Irgendwann hatte Nick Hodgson keine Lust mehr auf das Touren und wollte sich lieber in seinem eigenen Studio verkriechen, Songs schreiben und produzieren. Mittlerweile ist es über fünf Jahre her, dass der ehemalige Schlagzeuger und Hauptsongschreiber der Kaiser Chiefs seine Band verließ und genau das tat, was er sich vorgenommen hatte. Neben Kooperationen mit Mark Ronson, Kodaline, Olly Murs, Hurts oder Dua Lipa entstand seitdem sein erstes Soloalbum „Tell Your Friends“.
Nick J.D. Hodgson hat in seinem Studio Schlagzeug, Bass und Gitarren aus den 70er Jahren stehen und dieses Jahrzehnt hat offensichtlich den größten Einfluss auf „Tell Your Friends“ gehabt. Zwar könnte man sich „I Love The Way Your Mind Works“ oder auch „My Own American Dream“ gut auf einem frühen Album von The Kaiser Chiefs vorstellen - zumindest wenn die Gitarren dominanter vertreten wären, sie schneller gespielt und von Ricky Wilson gesungen würde - aber über dem Rest scheint ein bräunlicher Sepia-Schleier zu legen. Überlegt man als Fan der Kaiser Chiefs, ob man sich auch "Tell Your Friends" zulegen sollte, dann könnte das Anhören des Album-Highlights "Suitable" weiter unten weiterhelfen oder man zieht "Yours Truly, Angry Mob" (2007) aus dem Plattenregal und versucht es mit der von Hodgson gesungenen Piano-Ballade "Boxing Champ".
Nick J.D. Hodgson hat sich also für sonnigen, entspannten und teilweise introvertierten Westcoast-Pop und gegen gitarrigen Indierock fürs Stadion entschieden. Aber immer noch besser als der Disco-Quatsch, den die Kaiser Chiefs zuletzt verzapft haben.
Hodgsons Platte ist hoffnungsvoll nostalgisch, frönt dem Britpop und das so hemmungslos, dass es zumindest anrührt. »Suitable« ist die Hymne, die problemlos im Radio laufen kann und trotzdem großartig ist. Ein paar mehr Stücke dieses Kalibers hätte es dann allerdings doch gebraucht, wenn man denn schon mit einer angezählten Musikrichtung hausieren geht. Dennoch ist hier jemand bei sich, zelebriert die Musik, mit der er sich am wohlsten fühlt. Und das ist für den Moment aller Ehren wert, denn so hat er immerhin dem künstlerischen Identitätsschaden durch zu viel abseitiges Klimbim vorgebeugt.
(intro)
Gemeinsam mit Kaiser Chiefs-Gitarrist Whitey, Anna C Hodgson an der Violine und Back-Vocalist Rob Harvey spannt Nick einen melodischen Brit-Pop-Faden zwischen alt und neu. Angetrieben von facettenreichem Indie-Pop, erinnern immer wieder gekonnt eingestreute Ohrwurm-Harmonien an Glanztaten aus den Federn von Ikonen wie Paul McCartney, Brian Wilson und Ray Davies („Honest Face“, „Tomorrow I Love You“, „My Own American Dream“).
Mit der schunkelnden Retro-Hymne „Feel Better“ und dem Singalong-Juwel „Suitable“ schickt Nick sogar zwei richtige Hits ins Rennen, die sich schon jetzt mit Nachdruck für die Aufnahme in die Songs-des-Jahres-Hall-of-Fame bewerben.
„Tell Your Friends“? Auf jeden Fall. Weitersagen ist hier Pflicht! Viel besser könnte das Jahr für Freunde vintagelastiger Brit-Pop-Klänge gar nicht losgehen.
(musikblog)
6,5 Punkte
AntwortenLöschen6 Punkte
AntwortenLöschenZumindest nicht so schlimm wie die letzte Platte der Kaiser Chiefs. 5,5 Punkte
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