Vor Weihnachten wurden vom Maifeld Derby in einer Art Adventskalender die ersten Bands für das Festival 2024 bestätigt. Nach dem ersten Tür...

Chelsea Wolfe - She Reaches Out To She Reaches Out To She


Vor Weihnachten wurden vom Maifeld Derby in einer Art Adventskalender die ersten Bands für das Festival 2024 bestätigt. Nach dem ersten Türchen war klar, dass ich dort hin muss. Neben Slowdive wurden dann auch noch andere für mich interessante Künstler, wie Hania Rani, Edwin Rosen oder Hannes Wittmer, bekannt gegeben. Im ein oder anderen Fall muss ich mich erst einmal einarbeiten, wie bei Chelsea Wolfe.

Die US-Amerikanerin hat bisher einige Alben heraus gebracht, die mich musikalisch in dieser Kombination (von Doom Metal, Experimental, Gothic Rock, Neofolk bis Noise ist die Rede) nicht direkt ansprechen. Nach 5-jähriger Veröffentlichungspause gibt es nun „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ käuflich als CD, Kassette und LP (black Vinyl, Ink in Water coloured Vinyl, transparent green Vinyl, pink in purple Vinyl) zu erwerben.

Für ihr insgesamt siebtes Studioalbum unterzeichnete Chelsea Wolfe einen Vertrag bei Loma Vista Recordings und verpflichtete Dave Sitek (TV On The Radio, Yeah Yeah Yeahs, Foals, Beady Eye) als Produzenten, der die Soundlandschaft von Chelsea Wolfe oiffensichtlich einmal auf links drehen durfte. Den oben genannten Genres kann man zwar noch nachspüren, etwa im Doom Metal-artigen Ausbruch am Ende des noisigen Openers „Whispers In The Echo Chamber“, danach spielen aber schleppender Trip Hop, zerhackter Industrial und elektronischer Indierock eine gewichtigere Rolle in der weiterhin düsteren Welt der Chelsea Wolfe. 

Würde ich jemanden kennen, der gern Fever Ray, Björk, Zola Jesus, Portishead und Nine Inch Nails hört, ich würde ihm „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ empfehlen.

Chelsea Wolfe spielt neben dem Maifeld Derby vier weitere Konzerte in Deutschland:
06.06.24 Köln, Die Kantine
07.06.24 Berlin, Astra Kulturhaus
22.06.24 Hamburg, Gruenspan
26.06.24 München, Technikum


Zumal die zehn Songs die Reduktion des Vorgängers keineswegs fortführen, sondern sich dicht mit einer Vielzahl von Produktions- und Arrangementdetails behängen. Wenn "Everything turns blue" seinen von Gitarrenschleiern und kaputten Strobolichtern begleiteten Höhenflug plötzlich abdreht, klingt das, als würde jeder Ton von der Erde verschwinden. Es ist nicht der einzige Track mit einer erschütternden Laut-Leise-Dynamik: Der derangierte TripHop von "Tunnel lights" bricht zu Piano-Stottern zusammen, nur um den Puls mit erhöhter Magnitude wieder aufzunehmen, ehe das um die eingängigste Hook des Albums gebaute "The liminal" am Ende die Feedback-Maschine anschmeißt. Im Kontrast dazu bezieht "Eyes like nightshade" seine Genialität aus einem von Anfang an komplett lichtundurchlässigen Percussion-Dschungel. Zerhackte Beats, Schellenkränze und Blasinstrumente verschlingen sich gegenseitig, als hätte Wolfe Björks Pilznetzwerk gehackt. (…)
"Place in the sun" täuscht eine Pianoballade an, bevor Synth-Streicher und Hyperpop-Glitches an den Rändern zerren und eine geometrisch nicht messbare Wohlklangsskulptur daraus formen. Das abschließende "Dusk" drückt mit zunehmender Laufzeit immer tiefer ins Fleisch, um im transzendentalen Finale nicht nur den Griff zu lockern, sondern gleich alle Körpergrenzen aufzulösen. Dass Musik so eigenständig, so bewusstseinserweiternd, so auf jeder Ebene phänomenal sein kann, ist genau wie Chelsea Wolfe selbst: mehr als nur ein Mythos.


 


   


 



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