Die Organisatoren des Maifeld Derby haben 2015 ein gutes Näschen bewiesen, denn am zweiten Festivaltag durfte ich nicht nur Sizarr, Archive und Mogwai sehen, sondern auch Aurora und Charlie Cunningham für mich entdecken, die beide zu diesem Zeitpunkt noch kein Album veröffentlicht hatten. Während die Norwegerin letztes Jahr „All My Demons Greeting Me As A Friend“ heraus brachte, folgt der Brite nun erst mit „Lines“.
Charlie Cunningham hatte zuvor durch zahlreiche Konzerte im Vorprogramm anderer Künstler (wie Beirut oder Mighty Oaks), Solo-Auftritte und Festivalbesuche (Reeperbahn, Way Back When, Golden Leaves usw.) die Spannung / Vorfreude auf sein Debüt geschürt. Fans die bereits die zuvor veröffentlichten drei EPs („Outside Things“, „Breather“ und „Heights“) käuflich erworben haben, müssen sich nicht grämen, da Cunningham nur auf drei dieser Songs zurückgreift und weitere neun Neukompositionen hinzufügt. Dass die insgesamt 12 Songs des Singer/Songwriters auf Dumont Dumont, dem Label von José Gonzáles, erscheinen, ist äußerst passend, da dieser auch herrlich als Referenz herhalten kann.
Cunningham konzentriert sich größtenteils auf Gesang und Gitarre, die er einerseits als klassisches Folkinstrument handhabt und andererseits eine Nähe zum Flamenco herstellt, da er diese gleichzeitig als Basis für den Rhythmus nutzt („Born“, „Breather“). Dezente Piano-, Cello-, Synthie- oder Bläsereinlagen verhindern, dass sie zu diesen intimen und reduzierten Klängen keine Langeweile gesellt.
„An Opening“ war der erste Song, den der Londoner für diese Platte schrieb. Gleich zu Beginn platziert, arbeitet sich Cunningham über feines Fingerpicking und zelebrierten Minimalismus in malerisch-schüchterne Klanglandschaften vor. Nach zweieinhalb Minuten branden schließlich Synthis auf, die kurz gen Electronica entführen. Der Brite will jedoch nicht tanzen, nur kurz aufwecken. Ähnliche Elemente, wohl aber von der ersten Sekunde an, hat das nicht minder eingängige „Minimum“ zu bieten. (…)
Mit einem Händchen für packende Melodien und clevere Arrangements pendelt Charlie Cunningham zwischen Songwriter-Minimalismus, Flamenco-Einflüssen und einem Hauch von Elektronik. „Lines“ verbindet die klassischen Einflüsse des Genres mit zeitgemäßen Sprengseln und setzt somit leuchtende, bewegende Akzente mit hohem, unabstreitbarem Suchtfaktor. Wohlfühl-Sound ohne Charts-Anbiederung – es geht eben auch anders.
(beatblogger)
Zwar bergen die Stücke auf „Lines“ im Vergleich zu seinen EPs nicht wirklich etwas Neues, doch können sie aufgrund von Cunninghams großartigem Gitarrenspiel, seinem sanften, manchmal fast schon nuscheligen Gesang und seinen persönlichen, melancholischen Texten ebenso überzeugen wie die Songs seiner bisherigen Releases.
Auch wenn man die EPs allesamt schon kennen sollte, lohnt sich das Album jedoch trotzdem, allein schon wegen des großartigen Openers „An Opening“ und dem Titelstück „Lines“ – zwei Argumente, die letztendlich sogar Indie-Nerds überzeugen dürften.
(éclat)
Charlie Cunningham unterwegs:
24.03.17 Neustadt (bei Hannover), Schloss Landestrost
25.03.17 Dortmund, Konzerthaus (Im Rahmen des „Pop Abo“)
26.03.17 Hamburg, Kampnagel
27.03.17 Berlin, Kammermusiksaal der Philharmonie
29.03.17 Münster, Jugendkirche effata(!)
30.03.17 Köln, Kulturkirche
01.04.17 Frankfurt, Heilig-Geist-Kirche
02.04.17 Mannheim, Atlantis
03.04.17 München, Carl-Orff-Saal (Gasteig)
09.04.17 Stuttgart, Theaterhaus
Musste noch jemand breit grinsen, sobald dieser Enya-Moment im ersten Song losgeht?
AntwortenLöschen8
Ich komme auf 6,5 Punkte.
AntwortenLöschen6 Punkte
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