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Dirk Darmstaedter - Beautiful Criminals























"Irgendwann kann ich vielleicht einmal eine Plattenvorstellung mit dem Hinweis auf ein anstehendes Konzert in unserem Wohnzimmer versehen," schrieb ich Ende letzten Jahres noch zu "Wirewalker" von Missincat und - Ta-Taah - nun ist es endlich so weit: 
Am 14. Mai wird Dirk Darmstaedter auf seiner Tournee im beschaulichen Montabaur gastieren und uns hoffentlich einen Querschnitt durch sein musikalisches Schaffen präsentieren, angefangen bei Songs von The Jeremy Days über Lieder von Me And Cassity bis hin zu den 13 neuen Tracks von "Beautiful Criminals".

Denn seit heute steht Darmstaedters 13. Post-Jeremy Days-Album in den Plattenläden, wenn auch leider nicht in Form einer Vinyl-Veröffentlichung. Das dürfte auch schon das Einzige sein, was es an "Beautiful Criminals" zu bemängeln gibt, denn seit sich Darmstaedter vor zwei Jahren von dem von ihm mit gegründeten Label Tapete Records verabschiedet hat, um sich wieder völlig auf die eigene Musik zu konzentrieren, sind ihm mit "Before You Leave" und "Beautiful Criminals" gleich zwei überzeugende Platten gelungen. 

Auch wenn das Plattencover die Vermutung nährt, dass Darmstaedter die neuen Titel im Alleingang mit Gitarren, Ukulele, alten Analog-Synthesizern, Mellotron und Mundharmonika in seinem Up In The Attic Studio, auf dem heimischen Dachboden, aufgenommen hat, so standen ihm dennoch seine langjährigen Weggefährten Lars Plogschties (Schlagzeug) und Ben Schadow (Bass) zur Seite. Aus Songs wie "This Is Where I Leave You", "Beautiful Criminals" oder "You Hold The Key" meint man seine Bestrebungen, die Singer/Songwriter-Tradition von Burt Bacharach, Lee Hazlewood oder Paddy McAloons weiterführen zu wollen, heraus hören zu können. Doch die ganz großen Würfe gelingen ihm mit "Summer Camp Girls" und "Pop Guitars", zwei gleich zu Anfang des Albums platzierten, gitarrigen, ungemein eingängigen Uptempo-Songs. Wenn Dirk Darmstaedter im zweiten Song von seiner richtungsweisenden Begegnung mit Johnny Marr und "This Charming Man" von The Smiths im Autoradio der 80er Jahre singt, dann würde man sich wünschen, wir wären wieder im Jahr 1989, als ein perfekter Gitarrenpop-Song noch an den Top Ten der deutschen Single-Charts kratzen konnte.  

Müsste ich die 56 Minuten von "Beautiful Criminals" so kürzen, dass sie auf eine Seite einer C90-Kassette passen, dann hätte ich ein großes Problem: Welche Songs sollte ich weglassen? Vielleicht "Landscapes", aber welchen noch? Und sollte Dirk Darmstaedter am 14. Mai in unserem Wohnzimmer alle Songs spielen wollen, die mir von seinen letzten beiden Alben gefallen und dazu noch den ein oder anderen älteren und selbstverständlich ein paar der Jeremy-Days (also ohne "Brand New Toy" und "Rome Wasn't Build In A Day" lassen wir ihn nicht gehen!), dann hat er ein Problem und zwar ein ziemlich großes zeitliches.

Hier sind die übrigen Konzertdaten:

06.05.2016 - Magdeburg, HofGalerie
08.05.2016 - Leipzig, Täubchenthal
09.05.2016 - Frankfurt, Mousonturm
10.05.2016 - Berlin, AusterClub
11.05.2016 - Hamburg, Knust
12.05.2016 - Düsseldorf, Pitcher
13.05.2015 - Köln, Stereo Wonderland
17.05.2015 - München, Milla
24.05.2015 - Dresden, Bärenzwinger




Die Melancholie auf Darmstaedters 13. Studioplatte seit dem Split der Jeremy Days hat jedoch nichts Deprimierendes an sich, im Gegenteil aalt sie sich auf der Sonnenseite des Lebens und fühlt sich in den ungemein fluffigen, charmanten und positiv gestimmten Pop-Arrangements offensichtlich pudelwohl. So wohl, dass Sounds & Books nicht umhin konnte, „Summer Camp Girls“ zum Song des Tages zu küren und als kommenden Sommer-Hit anzupreisen. Ob es letztendlich ein Hit wird, entscheiden andere, aber in einer gerechten Musikwelt liefe „Summer Camp Girls“ wochenlang jeden Tag auf allen Sendern und Kanälen auf heavy rotation.

Wehmut, ja, aber eben auch eine lässige, catchy, ungemein eingängige Melodie hat sich Dirk Darmstaedter einfallen lassen und davon gibt es auf Beautiful Criminals mehr als genug. Beginnt der Longplayer mit „This Is Where I Leave You“ noch im fließenden, melancholischen Soul-Pop, in den man sich unbeschwert fallen lassen kann und weich aufgefangen wird, erinnert sich Darmstaedter in „Pop Guitars“ an die hoffnungslos romantische Teenagerzeit, schwermütig, gewiss, aber mit Pop-Aplomb, Bläsern, Background-Chorus und feinsten Hooks.

Zu diesen schnuffigen, melancholischen Pop-Perlen zählen noch der Titeltrack „Beautiful Criminals“, das sich anschleichende und im Refrain zu den Sternen greifende „Honey“ und das entzückend verträumte „Cal“. Uptempo-Nummern („Where The Wild Things Are“, „You Hold The Key“), klassisches, instrumental reduziertes Songwriting („Five Years“, „Pages“) und einige weitere, höchst angenehm zu hörende Songs machen Beautiful Criminals, genauso wie den Vorgänger Before We Leave, zu einem echten Pop-Schatz. Dirk Darmstaedter ist ein hoffnungsloser Romantiker geblieben, und das macht ihn ungemein sympathisch.
(Sounds & Books)


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