Sänger bekannter Band solo unterwegs (V)
Sollte Interpol nach Julian Plenti suchen, so wird diese Fahnung vermutlich erfolglos bleiben, denn Paul Banks hat jenes Pseudonym abgelegt und veröffentlicht sein zweites Soloalbum nach "Julian Plenti Is... Skyscraper" (2009) nun unter seinem eigentlichen Namen. Auch wenn er sich von dem Thema "Wolkenkratzer" wohl noch nicht ganz lösen konnte.
Doch wird sich "Banks", das wie sein Vorgänger in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Peter Katis (Interpol, The National, Frightened Rabbit, The Twilight Sad) entstand, auch punktemäßig in den höchsten Höhen bewegen? Vielleicht, denn zu Beginn gibt es einige Interpol-Momente ("The Base", "Over My Shoulder") und später noch ruhigere, intimere Augenblicke zu erleben, doch aber auch einige halbgare Songs ("Another Chance" und das instrumentale "Lisbon") und Sounds (zahlreiche Sprachsamples), denen das Bemühen anders als Interpol klingen zu wollen zu deutlich anhaften.
Julian Plenti konnte bei unserer Endabrechnung 2009 auf Platz 19 landen. Wie wird es wohl für Paul Banks ausgehen?
Aber bereits im Eröffnungssong „The Base“ stellt der Sänger von Interpol klar, dass er auch ganz anders kann: Zu Beginn des Songs brummt er noch, unterstützt von reichlich Hall, bedeutungsschwanger und weihevoll, wie man es so von ihm kennt. Dann aber wechselt er unvermittelt den Tonfall: Plötzlich singt da ein junger Mann mit einem recht optimistischen Blick auf die Welt.
Dieses reizvolle Wechselspiel wird den Rest des Albums über anhalten und auch musikalisch seine Entsprechung finden. Denn zwar sind immer mal wieder jene düsteren, maschinenhaften Gitarrenriffs zu hören, mit denen Interpol berühmt geworden sind, aber Banks bricht das Erfolgskonzept seiner Stammband konsequent auf: So frohgemute, freundliche Gitarren, wie sie zum Beispiel durch das Instrumental „Lisbon“ flanieren, hätten bei Interpol niemals die Endabnahme überstanden. In „Paid For That“ kreischen die Gitarren dann atonal und hysterisch.
Ansonsten ist nicht nur in „Arise Awake“ zu hören, dass Paul Banks sich die Freizeit gern mal als HipHop-DJ vertreibt: Computer-Beats und Samples bestimmen das Klangbild ebenso wie die Gitarren. Geschickt erweitert Paul Banks auf seinem zweiten Solo-Album den eindimensionalen musikalischen Kosmos von Interpol, ohne ihn aber gänzlich hinter sich zu lassen.
(Musikexpress)
Trotz weiterhin entstofflichter Stimme treibt Banks nicht bloß im eigenen Unwohlsein dahin. "Summertime is calling for you child/ To give you a sense of reliance/ To feel at home in a crowd/ The season, the season is calling/ And all of it breathes into one day/ You get out/ So get out" singt der Solitär in "Summertime Is Coming", dem einzigen Julian-Plenti-Stück auf "Banks", ein erstaunlich stämmiges, muskulöses dazu. Mit "The Base" steht der größte Song am Anfang, es folgen das schwächliche "Arise, Awake", ein inselförmiges Instrumental ("Lisbon"), ein etwas wirres "I'll Sue You" und das lärmige "No Mistakes". Kurioserweise beginnt "Over My Shoulder" mit den aus Ryan Adams' "So Alive" bekannten Akkorden. Das kleine Problem, das ich mit "Banks" habe, sind nicht etwa die durchaus zahlreichen und irgendwie outdated wirkenden Sprachsamples, sondern das Fehlen der festlichen, begräbnishaften, erdrückenden Schwere seiner Band Interpol. Doch Paul Banks hat gelernt, und die Allerfertigsten unter unseren Lesern wissen sowieso: Dies ist ein dunkler Ort, weil er ihn dazu macht.
(Spiegel)
Paul Banks auf Tour:
28.01.13 Frankfurt, Mousonturm
29.01.13 Köln, Gloria
06.02.13 Berlin, Kesselhaus
09.02.13 Hamburg, Grünspan
Viel Interpol, ein paar eigene Ideen, dazu zwei recht seltsame Instrumentals - macht in der Endabrechnung 6 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenMit etwas Wohlwollen bekommt Herr Banks von mir
AntwortenLöschen7 Punkte
Meine werten Richterkollegen haben das Album nicht oft genug gehört, es ist ein veritabler Grower. Erst war ich auch enttäuscht, dann kam ich aber immer besser rein. " I feel young again, thanks a lot!"
AntwortenLöschen8 Punkte
Schönes Cover, sieht aus wie die Frankfurter EZB-Baustelle. 6 Punkte.
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