Still Talk - Year Of The Cat


Ich möchte ja nicht über das Plattencover meckern, aber bei diesem Albumtitel hätte sich doch ein anderes Motiv geradezu aufgedrängt und unser Bowie hätte sich gegen ein paar Leckerlies als Katzenmodel zur Verfügung gestellt:



Den Lohn für das Model hätten die Kölner Still Talk auch schnell persönlich vorbei bringen können, auch wenn diesen aus Persönlichkeitsgründen eher sein nicht weniger hübscher Bruder Iggy entgegengenommen hätte, da Bowie beim Besuch von Fremden wichtige andere Termine unterm Bett hat.

Mit ihrem Debütalbum „St. Banger“ konnten Still Talk bei Platten vor Gericht noch nicht wie erhofft punkten, vielleicht gelingt ihnen dieses mit „Year Of The Cat“, auch wenn nur das alternative Plattencover Bonus-Punkte eingebracht hätte.
Die Kölner schieben ihre Mischung aus Powerpop, Emo, Hardcore, Punk und Alternative Rock auf ihrem zweiten Album deutlich in Richtung Pop, was gut zur Stimme der Frontfrau Tanja Lührer passt. Ein Break zu Streicherklängen mitten im Song („When We Were Young“), elektronische pluckernde Beats („Not Like That“) und eine sich aufplusternde Ballade („Little Lungs“) sorgen dafür, dass man bei „Year Of The Cat“ an Avril Lavigne oder Paramore denken muss. 
Im Falle der 80er Synthesizer-Klänge auf „Hard Ache“ auch an Starship. Und vielleicht gilt für Still Talk ja nun nicht nur das Motto „We built this city on Rock ’n’ Roll“ sondern auch „Nothing’s gonna stop us now“.


 


STILL TALK verstecken sich auf „Year Of The Cat“ nicht hinter Geschwindigkeit und galoppieren auch nicht nach vorne. Diese Klarheit macht sie in gewisser Weise angreifbar – kein hektisch gezocktes Riff und kein sich selbst verschluckender Wutgesang. Das Selbstbewusstsein ist durchaus berechtigt, denn alle in der Band beherrschen ihr Handwerk. Im starken „I Speak Your Language“ entflattern Gesang und Gitarren einen herrlich tanzbaren Achtzigerjahre-Wind, der einem lässig über Herz und Haare fährt. Tanja erzählt hier von ihrer Identität als Österreicherin und den damit verbundenen, unbewussten Mechanismen und Emotionen. (…)
Facettenreich ist auch die Instrumentalfraktion von STILL TALK – und, was fast noch viel besser ist, komplett befreit von Genregrenzen. Soli, herrlich getappte Momente oder griffige Rhythmen – die Gitarren fahren ihren ganz eigenen Stil. Dementsprechend gelingt es ihnen auch, mit „Ghost“ einen echten Smasher zu erschaffen, nach dem sich KELLY CLARKSON alle Finger lecken würde. (…)
„Year Of The Cat“ fühlt sich grundsätzlich so an, als ob jemand seinen Weg gefunden hat. Eine extrem vitale und ansteckende Aufbruchsstimmung wurde hier unauffällig zwischen den Noten versenkt. Für uns heißt das: zurücklehnen und abwarten. Da kommt noch etwas Großes!


 


Manches davon hat zwar eine gesunde Härte, „World Of Talkcraft“ überrascht zwischen Tempo und Pop-Melodien zum Beispiel mit fast schon cross-over-artigen Sprechgesängen. Anderes und das meiste aber kommt sanft bis nachdenklich oder auch gerne alternative-rockig. Sie zocken mit Synthies, können Stille und schauen nicht nur nach dort. Hier und da schimmern die 80er durch, öfter die 90er, wie von gestern klingen Still Talk trotzdem niemals. Sondern gekonnt, neugierig, überzeugt und ehrlich. Und dabei: so gut.




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