch schon Carly Rae Jepsen, Haim oder Santigold zur Seite stand. Das ehemalige Mitglied von Vampire Weekend hatte Georgia kontaktiert, da er von ihrer Stimme so begeistert war.
„Euphoric“ ist als CD, Kassette und LP (black Vinyl, amethyst Vinyl, translucent yellow Vinyl, translucent pink Vinyl) erschienen.
Und tatsächlich stellt „Euphoric“ die freundliche Sanftheit und Nahbarkeit dieser Stimme in den Mittelpunkt hochfliegender Melodien. Etwa im Auftakt, „It’s Euphoric“, der als Single schon im März dieses Jahres Englands Frühlingsgefühle weckte. Der Sound des Lieds weist den Weg ins Werk: Die Programmierungen sind perkussiver als auf dem Vorgänger, es ist Holz im Spiel. Ähnlich unwiderstehlich ist „Give It Up For Love“, das auch Madonna Anfang der Nullerjahre hätte singen können. Es kommt nicht von ungefähr: Bei dem Lied wirkt kein Geringerer mit als William Orbit. Aber auch anderswo bedienen sich Georgia und Rostam der Klangästhetik jener Jahre.
So eine Neuausrichtung ist zwar nicht per se schlecht, manche Songs sind super eingängig und transportieren die Euphorie perfekt („It’s Euphoric“) – es gibt aber auch übertrieben Fröhliches in Form nerviger Jahrmarkt-Synths („All Night“). Was fehlt, ist die Melancholie, durch die Euphorie erst richtig glänzen kann.
6 Punkte.
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AntwortenLöschenIch bin nicht euphorisiert. 5 Punkte
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