Die eine Grand Prix-Siegerin gegen....
Lena Meyer-Landrut, wie die 21-jährige Künstlerin mit vollem Namen heißt, wurde mit Hilfe der Casting Show "Unser Star für Oslo" entdeckt und ihre erste Single "Satellite" erreichte mit 246 Punkten den ersten Rang beim Eurovision Song Contest 2010 in Oslo. Der Song kletterte anschließend in sechs Ländern auf Platz 1 der Single-Charts. Lena trat als Titelverteidigerin auch beim folgenden europäischen Gesangswettbewerb an und belegte mit "Taken By A Stranger" den 10. Platz.
"Stardust" ist das mittlerweile dritte Album von Lena. Die 12 Titel wurden von Swen Meyer (Tomte, Kettcar, Olli Schulz) und Sonny Boy Gustafsson (Miss Li) produziert und bei 8 Titeln wird Lena mit als Songwriterin geführt. Entstanden ist ein nettes, unaufgeregtes (aber leider auch nicht aufregendes) Pop-Album mit Sixties-Anleihen, feinen Arrangements (Bläser, Streicher, Handclaps, Xylophon usw. an den richtigen Stellen) und - anders als bei den Platten, bei denen Stefan Raab die Hände mit im Spiel hatte - ohne nervende Ausfälle.
Die gleichnamige Vorab-Single erreichte wie "Taken By A Stranger" den 2. Platz der deutschen Single-Charts und auch die Kritiken zum Album sind recht wohlwollend:
Der große Hit des Albums ist zweifelsohne die erste Single-Veröffentlichung „Stardust“, in der sich Lenas dünnes Stimmchen in den Weiten der Klanglandschaft verliert und die starke, Percussion-lastige Melodie verziert und verzerrt. In den besonders starken Momenten des Songs hört man von Lena nur ein „Ooh-oh-oh-oh-oh-oh-ooh“, was keine Kritik an Lenas Sangeswerk, sondern ein Lob der Komposition ist.
Dafür darf sie in „ASAP“ gesanglich punkten. Kokett singend fordert sie ihren Loverboy herbei, ihre klare Stimme kommt in der Kollaboration mit der dreckiger klingenden, schwedischen Sängerin Miss Li zum Tragen. Der stark auf polyphonen, eingesungenen Elementen basierenden Melodie verleiht Lena mehr Eindringlichkeit, der Song wirkt im Zusammenspiel der beiden Sängerinnen dynamischer. Er will zwar nicht recht in die bisherige Lena-Diskographie passen, flüstert aber leise: Hier kommt sie, die künstlerische Emanzipation.
Allerdings ist das nur ein kleiner Funken Innovation, der aus einem ansonsten sehr nach Lena klingenden Album hervorblitzt. Viele ihrer Eigenheiten werden in einer Parade präsentiert: Im letzten Refrain der lieblichen Swing-Nummer „Mr. Arrow Key“ gehen Lena im melodischen Genuschel auf einmal die harten Konsonanten aus, zugunsten des Ohrwurm-Potenzials wird der halbe Refrain von „Pink Elephant“ zahlreichen „ohoh!“s geopfert. Das hätte man besser auch bei „Neon (Lonely People)“ gemacht, dessen Refrain noch einer der höherwertigen flachen Texte ist: „As the sun goes down, / neon is all we have / and it‘s calling all the lonely people.“
Diese Charakteristiken wirken aber eher charmant, die zwei Girlie-Songs „Day to Stay“ und „To the Moon“ sind hingegen sehr überspringenswert. „Better News“ schlägt zwar eine ähnliche Richtung ein, schafft es aber mit einem klugen Aufbau und einer flotteren Dramaturgie den rosa Plüsch- und Lollipop-Schmalz der ersten beiden Songs abzustreifen. In der ganzen Bubi-Anhimmelei ist damit auch alles an Emanzipation entschwunden.
Irgendwie will es auch nicht recht in Lenas Selbstverständnis als mittlerweile weniger abhängige Künstlerin passen. Viele Stücke der Songs, neben „Stardust“ und „ASAP“ besonders das flotte „Bliss Bliss“ und das Florence and the Machine-ähnliche „I’m Black“, zeigen, wie sich Lena in Zukunft musikalisch entwickeln könnte. Allerdings gibt es daneben Unspektakuläres wie „Goosebumps“ bis Nerviges in „Day to Stay“, das zu ausgelutscht klingt und den Gesamteindruck doch merklich nach unten zieht.
(Focus)
Eigentlich habe sie erst mal ihre Ruhe haben wollen, um in Köln ein Studium anzufangen, heißt es. An der Uni war sie dann aber genau einmal, um sich einzuschreiben. Dann klopfte schon wieder die Plattenfirma Universal an und fragte, ob sie nicht doch ein neues Album aufnehmen wolle. Lena sagte ja und traf sich für zwei kurze, aber offenbar heftige Tage mit der schwedischen Sängerin Linda Carlsson (alias Miss Li). Die Session gab wohl den Ausschlag, sich selbst als Songschreiberin zu versuchen. Die Show, das wurde ihr wohl bewusst, war vorbei. Mit der Entscheidung, als Sängerin ihren Lebensunterhalt zu verdienen, dürfte aber auch die Erkenntnis gekommen sein, dass endlich die Musik überzeugen muss.
An den meisten der 12 Titel auf "Stardust" hat sie als Texterin oder Komponistin mitgewirkt, und das, ganz positiv gemeint, hört man. Die Neuerfindung der Musik findet hier natürlich nicht statt. "Stardust" ist ein Album voll gefälligem Radiopop wie die beiden Vorgänger. Doch Lena nimmt die Emanzipation zur Songwriterin mit kleinen, aber spürbaren Schritten in Angriff. Das merkt man schon allein daran, dass sie sich nicht mehr so stark wie früher hinter Manierismen wie ihrem exaltierten englischen Akzent versteckt.
Die Nummer-sicher-Single "Stardust", die von Rosi Golan geschrieben und vorab veröffentlicht wurde, gehört zu den schwächeren Stücken des Albums, das mit der womöglich intimen Liebeserklärung "To The Moon", dem schnellen "Bliss Bliss" und der Ballade "Goosebumps" durchaus Songs von internationalem Format enthält. Weg ist die Wurstigkeit raabscher Humpta-Produktion, für das unaufdringliche musikalische Gesamtbild sorgte der Hamburger Produzent Swen Meyer, der zuvor für Tomte, Kettcar und Tim Bendzko arbeitete. Es geht um Gefühle, auch die großen, um Heimweh und Sehnsucht nach… ja, nach was eigentlich?
(Spiegel)
Lena auf Tour:
02.04.13 Stuttgart, Theaterhaus
03.04.13 München, Theaterfabrik
04.04.13 Nürnberg, Hirsch
06.04.13 Dresden, Schlachthof
08.04.13 Berlin, Postbahnhof
10.04.13 Hamburg, Grünspan
11.04.13 Kiel, Max
13.04.13 Münster, Jovel
14.04.13 Dortmund, FZW
16.04.13 Köln, Essigfabrik
17.04.13 Saarbrücken, Garage
19.04.13 Hannover, Capitol
21.04.13 Frankfurt, Gibson
Ob sie das Lied auch spielen wird?
Ich würde alle bitten richtig hinzuhören. Dieses Album lohnt nämlich deutlich mehr als man nach den Kommentaren (ich habe anscheinend nur die negativen Kritiken) meinen könnte und ist mit Abstand das bisher beste, weil ausgewogenste Lena-Album. Oder anders, würde man die Vorgeschichte nicht kennen und dieses Album würde unter anderem Namen, als Debüt einer jungen aufstrebenden skandinavischen Künstlerin oder britischen Girl-Group veröffentlicht, wären meiner Einschätzung nach deutlich mehr Rezensenten angetan. Nicht euphorisiert, dafür fehlen dem Album tatsächlich die (dunklen) Brüche, aber doch eher mit wohlwollenden Kommentaren unterwegs. Denn die Sparte, die das Album abdecken soll, deckt es mit einer gewissen Leichtigkeit und auch Eingängigkeit ab und ist dabei über weite Strecken sehr unterhaltsam.
AntwortenLöschen7,5 (könnte noch an 8 schnuppern)
apropos "richtig hinhören"
AntwortenLöschendie spannendsten alben des jahres, die auf plattenvorgericht noch keinen platz gefunden haben:
Family of the Year - Loma Vista
Parlours - All is here
The Heartbreaks - Funtimes
Lisa Mitchell - Bless this mess
Joel Alme - A tender trap
King Charles - LoveBlood
Magic Wands - Aloha Moon
The Helio Sequence - Negotiations
Vielleicht komme ich im veröffentlichungsarmen Dezember noch dazu einige dieser Platten nachzureichen. Hast du vielleicht noch genauere Hinweise auf Musikrichtung o.ä.?
AntwortenLöschen- Family of the year (perlender Indiepop mit choralen Einlagen sowie Bezügen zu 70s, ich hör da immer wieder ELO heraus)
AntwortenLöschen- Parlours (süßer, aber mitunter treibender Pop mit Girl-Vocals, die erste Hälfte des Albums ne Mischung aus Sambassadeur und Sound of Arrows, die zweite eher Lisa Mitchell vs. Azure Ray. unbedingt "Liars" anhören!)
- The Heartbreaks (Britpop as its best, krachend-energisch, sehr nah bei Pulp)
- Lisa Mitchell (Pop, Singer/Songwriter, sehr unterschätzte Frau, die auf Albumlänge nie langweilig wird)
- Joel Alme (Schweden, Jens Lekman und Moneybrother lassen grüßen, viel Pomp, hymnisch, mit Inbrunst und einer tollen Stimme vorgetragen)
- King Charles (GB, das bunteste, was das Jahr zu bieten hat, PopPopPopMelodien, ein unglaublicher Spaß)
- Magic Wands (Electrowave, mal gechillt wie Club 8, dann mitunter viel aggressiver, als wäre Ecstasy mit im Spiel, "Warrior" sollte seit Jahren eigentlich schon zum Clubinventar gehören. "Black Magic" ebenso)
- The Helio Sequence (amerikanisches Duo, das sehr ambitionierten Pop betreibt, tolle Produktion, toller Klang, mit gezupften Gitarrenspiel und Drums erzeugen sie einen Sound, der Coldplay und U2 in nichts nachsteht)
Vielen Dank für die ausführlichen Tipps! Mindestens in die Hälfte der Platten will ich sofort reinhören.
AntwortenLöschen;-)
Volker hat wie immer Recht.
AntwortenLöschen7 Punkte
Na ja, zumindest etwas besser als Bat For Lashes ist das. Aber bei euren hohen Wertungen, habt ihr doch sicherlich verliebt auf das Cover geglotzt,ihr beiden Romantiker, oder Dirk und Volker?
AntwortenLöschen4,5 Punkte