Diesen Apfel möchte man erst genießen, nachdem die faulig-matschige Stelle entfernt wurde. In diesem Punkt entsprechen sich Platte und Pla...

International Music - Ententraum

 

Diesen Apfel möchte man erst genießen, nachdem die faulig-matschige Stelle entfernt wurde. In diesem Punkt entsprechen sich Platte und Plattencover recht gut.

Ähnlich wie beim Vorgänger „Die besten Jahre“, der hier 2018 mit 7,25 Punkten Rang 63 erreichen konnte, mäandern International Music auf repetitiven, schwermütigen Krautrock-Pfaden, schweben auf psychedelischen Wolken dahin und frönen der Überlänge. Stolze 64 dauert der „Ententraum“ mit seinen 17 Songs. Von diesen hätten Peter Rubel (Gesang, Gitarre, Keyboards), Pedro Goncalves Crescenti (Gesang, Bass) und Joel Roters (Schlagzeug) sowie ihr Produzent Olaf O.P.A.L. (Die Sterne, The Notwist, Slut) gern den ein oder anderen entfernen können (etwa den punkigen „Spiel Bass“-Ausbruch oder die dritte Auflage von „Kopf der Band (Pedros Version)“ oder den einzigen - und deshalb etwas fehlplatziert wirkenden - englisch sprachigen Song „Misery“ und auf jeden Fall die Spoken Word-Lärm-Einlage „Der Traum der Ente“ oder...). 


 


Im musikexpress wurde „Die besten Jahre“ zum Album des Jahres gewählt und auch „Ententraum“ erhält die höchste Punktzahl (sechs Sterne):  
Das Kosmische in der Musik von International Music klingt auf ENTENTRAUM noch kosmischer, der Aberwitz kommt mit noch mehr Aber, und sogar Prog Rock darf mehr sein als ein Scherz, der vor Lichtjahren mal gut war.
Also swoooooosht man mal high wie ein Wüstendrache über die „Die Insel der Verlassenheit“, Arabesken und Handclaps im Ohr, dann wieder nimmt man die Autobahn nach Düsseldorf – „Raus ausm Zoo, rein ins Geschäft mit mir, Baby“ – und fühlt sich wie ein Heiratsschwindler auf der Flucht, in diesem Song, der in einer besseren Welt ein Achtziger-Hit gewesen wäre. Aus der „Höhle der Vernunft“ scheppern monumental Schlagzeug und Sprechgesang, im Quasi-Titelsong werden alle Enten (und wir) beim Träumen zugleich schlauer und dümmer, und aus den Tiefen aller verliebten, verunsicherten Seelen hallt es kühl: „Fass bitte nichts an, das ist mein Museum.“ Der Song heißt „Museum“, und er endet, wie sehr vieles auf ENTENTRAUM, nicht wie angenommen.


  


Wenn man diesen gar nicht miesepetrigen, sondern erhebenden Song hört, oder auch »Wassermann«, das klingt, als hätten Joy Divsion zusammen mit Kraftwerk eine Rockoper von The Who vertont, dann ist wundersamerweise plötzlich alles egal. Dann löst sich das Elend einfach in Wohlgefallen auf, der Kopf wird frei. (…)
Es verhallt im lieblichen Chorgesang (Byrds!) der drei Musiker, zerstäubt in erlösenden Pop-Melodien, die aus den Sechzigerjahren in die Gegenwart transzendieren, als wäre Psychedelic-Rock auf einmal wieder ein Genre mit Relevanz und Rockmusik generell eine Droge, die noch funktioniert: Und warum nicht? Wann, wenn nicht jetzt vor der Seltsamkeit kapitulieren? Ganz ohne angestrengten Diskurs, nicht von links, nicht von rechts oder gar quer, sondern lustvoll all over the place. Komm, süßer Wahn! Die Höhle der Vernunft wird gesprengt.


 


International Music (möglicherweise) live:
11.06.2021 Essen, Zeche Carl
12.06.2021 Mainz, Zitadelle
09.07.2021 Schorndorf, Manufaktur
04.10.2021 Köln, Gebäude 9
05.10.2021 Hamburg, Uebel & Gefährlich
08.10.2021 Rostock, Peter Weiss Haus
09.10.2021 Leipzig, Naumanns im Felsenkeller
12.10.2021 Dortmund, FZW
13.10.2021 Hannover, LUX
14.10.2021 Bremen, Lagerhaus
16.10.2021 Jena, Kassablanca
17.10.2021 Dresden, Groovestation
21.10.2021 Düsseldorf, zakk
22.10.2021 Augsburg, Kantine
23.10.2021 München, Technikum
24.10.2021 Darmstadt, Centralstation
25.10.2021 Stuttgart, Merlin
26.10.2021 Bern, Dachstock
27.10.2021 Zürich, Bogen F
28.10.2021 St. Gallen, Palace
29.10.2021 Basel, Kaserne
31.10.2021 Berlin, Festsaal Kreuzberg
04.11.2021 Nürnberg, Club Stereo
05.11.2021 Wien, Fluc
06.11.2021 Ingolstadt, Kunstbühne Neue Welt


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