Kraftklub - Sterben in Karl-Marx-Stadt

Casper, Farin Urlaub, Sven Regener, Blond oder Tokio Hotel - offensichtlich haben Kraftklub aus der Stadt, die von 1953 bis 1990 Karl-Marx-Stadt hieß, ein Faible für Feature-Gäste. Auf „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ kosten sie diesen voll auf uns präsentieren uns Songs mit Domiziana („Unsterblich sein“), Faber („All die schönen Worte“), Nina Chuba („Fallen in Liebe“) und Deichkind („Zeit aus dem Fenster“). 

Textlich setzen sich die Chemnitzer mit dem Ende des Lebens oder der Liebe auseinander und finden wieder einmal politisch treffende Worte („So rechts“). Musikalisch gibt es das, was sich Fans vorher sicherlich erhofft aber auch erwartet hatten, wie beispielsweise „Wenn ich tot bin, fang ich wieder an“, aber auch eine Weiterentwicklung ihres Indierock/Punk/Ra-Sounds in Richtung des tanzbaren, elektronischen Pops, der nicht allen gefallen dürfte. Aber sicherlich denen, die auch „Kiox“, das Soloalbum von Felix Kummer zu schätzen wissen.


 


 


STERBEN IN KARL-MARX-STADT (toller Titel!) hat zumindest zwei herausstechende Tracks im Angebot. „So rechts“ galoppiert mit Synthi-Geklappere voran, inklusive dem längst fälligen Harald-Schmidt-Diss. Ein fröhlicher Spaß bei aller Dringlichkeit. „Halt’s Maul und spiel“ thematisiert in Oldschool Deutschpunk-Manier das Problem mit unerwünschten Fans und falschen Erwartungen an die Band. Was ich nicht verstehe sind die Features von Domiziana, Nina Chuba und Deichkind. Das riecht nach Angst. Nach Aufmerksamkeitserheischungspolitik. Das ist unangenehm, denn ich würde Kraftklub jederzeit zutrauen, Selbsterneuerung aus sich selbst heraus betreiben zu können.


 


 


Das fünfte Kraftklub-Album "Sterben in Karl-Marx-Stadt" handelt von Tod und Vergänglichkeit. Im Song "All die schönen Worte" zählt Kummer nüchtern verschiedene Arten zu sterben auf: Flugzeugabsturz, Hai-Angriff. Er beschreibt die eigene Beerdigung und appelliert an die Trauergäste: "Wegen mir müsst ihr nicht traurig sein. Wenn ich tot bin, fang ich wieder an mit rauchen." Den Tod mit Humor nehmen, Kraftklub machen’s vor.
Das Ende gehört zum Leben dazu: So könnte eine Botschaft dieses Albums lauten. Egal, ob es um eine rauschende Partynacht geht oder um ein Symbol des US-amerikanischen Kapitalismus. Im Song "Marlboro Mann" scheint sich das lyrische Ich der berühmten Werbefigur der amerikanischen Zigarettenmarke durch die deutsche Vorstadt-Tristesse zu schleppen. Der virile Cowboy, gestrandet in Chemnitz?
Kraftklub sind eben doch noch politisch. In einer Zeit fehlender Gewissheiten helfen Parolen aber nicht weiter. Kraftklub wenden sich ewigen Themen zu. Mit "Sterben in Karl-Marx-Stadt" veröffentlicht die Band ihr musikalisch abwechslungsreichstes Album. 
(NDR)


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