Heute erscheint das vierte Album von The Veils , das ich in den letzten Wochen schon rauf und runter hören durfte - und d...

The Veils - Time Stays, We Go

















Heute erscheint das vierte Album von The Veils, das ich in den letzten Wochen schon rauf und runter hören durfte - und das wird in den nächsten Monaten sicherlich so weiter gehen. Nachdem ihr Debütalbum "The Runaway Found" ein meine liebsten Platten im Jahr 2004 war, wurde ich von den folgenden "Nux Vomica" (2006) und "Sun Gangs" (2009) ein wenig enttäuscht. Doch mit "Time Stays, We Go" können The Veils und ihr Mastermind Finn Andrews - das deutete die 2011 veröffentlichte 7-Track EP "Troubles Of The Brain" bereits an - qualitativ wieder Anschluss finden. 

"Time Stays, We Go" wurden in den Seedy Underbelly Studios im Laurel Canyon, Los Angeles, von Finn Andrews und Adam Greenspan produziert und später von Bill Price (The Clash, The Jesus & Mary Chain) abgemischt. Angeblich soll Andrews in den letzten Jahren hunderte von Songs geschrieben haben, aus denen nun 10 ausgewählt wurden, die die unterschiedlichen Pole von The Veils dokumentieren: Einerseits der mitreißend-brachiale Indierock,  der einem wütenden Nick Caves nicht unwürdig wäre, den Songs wie der Opener "Through The Deep, Dark Wood" oder "Dancing With The Tornado" symbolisieren. Andererseits ruhigere, gefühlvoll-folkige Songs ("Birds") sowie Titel, die in ihrer Melodieglückseligkeit an die Britpop-Hochphase erinnern ("Sign Of Your Love"). 
Dazu Andrews: “I never set out to be in a successful band, I just really hoped that someday I might get to be in a great one. Ultimately I’ve just always wanted to tell little stories in my songs, but then there’s a very improvised and cathartic aspect to what we do as well and I really wanted this record to put both of these sides across. I like the idea of Roy Orbison having a weird day out in the desert with The Stooges.” 

Dabei gelingt "Time Stays, We Go" das seltene Kunststück nicht nur konstant überzeugen, sondern in der zweiten Hälfte sogar noch besser werden zu können.   
Das Album  wird nicht wie seine drei Vorgänger über Rough Trade, sondern über das eigene LabelPitch Beast veröffentlicht, ist als als Deluxe Digipack Doppel-CD inklusive 16-seitigem Booklet und Bonus-CD "Live At Abby Road" (5 Titel) oder als LP auf rotem Vinyl (plus CD) zu erhalten und stellt eine absolute Kaufempfehlung dar.



Diese Band kennt man, weil sie das Baby des Sohns von Barry Andrews ist. Andrews war mal bei XTC und ist immer noch treibende Kraft von Shriekback. Über schlechte Startbedingungen konnte sich der Spross nie beklagen. Er heißt Finn und hat sich mit den bisherigen Alben von The Veils jedweder Kategorisierung verweigert. Er hat immer wieder Songs abgeliefert, die nicht banal sind und in denen vulkanische Unruhe brodelt. Für den Durchbruch reichte es indes nicht. Das fand Geoff Travis, der Chef von Rough Trade Records, am Ende so enttäuschend, dass er die Band nach drei Alben nicht weiter unterstützen wollte. Bei einem solchen Vertrauensentzug kann man schon mal die Krise bekommen und an sich zweifeln. Andrews hat sich aber nicht aus dem Konzept bringen lassen. Das neue, im Laurel Canyon von Los Angeles aufgenommene Album erscheint beim eigenen Label und lässt keine Abnutzungserscheinungen erkennen. Im ausgezeichneten „Dancing With The Tornado“ steckt viel von dem, was der Titel verspricht. Andrews wirkt aufgebracht, so wie Nick Cave in seinen rabiaten Momenten. Aber er verliert nicht die Kontrolle. Es soll ja noch zu dem passen, was er sonst noch zu bieten hat. Zur Britpop-Schwärmerei „Another Night On Earth“. Zum Folk-Anflug in „Birds“. Ein Mann bleibt dran.
(musikexpress)


Auffällig ist auch dieses Mal die beeindruckende Kompromisslosigkeit der Band, nicht nur in musikalischer Hinsicht. Die ersten drei Stücke verkünden unmissverständlich: Es gibt kein Zurück. "You can't go back", heißt es im herrlich polternden Opener "Through the deep, dark wood" mit Hammond-Orgel-Antrieb, explosivem Schlagzeug und üppigen Gitarren. Das ausgesprochen kraftvoll voranschreitende "Train with no name" proklamiert "There's no turning back", während das mystische "Candy apple red" - in Begleitung einer geheimnisvollen Gitarre, eines verdächtig schleichenden Basses und unheilvoll bebender Percussion - die Botschaft "Now the chance has passed / Time's a one-way track" überbringt. Man kann also nun wirklich nicht behaupten, dass The Veils ihre düstere Melancholie auch nur ansatzweise abgelegt hätten.

Umso größer ist die Überraschung darüber, dass "Turn from the rain" sich als mopsfideles, unverschämt beschwingtes Stück mit luftiger Klampfe und charmanten Bläsern erweist. Auch wenn Andrews es sich nicht nehmen lässt, die Melodieführung kurz in Richtung Moll zu lenken. Das darauffolgende "Birds" zieht die Stimmung dann ebenso fachgerecht wie stilvoll wieder runter: Andrews sinniert über die Vergänglichkeit, hinreißend wie immer, feiert in "Another night on Earth" dann aber doch lieber das Leben. Mit dem schönsten Refrain der Platte, beatleskem Piano, lieblichem Chorgesang, Sechziger-Jahre-Flair und einem wunderbaren Bläser-Solo. The Veils liegen auf ihrem neuen Werk einfach verdammt oft richtig. Nur im Hinblick auf die titelgebende Zeile "Time stays, we go" muss man ihnen vehement widersprechen: Wem so ein Album gelingt, der bleibt. Und zwar deutlich länger als 40 Minuten und 29 Sekunden.
(plattentests)



The Veils in Deutschland:

11.06.13 Köln, Blue Shell
12.06.13 Berlin, Bi Nuu
13.06.13 Hamburg, Molotow
14.06.13 Frankfurt, Das Bett
15.06.13 München, Atomic Cafe

5 Kommentare:

  1. Wir waren gestern bei The Veils und so war das Konzert.

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  2. Schöne abwechslungsreiche Platte, die im Frühjahr unbeachtet an mir vorbeiging. Das muss nun nachgeholt werden!
    7 Punkte

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  3. Nach dem Debüt das beste Album von The Veils.

    8,5 Punkte

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