Neulich habe ich mir die deutschen Singles Charts angesehen. Mir waren nahezu alle Lieder (und es waren 100!) unbekannt und ich war froh, wenn ich zumindest auf einen bekannten Interpreten stieß.
Auf Platz 30 rangierte Tom Odell und mir fiel ein, dass ein neues Album von ihm veröffentlicht werden sollte, so dass dies bestimmt eine der Singles daraus sein musste. Weit gefehlt! Auf Platz 30 stand „Another Love“, seine Debütsingle aus dem Jahr 2012, die sich seit April 2016 ununterbrochen in den deutschen Charts aufhält und mittlerweile auf eine Verweildauer von 207 Wochen kommt! Da kann noch nicht einmal ein Herr Apache 207 mithalten, der vermutlich erst in 4 Wochen seinem Namen gerecht werden wird.
„Another Love“ ist übrigens die einzige Single des mittlerweile 33-jährigen Engländers, die in Deutschland zu Chart-Ruhm kam. Das dazugehörige Album „Long Way Down“ konnte Platz 17 erreichen und hielt sich insgesamt 16 Wochen in den Bestenlisten. Weitere Alben konnten da bei weitem nicht mithalten, „Monsters“ (2021) und „Best Days Of My Life“ (2022) verpasste zuletzt sogar die Charts komplett. Nun gelang Tom Odell mit seinem sechsten Album jedoch der Einstieg auf Platz 32.
„Black Friday“ ist als CD und LP (black Vinyl, purple Vinyl) erhältlich, kommt mit 9 akustischen, melancholischen Folkpop-Songs (und vier eben so kurzen wie überflüssigen Einschüben) aus, schafft den Spagat zwischen intimem LoFi-Charakter und teilweise orchestralen Arrangements, läuft weniger als eine halbe Stunde und hat sein Highlight im Titelsong, der nach Radiohead zu „The Bends“-Zeiten klingt:
Offensichtlich reicht der eine große Hit, um auch größere Hallen in Deutschland gut zu füllen:
24.03.24 Köln, Palladium (ausverkauft)
25.03.24 München, Zenith (ausverkauft)
30.03.24 Hamburg, Sporthalle (ausverkauft)
31.03.24 Berlin, Velodrom
01.04.24 Frankfurt, Festhalle
Das erste Stück „Answer Phone“ zum Beispiel beginnt so intim wie die Musik von Eliott Smith, bevor nach gut einer Minute unaufdringlich und spielerisch klingende Streicher ins Spiel kommen. Das kleine Orchester prägt auch viele der weiteren Songs. Die Musiker:innen spielen nicht nur mit, sie verändern die Klangfarbe der Lieder, was in den besten Momenten an die Arrangements erinnert, die Joe Boyd 1970 für Nick Drakes BRYTER LAYTER schrieb.
Tom Odells Folk-Pop-Balladen verströmen ein Empfindsamkeits-Pathos, mit dem sich nur noch Damien Rice messen kann. Mit dem Titelsong, einem Blockbuster-Schmachtfetzen samt ozeanüberspannendem Kitschbogen, übertrifft er den Iren sogar noch. Wenn Odell seine Stimme mal schont und verträumt auf der Akustischen zupft, erinnert er auch an Sufjan Stevens und Justin Vernon.Es sind die kleinen, mitunter kaum mehr als zwei Minuten langen Stücke, die das Album doch zum Genuss machen: himmlische Miniaturen wie „Spinning“ und „The End Of The Summer“. Odell leidet an der Liebe, die Streicher zittern. Und dann hebt das Orchester ab.
6,5 Punkte
AntwortenLöschen6 Punkte.
AntwortenLöschenAxel gibt 7.5
AntwortenLöschenGar nicht so schlecht: 7 Punkte
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