Jason Isbell And The 400 Unit - Weathervanes

Laut einer 2016 im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichten Studie landen wir im Alter alle bei Country Music. 

Die Forscher haben, ausgehend von ihren Untersuchungsergebnissen, bei denen 250.000 Menschen über 10 Jahre hinweg begleitet wurden, ein Modell entwickelt, welches den Musikgeschmack in fünf Lebensphasen einteilt: intense, contemporary, mellow, sophisticated und unpretentious.

Die fünfte und letzte Phase lässt sich mit schlicht, bescheiden oder anspruchslos übersetzen und da wären wir auch schon bei Schlager, Volksmusik und Country angekommen. 

Ein Plattenrichter ist seiner Zeit (und uns) weit voraus und hat diesen letzten Entwicklungsschritt bereits vor einigen Jahren hinter sich gebracht und deshalb sei hier heute „Weathervanes“ vorgestellt.

Es ist das neunte Studioalbum von Jason Isbell (und das sechste mit The 400 Unit), das er selbst produziert und über sein eigenes Label Southeastern als CD und Doppel-LP veröffentlicht hat. Die Schallplatte gibt es in folgenden linitierten Auflagen: Red Translucent w/ Black Swirl Vinyl, Olive Green Opaque Vinyl, Translucent Black Vinyl, Orange Translucent Viynl, Light Blue Translucent Vinyl und Opaque Brown Vinyl. Die 13 Songs lassen den Hörer um mehr als die Stunde Spielzeit altern und erhalten dennoch viele positive Kritiken (82/100 Punkten bei Metacritic):

 

Sentimental-romantisch kommt dann die Ballade „Strawberry Woman“ daher, ehe es mit „Middle In The Morning“ wieder um die eigenen Dämonen und dem Kampf gegen sie geht. „Save The World“ setzt bei einer leider mittlerweile fast schon uramerikanischen Tragödie an: Dem Amoklauf in einem Klassenraum. Der Sänger hat Angst um seine Kinder, fragt sich wie er sie heil durch diese Welt der Gewalt und hofft, dass der geliebte Mensch die Welt retten kann. „Cast Iron Skillet“ ist dann eine dunkel-poetische Reflektion über Gewalt und Rassismus im Süden. Und auch die weiteren Songs wie „Volunteer“ oder „White Beretta“ zeigen mit ungeschminkten Worten den verstörenden amerikanischen Albtraum auf. (…)

Musikalisch ist dies alles vom Feinsten. Von der Stimmung her nachdenklich und bitter, wird das Tempo nie wirklich schnell. Aber dennoch mitreißend, die Melodien bleiben im Ohr. Isbell kann einfach starke Songs schreiben. 

(Country.de)

 

Jason Isbell schreibt Countrysongs, die funktionieren wie Liebesfilme. Traurig sind sie und dabei wenig subtil, oft sentimental und darin ultradirekt. Darauf hat natürlich nicht jeder Bock, zumal Isbell in einem rauchig-knödeligen Südstaatentwang singt, der ebenso gewöhnungsbedürftig ist wie jene stilvollen Gitarrensoli, die er mit zugekniffenen Augen und fest in der Unterlippe verbissenen Schneidezähnen spielt. (…) 

Death Wish heißt der erste Song auf Weathervanes, er handelt von einer Frau, die mit bereits tot erscheinenden Augen auf dem Dach ihres Hauses steht. In Save the World (natürlich musste ein Song so heißen) geht es um ein Elternpaar, das sich wegen der zahlreichen Amokläufe an US-amerikanischen Schulen um seine Kinder sorgt. Cast Iron Skillet erzählt die Geschichte eines rassistischen Mannes, der den Kontakt zu seiner Tochter abbricht, weil deren Schwarzer Freund nicht in die väterlichen Vorstellungen von Familie passt. Isbells Songs machen diese Figuren und ihre Geschichten lebendig. Sie bringen Themen auf eine berührbare und auch berührende Ebene, die zu häufig an verhärteten Frontlinien entlang verhandelt werden.

(Zeit Online)

 

„Save The World“ (School Shootings) bleibt generisch, anders als „Cast Iron Skillet“ (Southern-Erbe). Dazu spielt die 400 Unit groß auf, vom streicherumwogten „Death Wish“ (mit einem tricky Beat) über den Akustik-Zauber „Strawberry Woman“ und das Keef-beseelte „This Ain’t It“ bis hin zur Schlusssuite „Miles“. Und Shires mischt auch mit, natürlich.

(Rolling Stone)