Fans von Archive mussten ja nicht nur auf diese Plattenvorstellung lang warten, sondern  auch auf die Platte an sich. Bereits Ende April w...

Archive - Call To Arms & Angels

 

Fans von Archive mussten ja nicht nur auf diese Plattenvorstellung lang warten, sondern  auch auf die Platte an sich. Bereits Ende April war „Call To Arms & Angels“ veröffentlicht worden, 6 Jahre nach „The False Foundation“.
Als Entschädigung gibt es stolze 17 Songs, die 104 Minuten laufen. Für eine solche Menge an Musik braucht es schon eine Doppel-CD bzw. Dreifach-LP (black Vinyl oder green Vinyl oder gold Vinyl).

Gemeinsam mit ihrem langjährigen Wegbegleiter und Produzenten Jérome Devoise nahm das Kollektiv um Darius Keeler in den Londoner RAK Studios dieses epische Werk auf, das Elemente aus Trip Hop, Electronica und Progressive Rock zu einem stimmigen, vielschichtigen und -fältigen, aber vor allem düsteren Ganzen vereint. Geschuldet sei dies - laut Keeler - einer von Tag zu Tag seltsamer und verstörender werdenden Welt, in der das Leid, welches Covid verursachte, die Einschränkungen von Freiheiten und die Schrecken in den USA, angeführt von Trump und dem Aufschwung der Rechten, das Songwriting maßgeblich beeinflusste. Für jeden apokalyptischen oder dystopischen Film könnte hier zur Untermalung der passende Sound gefunden werden. 
Freunde von Pink Floyd, UNKLE und Massive Attack mit viel Zeit und Muße sollten dem Aufruf folgen und zu „Call To Arms & Angels“ greifen.

Im Oktober und November sind Archive in Deutschland unterwegs:
15.10.2022 Berlin – Columbiahalle
16.10.2022 Hannover – Pavillon
17.10.2022 Hamburg – Markthalle
18.10.2022 Dortmund – FZW
19.10.2022 Köln - E-Werk
26.10.2022 Stuttgart - LKA Longhorn
27.10.2022 Wiesbaden – Schlachthof
31.10.2022 München – Muffathalle
02.11.2022 Erlangen - E-Werk
03.11.2022 Dresden - Alter Schlachthof


 


17 Songs, die das Beste sind, was Archive nach einer längeren kreativen Pause geschrieben und aus einer weitaus größeren Menge von Liedern ausgewählt haben. 17 Stücke, die allesamt stark genug sind, dass sie ihre Präsenz auf diesem Werk und gleichzeitig dessen Länge von gut 100 Minuten rechtfertigen. 17 Stücke, die abgesehen von Hip Hop alles repräsentieren, was Archive stilistisch jemals angefasst haben. 17 Stücke, die fast genauso vielfältig sind, wie das vor drei Jahre erschienene “25”. Durch das sie umfassende thematische Konzept und dessen Dynamik jedoch um Längen geschlossener wirken. Und wenn der ein oder andere Song auf sich alleine gestellt vielleicht nicht zu den stärksten im Kosmos von Archive gehört, so wachsen sie doch im dramaturgischen Albumkontext über sich hinaus.


 


Epische Weiten aus Streichern und Klavier tun sich auf, die Lyrics “There’s A War” schneiden direkt unter die Haut. In wunderschönster Melancholie schwelen die Soundkomplexe um die sanfte Stimme zu fein orchestrierten Gletschern heran. Ein elegischer Einstieg in ein Album, das auch ganz andere Töne einstimmen kann.
“Mr. Daisy” etwa erinnert gleichermaßen an Electric Light Orchestra wie auch an Steven Wilson, in “Numbers” scheint hingegen der Trip-Hop der Archive-Anfangstage durch.
Im 14:35 Minuten langen “Daytime Coma” zeigt die Platte dann seine ganze Imposanz, wählt hier im Kontrast zu den anderen Songs der ersten Hälfte jedoch einen sanfteren, sorgfältig drapierten Grundton.
Überhaupt stehen einige Songs ganz im Zeichen der gefühlvollen Instrospektive, die in “Enemy” mit Kopfstimme und unheilvollem Rumoren direkt in die Gänsehaut-Skala spaziert.


 


Da sind sie also wieder, die sich hochschaukelnden Longtracks, die imposante Wolkenkratzer aus progressiven und synthetischen Stimmungen errichten und wegen denen manche Fans Archive-Platten überhaupt erst kaufen. Der erste heißt "Daytime coma" und führt in einer Viertelstunde von waidwundem Intro über stacheligen Elektro-Rock in ein tosendes Gitarren-Finale – nicht so kunstvoll verschlungen wie das unfassbare "Lights", dennoch nicht weniger als ein Monument. Auch "Enemy" beginnt betont defensiv, nervt dann jedoch mit Vocal-Shots und dunklen Flächen im Stil des "Axiom"-Highlights "Baptism", Dave Pen sprechsingt sich in Rage, und zum Schluss fliegt einem der angestochene Track förmlich um die Ohren. Fantastisch – und keine Sekunde zu lang.


 


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