Wehmütig-nostalgischer West Coast-Folkpop mit DIY-Charme, bei dem man in jedem Moment nachspüren kann, wie das Duo überlegt, an welcher Stelle noch ein Glockenspiel, ein Retro-Tasten- oder ein Streichinstrument hinpassen könnte, worauf man nun noch schlagen und womit man jetzt noch rasseln, knistern oder knirschen könnte. Anne von Keller und Jakob Dobers ergänzen sich gesanglich immer wieder aufs Vortrefflichste, ohne dass der Verdacht aufkommen könnte, dass es sich hier um englische Muttersprachler handelt.
Als Sorry Gilberto musizieren die beiden Berliner seit vielen Jahren miteinander und haben es mittlerweile auf fünf Alben gebracht: „Memory Oh“ (2008), „It Was The Longest Day And We Didn't Know How To End It“ (2010), „Construction Work & Stormy Weather“ (2012), „Twisted Animals“ (2016) und nun nach etwas längerer Unterbrechung „Psychoactive Ghosts“.
Das Album wurde von Florian Sievers (Das Paradies) produziert und liefert 10 Songs, die in einer Playliste gut als Verbindungsstück zwischen Herman Düne und Masha Qrella dienen könnten. „Psychoactive Ghosts“ ist seit heute digital oder als LP erhältlich.
Und was sind das für zehn wunderschöne, weitestgehend dem Songwriter-Folk-Pop zuzuordnenden neuen Songs, die Sorry Gilberto komponiert haben. Es geht schon mal sehr fluffig und melancholisch im Jingle-Jangle-Westcoast-Pop von „I’m Not Sorry“ los. Anne von Keller und Jakob Dobers beginnen gemeinsam mit den Zeilen „Lets’s go backwards through the sand / Let’s walk the shoreline ´til it ends“, und man möchte ihren Fußstapfen im Küstensand sofort bis zum Ende folgen, so einladend sind die filigranen Melodien dieses Albums. Nun, wir bleiben auf jeden Fall bis zum Ende des Albums auf der Sorry-Gilberto-Fährte. Da warten nämlich auf uns zum Beispiel noch das verspielt-verträumte, an Belle & Sebastian erinnernde „These Walls“ sowie das lässige, den Go-Betweens huldigende „Neighbours“.
„Let’s go backward through the sand“, singen sie im ersten Song „I’m Not Sorry“. Und genau so fühlt sich dieses Lied an. Die Gitarre perlt wie der Sand zwischen den Zehen, die Keyboards wehen wie sanfter Wind. Und man begleitet die zwei, bis der Strand am Horizont verschwindet. „These Walls“ beginnt mit einem harten Schlagzeug und einem Bert-Kaempfert-Bass. Dann legen sich Glockenspiel und eine klare E-Gitarre über den Rhythmus. Vorsichtige Keyboards ergänzen, und von Keller singt glockenhell. Und im Refrain: Harmoniegesang! Ein Song über einen Menschen, der seine sichere Wohnung verlässt, um den Sturm zu fühlen.„Bird (on my shoulder)“: Dobers hat einen Vogel auf der Schulter, der ihn aufmuntert, wenn er niedergeschlagen ist, während von Keller sich mit einem Hund befasst, der sich wie eine Katze benimmt. Das stolpernde „Neighbours“ beschreibt die Kieznachbarn, die sich ein Kissen auf das Fensterbrett legen, um andere zu beobachten. „Animals in the Night“ lässt Mike Oldfields „Moonlight Shadow“ assoziieren.
6,5 Punkte
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