“Neulich auf Volkers Couch beim Anhören des neuen Babybird-Albums”
Ingo: Kommt Volker noch?
Oliver: Nein. Er montiert heute die Plastikscheiben an der Couch und eine neue Belüftungsanlage. In Zukunft können wir dann die Listening Sessions wieder bei ihm machen.
Dirk: Daher machen wir ja heute unsere erste online Listening Session! Sophia oder Babybird?
Ingo: Für mich sind beide ok. Oliver?
Oliver: Lieber Babybird. Für Sophia ist mir das Wetter zu gut.
1. London, I love you
Dirk: Bevor wir mit dem heutigen Album beginnen, muss ich sagen: Gut, dass Volker ausnahmsweise nicht dabei ist. Denn dann gäbe es nur wieder Diskussionen um dieses Album, weil es so eine Art Compilation ist…
Oliver: Waas? Eine Compilation? Ich bin raus.
Ingo: Sind denn auch komplett neue Songs drauf?
Dirk: Stephen Jones hat seit seiner letzten regulären Veröffentlichung über eine Plattenfirma 130 Alben veröffentlicht! Via Bandcamp. Ich habe total den Überblick verloren, obwohl ich versucht habe, mitzuhalten…. Das ist eine Art Sammlung der besten Lieder der letzten Jahre. Sollen wir?
Ingo: Gerne... 3… 2… 1…. Los.
Dirk: Oh, habe ich doch das Album von Sophia angemacht?
Oliver: Hab' ich auch gerade gedacht. Wird bestimmt noch was beschwingter.
Ingo: Sehr ruhig, aber auch schon ergreifend. Meine Lieblingssongs von Babybird haben fast alle so einen ruhigen Part. Mal hören, ob hier auch noch eine Gitarre ausbricht. Erinnert mich wahnsinnig an “I was never here” von “There’s something going on”.
Dirk: Was denn nun, mag er London, hasst er es, vermisst er es? Sein Verhältnis ist wohl etwas ambivalent...
Oliver: Ich vermisse London auch. Überhaupt in der Welt unterwegs zu sein.
Dirk: Deine Stimme wird auch schon ganz brüchig, wie die von Stephen.
Oliver: Wie kannst du das denn hören, wenn wir nicht nebeneinander auf Volkers Couch sitzen?
Dirk: Hallo? Weil wir uns schon Jahrzehnte kennen! Noch länger als Babybird. Toller erster Song!
Oliver: Und wie oft wir schon zusammen in London waren. Der Song wurde doch nicht beschwingter.
Ingo: Da kam dann kein Ausbruch mehr. Das ist dann der Unterschied zu “I was never here”.
2. Feel
Dirk: Bei Bandcamp gibt es auch dieses Album digital zu kaufen, die Reihenfolge der Lieder ist da aber eine andere. Es beginnt mit “Feel”. Funktioniert aber auch als Opener...
Ingo: Oliver, sollen wir zum Vergleich mal in Sophia reinhören? Viel trauriger kann die Platte ja auch nicht klingen. Zwei melancholische Songs hintereinander? Geht das so weiter?
Oliver: So eine richtige Sommerplatte ist es bisher jedenfalls nicht.
Dirk: Jetzt kommen Schlagzeug, Bass, Gitarre hinzu, vermutlich bekommst du gleich deinen Ausbruch, Ingo...
Ingo: Aber die Stimme bleibt brüchig.
Dirk: Spätestens mit den Streichern hat er mich.
Ingo: Auch das Klavier statt Ausbruch hat etwas. Hat er das Album wieder komplett alleine aufgenommen?
Dirk: Vermutlich. Nur für seltene Konzerte (also auch vor Corona schon selten) trommelt er eine Band zusammen. Zuletzt war er irgendwann im Vorprogramm von Dodgy unterwegs. Die spinnen die Briten! Aber das Lied wird immer größer!
Ingo: Trotz nun schon sechs Minuten Spieldauer noch nicht langweilig.
Dirk: Nur Oliver ist eingeschlafen oder muss ein Tränchen wegdrücken…
Oliver: So ähnlich. Schön, wie sich der Song steigert. Mag ich.
3. The greatest thing
Ingo: Oh, nun wird es beschwingt. Aber zwei starke Songs zum Einstieg.
Dirk: Oh, das sind die Babybird Lieder, die mir am wenigsten gefallen.
Ingo: Geht mir ähnlich. Zu dem Song gibt es ein Video, vielleicht ist das ja unterhaltsam:
Dirk: “The greatest thing” ist nicht “The greatest song”.
Oliver: Ich verstehe immer “The great escape”. Und ein bisschen was von Blur hat der Song durchaus.
Ingo: Aber auch diese Art Songs von ihm scheint ja Anhänger zu haben. Wäre toll, wenn Volker uns an dieser Stelle kurz “Pop” erklären könnte. Der Song nervt ein wenig, aber Babybirds Stimme macht ihn doch überwiegend erträglich.
Dirk: Die Angesungene müsste doch mittlerweile verstanden haben, dass sie das Größte in seinem Leben ist...
Ingo: Was man so denkt, was man auf der Insel schon längst hätte verstehen sollen…
4. Vacuous
Dirk: Typischer, eingängiger Babybird Song. Glücklicherweise nicht so “funky” tanzbar wie der Vorgänger.
Ingo: “Vacuous”. Tolles Wort. Werde ich in meinen aktiven Wortschatz aufnehmen. Ansonsten hört sich der Text stellenweise nach einem Kinderreim an.
Dirk: Mit Wiederholungen spielt er ja oft… Aber nach knapp 3 Minuten ist auch alles gesagt und alle Reime auf “-ous” gefunden.
Oliver: Das ist so ein Song, den man auf dem Fahrrad fahrend plötzlich im Kopf hat und absolut nicht weiß, warum. Und was das überhaupt für ein Song ist. Und von wem.
Ingo: Dank der Dauer kurzweilig.
5. Three little words
Dirk: Ich wollte mir ja die Mühe machen und nachsehen, von wann die einzelnen Lieder sind, aber sein Output ist unüberschaubar.
Ingo: Hier hingegen gefällt mir der Text. Das mit den vielen Veröffentlichungen ist mir entgangen. Aber gut zu wissen, dass es da noch einiges an Material gibt.
Dirk: Ich habe mir jetzt ein Album von ihm auf Vinyl bestellt. Seine erste LP seit 21 Jahren! “Photosynthesis” ist letztes Jahr erschienen (wie vermutlich 25 andere Alben von ihm) und kein Song davon ist auf “King Of Nothing” gelandet.
Ingo: Da nennt er die drei Worte ja doch noch.
Oliver: Klingt. Ganz. Nett.
Dirk: Wenn man sich über andere Dinge unterhalten kann, sagt das ja auch etwas über das Lied.
6. King of nothing
Ingo: Schönes Intro.
Dirk: Der Titelsong war 2019 eine Single. Aber was heißt das schon bei ihm?
Ingo: Gitarren, Stumme aufgeraut. Gefällt mir wesentlich besser als die beiden Titel zuvor.
Dirk: Tolles Gitarren-Riff, dazu “Yeah, yeah, yeah, yeah”... bleibt im Ohr.
Oliver: Ziemlich lässig. Ein kleiner Hit.
Ingo: Und um das Wort erneut zu nutzen: Beschwingt! Genau richtig für einen der letzten (?) lauen Sommerabende des Jahres. Ich würde tanzen, wäre es nicht gegen die Regeln.
Dirk: Dritter guter Song des Albums.
Ingo: Das Album der einfachen und eingängigen Botschaften.
7. Demons
Ingo: “Demons, demons, demons” statt “Yeah, yeah, yeah”. Auch wieder ein simpler Refrain. Und danach ein Kinderreim.
Dirk: Er bleibt konsequent eingängig. Und jetzt haben wir auch wieder ein Kinderlied!
Ingo: Wieso muss ich gerade an Nenas Album mit Kinderliedern denken?
Dirk: Also bitte!
Ingo: Der Teufel ist ein Eichhörnchen.
Dirk: Der “Ba-ba-ba”-Chor ist aber nicht von ihm gesungen, oder?
Oliver: Ihr habt mit allem recht.
8. In the place of love
Dirk: Das Lied kenne ich schon. Großartige 80er Jahre Piano-Ballade. Vor meinem inneren Auge sehe ich eine Hair-Metal-Band und man schämt sich dafür, das Lied toll zu finden. Muss man bei Babybird natürlich nicht.
Ingo: Es gibt ein Video, vermutlich war der Song auch eine Single?
Ingo: Weniger melancholisch als die ersten beiden Titel. Aber trotzdem ergreifend. Babybird muss nicht viel machen, um mich mit seiner Stimme zu kriegen.
Dirk: Wenn ich doch nur wüsste, an wen oder was mich das erinnert...
Ingo: Der Pianolauf?
Dirk: Eher die Gesangsmelodie. Mein Lieblingslied auf dem Album. Wir hören uns auf meiner Jahres-CD!
Ingo: Bei mir klingelt da nichts.
Oliver: An irgendwas von Bruce Springsteen.The River? Großartiger Song - finde ich auch. Also der von Babybird. Der vom Boss ja sowieso.
9.Love life
Dirk: Wieder eine Piano-Ballade. Die zweite Gesangsstimme im Hintergrund ist sehr schön. Ob dies das Lied mit dem Ausbruch sein wird?
Ingo: Das wäre willkommen. Aber auch so bislang kein schlechtes Album.
Dirk: Niemand hat mehr Lieder zur Auswahl als Stephen Jones. Vermutlich schreibt er vor dem Frühstück schon drei.
Ingo: Warten wir mal ab, was er in der Corona-Zeit schon alles vorproduzierten konnte… und vielleicht noch kann.
Dirk: Streicher. Toll. So einfach ist das bei mir.
Ingo: Und im Notfall noch ein Glockenspiel. Die Streicher trösten bei mir nicht darüber hinweg, dass ansonsten nicht viel in diesem Song passiert.
Dirk: Wie, hörst du die Möwen nicht?
10. Bad feeling
Oliver: Oh, fängt an wie eine Piano-Ballade. Gabs da bisher schon welche auf dem Album?
Ingo: Ja, ich habe da ein déjà vu.
Dirk: Jetzt der Ausbruch?
Oliver: In Babybird-Dimensionen auf jeden Fall ein Ausbruch!
Ingo: DA ist mein Ausbruch. :-)
Oliver: Und da ist er schon wieder vorbei.
Dirk: Da hat er uns aber auf die Folter gespannt! Was macht Volker denn gerade so?
Ingo: Scheint Probleme zu haben bei der Montage des Filters an der Belüftungsanlage.
Oliver: Beschwingter Song.
Ingo: Auf diesem Album feiert Babybird aber das Piano.
Dirk: So ein fröhlich klingendes “Bad feeling”!
Ingo: Und wieder der Ausbruch!!
Dirk: Manchmal kommt sowas zweimal.
Oliver: Für mich bisher der Höhepunkt ;-)
Ingo: ;-) Hör’ dir das Album halt noch einmal an. ;-)
11. North of England
Dirk: Wenn Volker über die Compilation meckern sollte, dann erwähne ich, dass “Ugly Beautiful”, das Durchbruchs-Album von Babybird 1996, auch zu großen Teilen eine Zusammenstellung aus 5 zuvor veröffentlichten Platten war.
Oliver: Ach, der Norden Englands. Wie ich ihn vermisse. Nicht, dass ich schon mal da war. Ich würde aber, wenn ich könnte. Ist das Risikogebiet?
Ingo: Gibt es nicht auch in Frankreich traurige Gegenden? Ich glaube du müsstest erst einmal in Quarantäne, wenn du dort einreist.
Dirk: Gibt es andere Gegenden? Er kommt thematisch noch einmal auf London zurück, wäre also ein guter letzter Song, der das Album gut einrahmen würde.
Ingo: Eigentlich auch ein schöner Song. Bei der Auswahl an Titeln konnte er sich vermutlich nicht auf bloß elf einigen. Ihr wisst ja, wie schwer es manchmal bei den zehn Alben für den nächsten Monat ist.
Ingo: Abruptes aber schönes Ende.
12. The old car
Oliver: Unser altes Auto hat es nicht über den TÜV geschafft.
Dirk: Sag’ das nicht! Ich habe meins heute in der Werkstatt zu HU abgegeben!
Ingo: Das ist aber so ein richtiger Rausschmeißer-Song. Kann man auch noch mitbrummen, wenn man aus der Kneipe fliegt.
Dirk: Ich schunkel’ schon ein wenig.
Ratet einmal, was die erste Band im Radio war, als ich mit meinem ersten Beetle eine Probefahrt gemacht habe.
Oliver: “Bohemian Rhapsody”? Ach, das ist ja gar keine Band.
Ingo: “Highway to hell”?
“Stand by me” von Oasis? Ach so, Band, nicht Song. Das ist ja einfach.
Dirk: Auch gut. Aber tatsächlich liefen die Beatles. So einfach ist das manchmal mit der Kaufentscheidung. Dieses Album würde ich mir auf jeden Fall auch auf LP kaufen.
Ingo: Nach dem langsam auslaufenden Ende des Songs bin ich gespannt, was jetzt noch kommt.
13. Get lucky
Dirk: Woran erinnert mich das denn schon wieder?
Oliver: An “Get Lucky”.
Ingo: Ach so, ein Cover. Wenn nichts mehr geht… ein Cover geht immer.
Dirk: Dafür zahlt der doch nie im Leben etwas! Aber Daft Punk und Pharrell Williams haben auch so genug Kohle.
Ingo: Nicht schlecht gemacht.
Dirk: Schön entspannt.
Ingo: Starker Anfang, ziemlich starkes Ende.
Fazit:
Dirk: Zwischendurch gab es ein kleines Tief, aber dennoch ein tolles Album. Ich würde es, wie gesagt, als LP kaufen. Gibt es aber leider nicht. Hoffentlich kommt da noch was. “Photosynthesis” gab es in einer Auflage von 400 - drei sind noch zu haben….
Oliver: Auf Vinyl brauche ich das Album nicht zwingend. Aber das Klavier und Stephen Jones’ Stimme sind schon eine gute Kombination. Da möchte ich mich auch nicht über zu viele Piano-Balladen beschweren. Und so viele waren es ja auch gar nicht.
Ingo: Kein blödes Konzept: Auf Bandcamp viel veröffentlichen für die Hardcore-Fans und ab und an ein “Best of” daraus für die “Masse”. Genug starke Songs für ein Album liefert Babybird hier allemal. Die weniger überzeugenden Titel sorgen zumindest für Abwechslung. Ich brauche nicht wöchentlich ein neues Album von ihm, aber eine gute Platte alle zwei Jahre ist willkommen. Daumen hoch für “King of nothing” von mir.
7.5 Punkte
AntwortenLöschenKing of Indiepop. 8 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschen