Besonders in Deutschland scheint man die Band Alcest lieb gewonnen zu haben: Ihr siebtes Album „Les Chants de l’Aurore“ erscheint über das deutsche Label Nuclear Blast und nirgendwo sind die Platzierungen in den Hitlisten so hoch wie in Deutschland - auch nicht in ihrer französischen Heimat. Mit dem auch hier vorgestellten „Shelter“ ging der kommerzielle Erfolg 2014 los, den das vierte Album von Stéphane "Neige" Paut und Jean "Winterhalter" Deflandre erreichte hierzulande Platz 28. Noch besser lief es anschließend für „Kodama“ (2016, #15), „Spiritual Instinct“ (2019; #12) und nach fünfjähriger Wartezeit nun „Les Chants de l’Aurore“, das Platz 14 in Deutschland erreichte.
Wenn bei Neige, der die treibende Kraft hinter Alcest ist und sich um Aufnahme, Produktion, Arrangements, Texte, Musik (zusammen mit dem Schlagzeuger Winterhalter) kümmert und Gitarre, Bass, Glockenspiel, Synthesizer und Piano spielt, von „clean and harsh vocals“ die Rde ist, dann ist vermutlich sein normaler (und diesmal von vielen lieblichen, weibliche Stimmen ergänzter) Gesang gemeint, sowie die gelegentlichen aber leider unvermeidlichen Schrei-Attacken, die den Shoegaze-Sound noch mit den früheren Black Metal-Tagen der Band verbinden. Gerade in den epischen Songs, wie „L’Envol“ und „Améthyste“, die beide über 8 Minuten laufen, wird dies als Stilmittel sehr gern eingesetzt. Dies nennt sich wohl Blackgaze. Weitere Label, die man den 7 Songs anheften könnte, wären vielleicht Post-Rock und Dreampop.
„Les Chants de l’Aurore“ bekommt vom Label CD, Kassette und LP in zahlreichen Varianten spendiert: Picture Disc, Yellow Transparent Vinyl, Transparent Black Yolk Vinyl und als Doppel-LP auf Yellow Black Marble Vinyl.
Und endlich können wir für eine Plattenkritik mal wieder den Metal Hammer aufschlagen:
In den längeren Liedern finden sich ausgedehnte Instrumentalphasen, während das kaum dreiminütige ‘Réminiscence’ mit Klavier und Kontrabass aufwartet, man zu Beginn des krachig-elegischen ‘L’Enfant De La Lune’ eine Frau sprechen hört und einen das von Chören geprägte Finale ‘L’Adieu’ mit sanfter Wehmut verabschiedet. LES CHANTS DE L’AURORE klingt erwartbar und benötigt trotzdem Zeit, um seine volle Wirkung zu entfalten – lässt man sich jedoch darauf ein, packt einen das schöngeistige Kleinod zuverlässig und entpuppt sich als (dieser Tage so nötiger) Balsam für die Seele.
Im Grunde sind Alcest längst im Enya-Modus angekommen: In immer größeren Abständen kredenzen sie uns auf bewährtem Rezept basierende Platten, die uns für eine gute Kanne Heilkräutertee lang den Irrsinn dieses planetaren Karussells vergessen lassen. Es sei ihnen gegönnt, haben sie die bisher größte Herausforderung – die Wucht und Intensität der Live-Auftritte auch im Studio mit voller Dynamik einzufangen – doch ebenfalls schon seit "Kodama" gemeistert.Wäre es die erklärte Challenge, die grenzenlose Freiheit der eigenen Traumwelten für andere Erdlinge greifbar zu machen – Meister Neige dürfte es sich mit der überschäumenden Schampusflasche in der Hand auf der obersten Treppenstufe gemütlich machen. Denn anders als Enya (an die das Klavierstück "Réminiscence" dann doch kurz denken lässt), halten Alcest das Qualitätsbarometer auch im dritten Schaffensjahrzehnt stabil. "Les Chants De L'Aurore": More of the same, wie immer unwiderstehlich.(laut)
7 Punkte
AntwortenLöschen7 Punkte
AntwortenLöschenIch könnte auf das Schreien weiterhin sehr gut verzichten. 7 Punkte
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