Sind Prag ohne Nora Tschirner so wie ein tschechischer Kinderfilm ohne Vladimír Menšík*? Erik Lautenschläger und ...

Prag - Es war nicht so gemeint




















Sind Prag ohne Nora Tschirner so wie ein tschechischer Kinderfilm ohne Vladimír Menšík*?

Erik Lautenschläger und Tom Krimi geben alles, um Tschirners Weggang zu kompensieren: Ihr drittes Album „Es war nicht so gemeint“ wird gleich mit 15 Songs (und einem kurzen Instrumental) angefüllt, die wie gewohnt dem filmischen Chansons der 50er und 60er Jahre huldigen und in opulenten Orchesterarrangements schwelgen. Mit der Schauspielerin Josephin Busch wurde sogar ein Ersatz gefunden, der einmal mit Lautenschläger duettieren („Der Moment“) und gesanglich zwei Solo-Stücke („Es scheint“ und „Der Mond“) beisteuern darf. 

Dass im Opener „Erste Schritte“ Herman van Veen im Text genannt wird, ist auch musikalisch gar nicht so verkehrt, „Komm doch“ wartet mit tollem Chorgesang auf und „Der Moment“ sowie (mein persönliches Album-Highlight) „Amnesie“ wären gute Single-Kandidaten, auch wenn sich in dieser Kategorie kein Song finden lässt, der „Sophie Marceau“, „Bis einer geht“ oder „All die Narben“ das Wasser reichen kann. Auch nicht „Es wird anders sein“, welches vom Duo als erste Single ausgewählt wurde.

Nach „Premiere“ und „Kein Abschied“ belegen Prag mit „Es war nicht so gemeint“, dass es auch ohne Nora Tschirner weitergehen kann. Man darf gespannt sein, ob dies auch für Konzerte gilt, bei denen sie noch deutlicher im Mittelpunkt stand als auf den Alben. Live-Terimine gibt es aktuell noch keine.




Tom Krimi und Erik Lautenschläger verweigern sich dem Zeitgeist, sie spielten alle ihre leichten und doch komplexen Kammerspiel-Lieder live ein und übertrugen so eine Sinnlichkeit und Freude, die eben nicht gespielt wirkt. 
In manchen Songs kommt Josephin Busch (auf dem Debüt war es noch Nora Tschirner) als Gastsängerin dazu, und man merkt, dass die drei sich bei Kinderplatten-Produktionen kennengelernt haben: Ein charmanter Hörspiel-Charakter schleicht sich in die schlauen Lieder ein, und man lauscht gebannt den leichten, aber doch immer großen Geschichten. Denn wie singen sie an einer Stelle so schön Morrissey’esk? »Kann ich nicht einmal aufhören zu denken?«(intro)


Die große Frage an "Es war nicht so gemeint": Gelingt Prag der Spagat? Tatsächlich verfügt das Album längst nicht über die Durchgängigkeit von "Premiere" und "Kein Abschied", dennoch erscheint der eingeschlagene Weg die richtige Richtung zu verfolgen. Denn Durchgängigkeit kann auch zur Eintönigkeit werden, wenn man die Instrumentierung auch noch so sehr aufbliese. Prag haben trotz der Trennung von Tschirner Schwung und Elan genug, ein Album zu produzieren, das vielen wichtig sein wird – und gleichzeitig vielleicht noch das ein oder andere neue Herz zu erobern weiß.(Plattentests)


* „Das Mädchen auf dem Besenstiel“, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Wie man Dornröschen wachküßt“, „Die Märchenbraut“, „Die Besucher“ und „Der fliegende Ferdinand“


4 Kommentare:

  1. Nach dem Konsum einiger Platte wünsche ich mir manchmal durchaus eine partielle Amnesie. 6 Punkte inklusive Bonus, weil die "Schauspielerin" nicht mehr dabei ist.

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  2. Mir fehlt Nora ein bisschen, da ich Josephin Busch nicht als adäquaten Ersatz sehe. Allerdings haben sich im Rahmen des Abgangs die Jungs anscheinend gesteigert, so dass doch ein starkes Album dabei rum kommt.

    8

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