Dass mit „Simple Forms“ offensichtlich etwas nicht stimmt, verrät einem bereits das Feedback aus der neuseeländischen Heimat von The Naked And Famous. Während sich ihr Debütalbum „Passive Me, Aggressive You“ (2010) Platz 1 der Charts sichern konnte und auch der Nachfolger „In Rolling Waves“ (2013) noch Platz 4 erreichte, schaffte „Simple Forms“ noch nicht einmal den Sprung in die Top Ten: Rang 15 im Oktober 2016.
Tatsächlich kommt das Album mit reichlich Verzögerung nach Europa, aber die großen Erfolge dürften sich auch hier nicht einstellen. Dies mag daran liegen, dass der Band ihre Indierock-Attitüde bis auf Spurenelemente abhanden gekommen ist und dass man bei der Produktion von „Simple Forms“ eher auf Bombast und Synth-Pop gesetzt hat. Auto-Tune darf natürlich auch nicht fehlen.
Mit „Higher“ oder „Laid Low“ finden sich zwar durchaus Songs auf dem Album, die sich im Gehörgang schnell fest setzen können und der Wechselgesang zwischen Alisa Xayalith und Thom Powers sorgt immer noch für spannende Momente, aber im Zweifelsfall greift man dann doch eher zu genreähnlichen Alben von Austra, CHVRCHES, Ladyhawke, La Roux oder Purity Ring.
Hier wären die Clips zu den beiden besten Songs aus „Simple Forms“, sowie zwei Reviews, die das Album recht unterschiedlich sehen:
Kürzlich erschien »Higher«, ein Eigencover ihres Hits »Young Blood«. Auf dem dazugehörigen neuen Album folgt dann noch mal der gleiche Song, diesmal mit »The Water Beneath You« betitelt, und so geht es grob weiter. »My Energy« hat Nuancen, die an Owl City oder etwas von DJ Sammy und Silver erinnern. Like, wer noch kennt. Das bisschen Schrulligkeit, das TNAF bei ihrem Auftauchen hatten, ist knallharter Produktionskalkulation gewichen. Alles auf der Platte mit dem verräterischen Namen »Simple Forms« ist darauf abgestimmt, bald schon wieder vergessen zu werden. Man ahnt bei leicht entschleunigten Songs wie »Losing Our Control«, »Backslide« oder »Rotten«, wie es klingen könnte, wenn auf den Überproduktionsexzess verzichtet worden wäre. Denn TNAF sind eine Band, die mit Alisa Xayalith und Thom Powers zwei ordentliche Leadsänger hat – und das Potenzial verkloppt. Dass es ihnen um Texte oder Botschaften nicht gehe, räumt Powers selbst ein, und man kann diese tatsächlich getrost vergessen. Und das Album auch. Und die Band gleich mit.
(intro)
Beim dritten Hörversuch merke ich jedoch, dass sich hinter dem glitzernden Vorhang aus Bass, Prunk und dicken Dubstep-Beats auch noch der Sound versteckt, der The Naked And Famous zum Liebling auf jeder Indie-Party macht: die Verbindung von Glamour und Punk, die auch noch um vier Uhr nachts zum Tanzen und Mitgrölen motiviert.
Der Track „My Energy“ wirkt im Gegensatz zu seinen Vorgängern weniger glattgebügelt. Er zeigt Kanten, kombiniert Indie-Elemente gekonnt mit den starken Elektro-Sounds und erinnert damit ein bisschen an The Subways.
Spätestens mit dem Titel „Backslide“ wird klar, dass sich The Naked And Famous nicht völlig der glitzernden Welt der Technik unterworfen haben. Die Stimmen von Alisa Xayalith und Thom Powers setzen sich gekonnt gegen den Bass durch, geben den Takt an.
So laut und basslastig wie das Album „Simple Forms“ begonnen hat, so ruhig und melodisch endet es. Der Song „Rotten“ wirkt wie eine Belohnung für alle Hörer*innen, die sich erfolgreich durch den Bass-Dschungel gekämpft haben. Er ist experimenteller, aber zugleich schlicht, in sich selbst zurückgezogen und überzeugt durch seine simple Form.
(musikblog)
Alle Songs von „Simple Forms“ kann man hier sehen / hören.
Mit 4 Punkten sicherlich großzügig bedacht.
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