Wenn es zwei Alben gibt, bei denen ich mich sehr ärgere, sie hier nie vorgestellt zu haben, dann sind dies das sel...

Enno Bunger - Flüssiges Glück
























Wenn es zwei Alben gibt, bei denen ich mich sehr ärgere, sie hier nie vorgestellt zu haben, dann sind dies das selbstbetitelte Debütalbum von Hundreds (2010) und "Wir sind vorbei" (2012) von Enno Bunger. Beide Alben habe ich unglaublich oft gehört, die Interpreten recht häufig live gesehen (7- bzw. 4-mal, wenn ich mich nicht verzählt habe) und den aus Ostfriesland stammenden Singer/Songwriter durften wir auch schon in unserem eigenen Wohnzimmer zu einem Konzert begrüßen.

Diese Woche erscheint Enno Bungers drittes Album "Flüssiges Glück", wobei sich das dreijährige Warten kurzfristig noch um einen Monat verlängerte, da die LPs nicht rechtzeitig gepresst werden konnten und das Veröffentlichungsdatum daher nach hinten verschoben werden musste. Dank der in meinem Briefkasten auftauchenden Promo-CD, läuft "Flüssiges Glück" seit einiger Zeit hier rauf und runter. Zeit, in der ich mich an die ein oder andere Neuerung gewöhnen konnte. War Enno Bunger bisher, vor allem aufgrund seines Trennungsalbums "Wir sind vorbei", hauptsächlich für seine melancholischen Klavierballaden bekannt, so erhalten diese nun ein Elektronik- und Beat-Update, welches etwa die Single "Neonlicht" in Richtung moderner Popmusik schiebt oder den ausufernden Instrumentalteil, der "Hamburg" über die 10-Minuten-Marke hinaus wachsen lässt, in Club-Gefilde schubst. Und kenne ich diesen Ausklang der Liebeserklärung an die norddeutsche Metropole nicht aus dem Soundcheck bei unserem Wohnzimmerkonzert, der alle Teller und Tassen in den Schränken klirren ließ? Wenn wir gerade bei bekannten Liedern sind: Wer Enno Bunger im letzten Jahr live erlebte, der wird bereits die Titel "Scheitern", "Nicht immer alles jetzt" und "Am Ende des Tunnels" kennen. 

Aber zurück zu den Neuerungen: Enno Bunger versucht sich jetzt mehrfach ("Neonlicht, "Hamburg", "Renn!", "Wo bleiben die Beschwerden?") im Sprechgesang, der an Caspar ohne Reibeisenstimme erinnert, und löst sich textlich von der persönlichen Ebene und thematisiert sozio-kulturelle sowie politische Brennpunkte ("Wo bleiben die Beschwerden?").
Fans der eingangs erwähnten Klavierballaden müssen sich aber nicht grämen, sondern dürfen sich zum Beispiel auf "Zwei Streifen", "Am Ende des Tunnels" oder "Klumpen" freuen. Bei diesem finalen Song kehren Enno Bunger und sein Produzent Tobias Siebert (And The Golden Choir), dessen "Another Half Life" hier noch einmal eindringlich empfohlen sei, auch noch einmal zum opulenten Klang, inklusive Bläsern, von "Wir sind vorbei" zurück. 

"Flüssiges Glück" widersetzt sich den Erwartungen und ist nicht nur deshalb ein gelungenes und spannendes Album geworden. Die Schallplatte ist schon lange bestellt, die Konzerttickets sind bereits ausgedruckt, alles richtig gemacht. Diesmal sogar das Album bei Platten vor Gericht vorgestellt. 




Geradezu unfreiwillig komisch klingt der Sprechgesang, in den Enno Bunger sich verliebt zu haben scheint. In »Renn« und »Wo bleiben die Beschwerden« klingen die Reime bemüht, ja, das Ganze bemüht cool und ernsthaft. Und dann hat Enno Bunger sich noch überlegt, elektronischer zu werden, ein Stück wie »Hamburg« wird zur Dance-Nummer, die jedoch eher kirmes- denn clubtauglich ist. Man muss wirklich nach ihnen tauchen, den Perlen auf »Flüssiges Glück«. Hat man aber welche gefunden, dann sind sie wirklich schön. Denn Enno Bunger kann schöne Lieder schreiben und sie schön umsetzen, wenn er dabei bleibt, wirklich zu singen und dazu Klavier zu spielen.
Dabei entstehen detailverliebte Zeichnungen eines Abends in der Kneipe (»Am Ende des Tunnels«) oder eine Liebeserklärung mit Zeilen wie: »Es zieht mich immer wieder zu dir hin, du bist permanent in meinen Augen. Oh, wenn ich noch eins auf dich werfe, bin ich blind« (»Heimlich«). Am Ende nimmt Bunger noch Bläser dazu, »Klumpen« ist der Schlussakkord dieses Albums und mit seinem Anflug von Bombast ein perfektes Beispiel dafür, was Enno Bunger am besten steht.
(intro)




Enno Bunger live:

13.11.2015      Bremen / Lagerhaus
14.11.2015      Köln / Gebäude 9
16.11.2015      Frankfurt / Mousonturm
17.11.2015      Stuttgart / Universum
18.11.2015      Zürich / Eldorado
19.11.2015      Freiburg / Schmitz Katze
20.11.2015      München / Ampere
21.11.2015      Graz / Autumn Leaves Festival
23.11.2015      Nürnberg / Stereo
24.11.2015      Berlin / Heimathafen
25.11.2015      Leipzig / Werk 2
26.11.2015      Dresden / Beatpol
27.11.2015      Hannover / Pavillon
28.11.2015      Hamburg / Uebel & Gefährlich


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