Bei Weezer ist es schon fast ein Qualitätsmerkmal, wenn die Platte keinen richtigen Titel erhält und die Grundfarb...

Weezer - Weezer (White Album)























Bei Weezer ist es schon fast ein Qualitätsmerkmal, wenn die Platte keinen richtigen Titel erhält und die Grundfarbe des Plattencovers als Unterscheidungshilfe herangezogen werden muss. "Weezer (Blue Album)" (1994) und "Weezer (Green Album)" (2001) stehen sicherlich an der Spitze der bandinternen Top Ten, die nun mit "Weezer (White Album)" gebildet werden kann, und "Weezer (Red Album)" (2008) zählt unter den übrigen Alben eher zu den besseren.

Das "weiße Album" setzt diese Tradition fort und dürfte der Band von Rivers Cuomo, nach zuletzt drastisch sinkende Verkaufszahlen ("Ratitude" (2009), "Hurley" (2010) und "Everything Will Be Alright In The End" (2014) fanden zusammen weniger Käufer als davor das "rote Album") und höchst bescheidenen Kritiken, wieder deutlich Auftrieb geben.

Bei dem Albumtitel muss man natürlich automatisch an den nicht nur stilistisch überbordenden Klassiker der Beatles (30 Lieder, 93 Minuten Spielzeit) aus dem Jahre '68 denken, aber Weezer orientieren sich eher an den Pilzkopf-Konkurrenten aus Übersee und kombinieren den Surf-Pop der Beach Boys  mit dem Power-Pop ihrer ersten Alben. Nach 10 Liedern und 34 Minuten ist der Spaß dann auch schon vorbei, aber man verbleibt mit der Gewissheit, dass Rivers Cuomo & Co. ihre stärkste Platte der letzten 15 Jahren gelungen ist, auch wenn an den Spitzenplätzen des blauen und grünen Albums nicht gerüttelt werden kann.




Metacritic zieht ein ordentliches Fazit von 73/100 Punkten bei 24 berücksichtigten Reviews aus dem englischsprachigen Raum, bei den meisten deutschen Kritiken liest sich dies aber leider nicht so erfreulich: 

Was Cuomo aber gut kann und auf diesem zehnten Album wieder zur Geltung kommt, ist das Schreiben von Songs, die lieblich rocken und schon beim beiläufigen Hören im Ohr haften bleiben. Gut an Weezers »White Album« ist die gestiegene Vielfalt in ihren Arrangements, die Kalifornier rocken nicht mehr so arg, sondern variieren mit sonnendurchflutetem Beach-Boys-Rock (»Wind In Our Sail«), Indie-Pop (»L.A. Girlz«) und sogar Rap-Passagen (»Thank God For Girls«). Das erinnert stellenweise gar an Weezers stilprägendes blaues Debüt, verliert den Vergleich im Endeffekt aber doch: Weezer gelingen einfach nicht mehr die Songs zum Niederknien. Schon seit 20 Jahren nicht.
(intro)




Erst 2014 hatten die Kalifornier mit dem soliden EVERYTHING WILL BE ALRIGHT IN THE END Kritiker und Fans versöhnt. Nach gut 13 Jahren Häme wäre das ein guter Zeitpunkt gewesen, die Band aufzulösen. Aber Rivers Cuomo mag nicht ans Aufhören denken. Er schreibt weiter Songs – und verfällt dabei leider wieder in Klischees. Mit Oooh-oooh-Chören und zotigen Wortspielen („Endless Bummer“) zitiert er die Beach Boys, singt von „California Kids“ und „L.A. Girlz“ (musi kalisch die besten Stücke der Platte).

„Wind In Our Sail“ heißt ein Lied, das an das schlechteste Weezer-Album, MAKE BELIEVE, erinnert. Frischen Wind können aber weder Nonsenstexte („Thank God For Girls“) noch externe Songwriter wie Adele-Hitschreiber Dan Wilson in diese Kompositionen bringen. Bei Weezer ist das Weiße Album nach dem Blauen (1994), Grünen (2001) und Roten (2008) nur eine weitere farbige Platte. Oder besser: eine farblose.
(musikexpress)




Wobei "California Kids", trotz des Namens, erstmal Hoffnung weckt und genau das liefert, was man sich von einer Weezer-Platte erhofft: Simple, aber eingängige Akkorde im Vers, solide Bridge und hymnischer Refrain. "Wind In Our Sail" zerstört diesen Eindruck aber bereits mit den ersten Tönen, erinnert die Melodie doch sehr stark an "Two Weeks" von Grizzly Bear. Pop-Vers, Stadion-Rock-Hook gepaart mit recht langweiligen Lyrics: "We got the Wind in our sails". Wohl eher ein laues Lüftchen.

Das Keyboard scheint es ihnen hörbar angetan zu haben. "Thank God For Girls" macht dort weiter, wo "Wind In Our Sail" aufgehört. Braucht man beides nicht, vor allem nicht von Weezer.

Was machen die Kids am Strand, wenn sonst nichts los ist? Genau, kiffen und nach Mexiko fahren. Folgerichtig frag dann auch Cuomo: "Do You Wanna Get High?". Cypress Hill haben aber nichts zu befürchten, ihrer Gras-Hymne läuft diese Nummer den Rang nicht ab. Wenigstens bleiben die Lyrics ("Keep on doing what you do | 'Cuz I'll never get tired of you") genau so flach wie der Sound.

Doch es gibt auch Positives vom "White Album" zu berichten. Hier und da tummelt sich auch ein durchaus guter Song. "(Girl We Got A)Good Thing" zum Beispiel, klingt irgendwie erfrischend und neu, aber nicht unecht und erinnert an "Island In The Sun". Im Sound der älteren Album schwelgen die Songs "King Of The World" (trotz der überflüssigen "Wohoooo"-Bridge") und "L.A. Girlz" hebt die Gitarren wieder deutlich mehr hervor, inklusive dem typischen, unvermeidlichen Gitarren-Solo.

Weezer haben mit der Platte nichts falsch gemacht, aber wirklich nötig war sie auch nicht. Sie plätschert vor sich hin und lässt die großen Highlights vermissen. Für die ersten sonnigen Tage mit Grill auf dem Balkon reicht sie aber allemal.
(laut)



    

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