Sporadisch trafen sich Julia Stone und Thomas Bartlett, alias Doveman, zwischen 2015 und 2019, um immer mal wieder gemeinsam in New York neue Songs zu komponieren und aufzunehmen. Irgendwann stieß auch Annie Clark aka St. Vincent hinzu, die schon mit Bartlett auf „Masseducation“ (2018) kooperierte,um mitzusingen, Gitarre zu spielen oder die beiden als Produzenten zu unterstützen. Bei dieser Kombination nimmt es nicht Wunder, dass „Sixty Summers“ eine Abkehr vom Folk ist, dem Julia Stone auf zwei Soloalben und gemeinsam mit ihrem Bruder Angus auf vier Platten treu blieb.
„Sixty Summers“ ist eine bunt schillernde Sommer-Pop-Platte geworden. Vertrackte Rhythmen, Calypso-Klänge, St. Vincent-Gitarrensolo, Bläsereinsatz, ein Duett mit Matt Berninger von The National, clubbige Beats, eingängige Refrains, Stimmverzerrer-Experimente, Annäherung an R&B-Sounds und 80s-Referenzen - das Trio unternimmt viel, um „Sixty Summers“ zu einem spannenden Erlebnis werden zu lassen und Stones Pop-Fantasien zu realisieren.
Schallplatten-Freunde können zwischen den limitierten Besonderheit Picture Disc (Gatefold LP, double sided picture disc with 16 page booklet with custom artwork and lyrics) und Gold Vinyl (Gatefold LP, gold disc with 16 page booklet with custom artwork and lyrics) wählen.
Schon der Opener „Break“ kreuzt Dance-Beats mit leichten Hip-Hop-Klängen, Drumsets, Bläsereinsätzen und der fragilen Gesangsperformance der Künstlerin. Ein eigenwilliger Einstieg! Warum nicht? Genau diese unerwarteten Momente machen die Stärke des 43-minütigen und 14 Tracks umfassenden Albums aus.Der Titeltrack groovt erneut mit Bläsern und leicht windigen Frühlingsgefühlen, in „Dance“ schauen dann doch Angus & Julia Stone-Stile vorbei – das hätte auch auf dem letzten Album „Snow“ gut gefallen. „Free“ hat einen stampfenden Beat mit Ohrwurmrefrain für eine Cabriofahrt durch eine laue Sternennacht, „Who“ hört sich sogar nach 90s-Clublounge an. Bei „Fire In Me“ wirkt die Sängerin fast wie Joan Jett und hat den lasziven Sexappeal gepachtet. „Queen“ ist wiederum soulig und bluesig.
Zu gut zwei Dritteln ist "Sixty summers" dennoch ein wirklich gutes Pop-Album. Ob "Fire in me " mit dramatischen Konservenstreichern und bluesigem Bassriff nach vorne stampft, "Free" geschmackvoll die Retro-Discokugel aufhängt oder sich "Who" an UK Garage und 2-Step annähert: Die 37-Jährige probiert viel aus und gibt überall eine gute Figur ab. Da lässt es sich verschmerzen, wenn auch immer noch bedauern, dass sie die Stilvielfalt größtenteils in herkömmliche Pop-Formen gießt und dabei die eigene Persönlichkeit ein wenig untergeht – "Substance" könnte etwa auch 1:1 von Lorde stammen. Das eine oder andere Fragezeichen bleibt selbst im Rausch der Bewegung noch stehen. Wo genau ist abgesehen vom Eröffnungstrack noch Clarks Einfluss herauszuhören? Und haben die 50 mit Bartlett aufgenommenen Demos wirklich kein spannenderes Material als die späten Schnarcher "Heron" und "Unreal" abgeworfen?
6 Punkte
AntwortenLöschenDer Start mit etwas mehr Girlpop ist toll, dann driftet es mir zu sehr in Richtung "Disco" ab.
AntwortenLöschen6,5
Ein mutiges Pop-Album, dass durch Matt Berninger einen halben Zusatzpunkt erhält.
AntwortenLöschen6,5 Punkte