Balbina hält sich nicht an Ingos Ratschlag und vertont weitere Gedankengänge. Und nicht nur das: Gerade zu trotzig se...

Balbina - Fragen über Fragen




















Balbina hält sich nicht an Ingos Ratschlag und vertont weitere Gedankengänge. Und nicht nur das: Gerade zu trotzig serviert sie dem Plattenrichter, der ihr vor zwei Jahren für „Über das Grübeln“ nur 4,5 Punkte spendierte, gleich 16 neue Songs auf ihrem Album „Fragen über Fragen“. 

Geblieben sind Balbinas optische Selbstinszenierung, ihre egozentrischen Texte samt schlichter bis charmanter Wortspiele und ihre musikalische Ausrichtung zwischen knisterndem Elektro-Pop, Frickel-R&B und Neo-Soul. Neu hinzu gekommen sind opulente Streicher Arrangements, die an Musicals, Swing oder Filmsoundtracks denken lassen, und eine größere Mannigfaltigkeit im Einsatz ihrer Stimme. 

Beim Vorgänger zückte ich selbst das 6,5-Punkte-Kärtchen und empfahl vier Songs als Anspieltipps. Diesmal dürfte die Bewertung deutlich höher ausfallen, Anspieltipps möchte ich jedoch keine nennen, denn einerseits ginge es schneller, wenn ich die weniger überzeugenden Lieder auflisten würde, die es bei einer solchen Vielzahl an Songs natürlich unweigerlich gibt, und andererseits würde der Begriff Liedern wie „Fragen über Fragen“, „Unterm Strich“, dem James-Bond-Titelstück artigen „Das Kaputtgehen“ und meinem Lieblingslied „Das Glück“ nicht gerecht werden.

Die Kritiker sind sich uneins bezüglich „Fragen über Fragen“: Während der Rolling Stone lobende Worte findet und Der Spiegel Balbina weiterhin weit über den grünen Klee hinaus lobt, ist der Musikexpress nicht überzeugt und gefällt das Album intro so gar nicht. Aber lest, hört und schaut selbst: 


Hier nun lässt Balbina ihre Stimme Neues probieren: Vibrato, Scat, Jazzphrasen, Tremoli, Seufzer. Nie als Selbstzweck, nie zur Demon­stration oder gar zum Ausleben ihrer Fähigkeiten.
Nicht nur ihre Outfits, auch ihre Stimme unterwirft Balbina ihrer Design- und Inszenierungsstrenge. Kurz freidrehen darf nur das Orchester, ganz am ­Ende von „Der Trübsaal“ – da klingt es ein paar Herzschläge lang fast atonal. Überhaupt das Orchester! Das hatte noch gefehlt. Es macht keine Pause, spielt sirupfrei und weitgehend entkitscht so dominant wie dienlich, ein erstaunliches Kunststück. Obgleich weicher, chansonhafter, popradiokompatibler, bleibt die Musik auf „Fragen über Fragen“ auf faszinierende Weise zugleich geschmeidig und sperrig wie Balbinas Lyrik. „Ich will eine Diktatur in meiner Musik/ Egal wie eine Band das sieht“, singt sie.
(Rolling Stone)




Liebeslieder gibt es nach wie vor keine auf "Fragen über Fragen": "Ich mache keine Lieder über Liebe, kein Lied über das Verlieben und auch nicht über tiefe Gefühle", behauptet Balbina in "Die Regenwolke", aber natürlich ist es einer der gefühlvollsten und Songs des Albums. "Das schlagende Herz, die einstürzenden Wände, die zitternden Hände: Ich wollte all diese Phrasen zusammenfassen, sie demaskieren und darauf hinweisen, dass ich erst dann Lieder über Liebe schreibe, wenn ich es schaffe, das festzuhalten, was wirklich ehrlich in diesem Moment ist", sagt sie im Interview.
Authentizität entstand im Pop schon immer am besten über den Umweg der maximalen Verkünstelung: Auch Balbina stellt mit Abstraktion und Distanzierung tradierte Formen und Formeln infrage - und bricht sie, um Klarheit und Nähe herzustellen. "Deshalb mach ich Dinge kaputt/ Um mich herum liegen Abfallberge und Schutt", singt sie im Finale ihres Albums mit unerhört roher Vehemenz in "Das Kaputtgehen". Die Musik dazu schwillt zu einem hymnenhaften Crescendo an, das Soundtrack für einen alternativen, einen feministischen Bond-Film sein könnte.
Dessen faszinierend vielschichtige und taffe Heldin hat die Lizenz zum Grübeln und einen Killer-Groove.
(Spiegel)




Gleich im Opener strapaziert sie die verschlungenste aller W-Fragen über: „Warum denken graue Zellen, dass sie was denken? Warum hat der Start beim T ein Ende?“ Immerhin geht es der Sängerin hier wie dem Hörer: „Fragen über Fragen überfragen mich.“ Und so grübelt sich Balbina weiter singend durch ihr Leben und dreht jeden Ton, jede Bedeutung zweimal im Mund herum. Die Songs heißen „Der Haken“, „Das Milchglas“, „Die Regenwolke“ oder „Das Kaputtgehen“ und erzählen von Aufgaben, die sie sich gibt, „damit ich etwas aufhabe“, von zu kleinen Nervenkostümen und davon, sich zu fühlen wie Porzellanservice in der Spülmaschine („so schrecklich zerbrechlich“). Einmal fragt sie: „Warum lasst ihr mich nicht, so sein, wie ich bin?“ Machen wir gerne. Muss ja nur nicht jedem gefallen.
(Musikexpress)




Die »Fragen über Fragen« wirken willkürlich aus dem Alltag gerissen, wie ziel- und gedankenlos aneinandergereiht. Auch die Alltagsbetrachtungen der 33-Jährigen sind so irrelevant und banal, dass das eigentlich Faszinierende daran ist, wie sie es überhaupt den weiten Weg bis zum Endkonsumenten geschafft haben. Dass sich Balbina jedoch am liebsten mit sich selbst auseinandersetzt, äußert sich allein dadurch, dass ganze elf der fünfzehn Stücke mit dem Wort »Ich« beginnen. Das ist monoton und anstrengend und wird auch durch affektierte Wortspiele nicht besser, die dem Hörer dort Tiefgang vorgaukeln wollen, wo nur Plattitüden herrschen. Beweisen will die Berlinerin damit scheinbar vor allem – und leider auch auf Kosten der Musik (…).
(intro)


Balbina unterwegs:

28.03.17 Leipzig Werk 2
29.03.17 Dresden Scheune
30.03.17 Erlangen E-Werk
31.03.17 Stuttgart clubCANN
02.04.17 München Strom
03.04.17 Wien WUK
05.04.17 Heidelberg Karlstorbahnhof
06.04.17 Darmstadt, Centralstation
07.04.17 Köln Luxor
08.04.17 Münster Jovel
10.04.17 Hannover Béi Chéz Heinz
11.04.17 Dortmund FZW
12.04.17 Hamburg Uebel & Gefährlich
13.04. Berlin Heimathafen Neukölln


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