„Ich bin Team Thorpe“, schrieb ich 2019, als mit Hayden Thorpe und Tom Fleming die beiden ehemaligen Sänger der Wild Beasts ihre Solodebüts veröffentlichten. Thorpe ist, nach „Diviner“ (2019) und „Moondust For My Diamond“ (2021), mittlerweile bei seinem dritten Album angekommen und möglicherweise lässt mich das ungewöhnliche „Ness“ an meiner eingangs zitierten Aussage zweifeln. Eine gute Chance also für Fleming, mehr Punkte (nämlich 6) zu ergattern als sein Ex-Kollege.
„Endless Rain“ lautet der Titel des zweiten Albums von One True Pairing, obwohl er für die Aufnahmen extra von London nach Dublin reiste. Vermutlich zogen die Regenwolken hinter Fleming her und gaben über dem Studio, in dem er sich mit dem Produzenten John 'Spud' Murphy (Lankum, Black Midi, Caroline) befand, alles. Denn „Endless Rain“ ist eine melancholische, größtenteils akustisch gehaltene Regenwetterplatte (oder Doppel-Regenwetterlangspielplatte) geworden, auch wenn der Opener „As Fast As I Can Go“ (und später „Doubt“) einen erst einmal auf eine falsche (dramtische, elektronische, temporeiche) Fährte lockt. In seinen besten Momenten, beispielsweise „Tunnelling“ kann das Album an den Folk und Kammerpop von Anywhen erinnern.
13 Songs, die stilistisch irgendwo zwischen Alternative Rock, Avant-Pop, Indie und Folk angesiedelt sind. Aber weniger expressionistisch und laut, sondern eher geerdet und unaufgeregt. Bodenständig, aber auch rau und spröde. Während der Aufnahmesessions legte One True Pairing großen Wert darauf, dass das Unvollkommene in die fertigen Tracks einfließen konnte. Die LP sollte am Ende nicht zu bearbeitet und gemacht klingen, sondern einen natürlichen, flüchtigen Charakter haben. Das ist gelungen.
Erfreulich ist, dass der Sänger, dessen Stimme angenehm unperfekt erklingt, seine Titel eben nicht in einer Stimmungslage belässt, sondern auch im zweiten Teil des Ganzen ruhige Passagen mit belebenden vermengt. So ganz und gar solo ist er übrigens gar nicht unterwegs: Die stimmige Unterstützung beispielsweise durch Kate Ellis, Caimin Gilmore oder auch Lankum-Mitglied Cormac Mac Diarmada hat großen Anteil am Ergebnis. Und das ist vor allem: das perfekte Herbstalbum zur rechten Zeit.
Natürlich funktioniert es, Flemings wattig warmes und tiefes Timbre beim Schwinden in sanfte Melodiebögen zu beobachten – sonderlich bewegend ist dieses Erlebnis aber weniger. Regelmäßig zieht Fleming die Silbe leidend in die Länge, die Schattierungen sind in all der Dunkelheit nicht mehr zu unterscheiden. Etwas mehr Fokus auf Rhythmus- und Stimmungswechseln hätte der Platte gutgetan.Die Arrangements in allen Ehren, bleibt „Endless Rain“ daher doch recht unscheinbar. Momente wie die weichen Harmonien in „Mid-Life Crisis“, die sich langsam in Streicherbetten fallen lassen oder die herrlichen Harfenklänge in „Frozen Food Centre“ sind da erfreuliche Glanzmomente, in denen das Songwriting vollkommen erscheint.
6 Punkte
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