Fangen wir mit den schlechten Nachrichten an: erschreckend scheußliches Albumcover, Auto-Tune verseuchter Titelsong, größtenteils maue Plattenkritiken in Deutschland (Kostproben weiter unten) und dann verstarb mit Philippe Zdar (Cassius, Phoenix, Two Door Cinema Club, Franz Ferdinand) noch einer der beiden Produzenten zwei Tage vor der Albumveröffentlichung.
Die gute Nachrichten direkt hinterher: nach mehr als vier Jahren Wartezeit gibt es mit „A Bath Full Of Ecstasy“ endlich wieder ein neues Album von Hot Chip, die im Dezember noch einmal zu zwei Konzerten nach Deutschland zurück kehren werden (03.12.19 Berlin, Columbiahalle und 11.12.19 Hamburg, Docks), dem zweiten Produzenten, Rodaidh McDonald (The xx, The Horrors, Vampire Weekend), geht es gut, und im englischsprachigen Raum sind die Plattenkritiken sehr viel wohlwollender, so dass Metacritic mit 83/100 Punkten die höchste Durchschnittsbewertung aller sieben Hot Chip Alben notiert.
Es ging bei den Briten ja immer auch um den Sound der Exzentrik, A BATH FULL OF ECSTASY kommt nun einem Besuch in der Waschstraße gleich, die Songs eingeseift, durchgespült. Euro-Disco unter der Dusche?
Der Titeltrack schwimmt in Auto-Tune und mutlosen Keyboards, eher Ballade auf Chip Lite als eindrucksvolles Pop-Statement, das man sich von dieser Band wünscht. Die vielen subtilen Effekte und Verzerrungen helfen nicht aus der Not. Bombast war selten ein guter Helfer. Philippe Zdar hat Hot Chip laut Aussage der Band mehr Luft verschrieben, dazu gehörte der Einsatz eines Hallgerätes. In diesem Hall ist der Band erstmals im Laufe der letzten 15 Jahre der Fokus verloren gegangen.
(musikexpress)
Völlig handzahm erleben wir auf „A Bathful Of Ectasy“ Vocoder-Gesangsausflüge in die ganz kuschelige Ecke, blubbern Beats after-work-bar-tauglich aus teurer Laptop-Software und klimpern Synthie-Melodien Erhabenheitsmomente, um den Hörern zaghafte Raise-The-Roof-Handbewegungen zu entlocken.
Einen Song wie „Shake A Fist“ von ihrem besten Album „Made In The Dark“, der wagt, der spinnt, der sich austobt und eigene Dynamiken entwickelt:
Derartiges ist von den lammfromm gewordenen Hot Chip um’s Verrecken nicht mehr zu erwarten. Man höre sich einen solchen Song als direkten Vergleich zum jetzigen Kram an.
(musikblog)
"A Bath Full Of Ecstasy" beginnt mit "Melody Of Love" erschreckend platt: Es ist ein dumpf anmutendes Stück, das zart beginnt und sich stetig zu einer technoiden, bombastischen und überproduzierten Stadionhymne entwickelt, in die etwas unmotiviert ein Gospelsample eingefädelt ist. Auch die bereits vorab veröffentlichte Single "Hungry Child" überzeugt vor allem durch das dazugehörige sehr innovative Video und weniger mit der Musik.
Der im Popgeschäft überstrapazierteste Soundeffekt der letzten Jahre, Autotune, wird ebenfalls eingesetzt, dankbarerweise aber nur auf dem Titeltrack. Verstehen wir es als Hinweis darauf, dass Hot Chip auch nach 20 Jahren im Musikgeschäft nicht bei sich selbst stehengeblieben sind, sondern wissen, wie Popmusik heutzutage funktioniert. Es ist aber auch ein Fingerzeig darauf, dass Hot Chip so etwas nicht brauchen und anders funktionieren als die anderen.
(BR)
Knappe 6 Punkte.
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenMit etwas Wohlwollen: 7 Punkte
AntwortenLöschenFelix sagt:
AntwortenLöschenHot Chip - A Bath Full Of Ecstacy (bestimmt nicht ihr bestes Album. Etwas Luft ist raus, aber der Ballon schwebt immer noch über vielen anderen Electropopbands
6,5