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The Knife - Shaking the habitual

cover.

Diese Musik ist so grell wie das Cover, das Album ein Monster. Nach drei regulären Studioalben und einem Soundtrack veröffentlichte The Knife 2010 mit “Tomorrow, in a year” ein ambitioniertes Album, welches ich damals als mutiges aber durchaus geglücktes Experiment verstand. Nun zeigt sich, dass The Knife damit nur den Weg bereitet haben für einen nicht minder mutigen Schritt. “Shaking the habitual” agiert jenseits üblicher Songstrukturen und es sprengt sogar das gar nicht so enge Korsett der Dance Music. Benötigte “Tomorrow, in a year” noch den Rahmen einer Oper, ist “Shaking the habitual” ein Schauspiel an sich.

Auf den älteren The Knife-Platten war vor allem Karin Dreijer Anderssons Gesang (bei dem ich nur raten kann, an welchen Stellen er elektronisch verfremdet wird) das starke und unwiderstehliche Alleinstellungsmerkmal. Inzwischen haben die messerscharfen bis donnernden Rhythmen mächtig aufgeholt und nun thronen sie gleichberechtigt daneben.  “Tomorrow, in a year” nahm Motive aus Charles Darwins Leben und aus dessen Evolutionstheorie auf. Anscheinend inspirierte das die Band:  Fever Rays Debütalbum wirkte stellenweise düster und bedrohlich und The Knifes “Silent shout” kannte durchaus auch rhythmisch anspruchsvolle Wendungen. Doch mit “Shaking the habitual” werden buchstäblich Konventionen durcheinandergewirbelt und im The Knife-Universum eine neue Evolutionsstufe eingeleitet. Die schwedischen Geschwister Karin Dreijer Andersson und Olof Dreijer haben die 14 Jahre seit Bandgründung und die sieben Jahre seit “Silent shout” offenbar sehr gut genutzt und dank der Drone-Klänge und der herausfordernden Electro Beats eine unnachahmliche Stimmung geschaffen. Auf “Shaking the habitual” tanzen Körper und Hirn in vielen Momenten synchron nebeneinander und in den noch spannenderen Phasen werden sie von The Knife zu Duellen herausgefordert. Aktuell sehe ich in The Knife die Band, welche dem Jahrtausend die passende Elektromusik gibt. Gibt es eigentlich “Prog Electro”?

Während einige relativ monotone Passagen durchaus als Teil eines Spannungsbogens interpretiert werden können, muss man ein paar Stellen als Füllmaterial verstehen. Bei über 1,5 Stunden Spieldauer und einem Song über 20 Minuten ist das zwar nicht notwendig aber verzeihlich.

Besonders hervorheben möchte ich die Songs “A tooth for an eye”, “Full of fire”, “Without you my life would be boring”, “Raging lung” (dieser Titel bildet am ehesten die Brück zu Fever Ray) und “Ready to lose”. Empfehlen möchte ich aber den Konsum des kompletten Albums. Mehrmals. Laut.

Auftouren.de:

Es verwundert durchaus, wie radikal sich The Knife mit „Shaking The Habitual“ vom klassischen Popalbum verabschieden. Fast alle Stücke sind ausufernd, überbordend und dennoch von einer Klarheit, die ihresgleichen sucht. Es ist das weltlichste und gleichzeitig das erhabenste Album dieser großen Band. Es ist trotz seiner 98 Minuten Länge homogen, in sich geschlossen und dank seiner konzeptuellen Tiefe, politischen Ausrichtung und einer Fülle an einzigartigen Songs für ein Elektropop-Album so komplett und doch komplex, wie man es bisher nicht für möglich gehalten hätte. In dieser Hinsicht wird „Shaking The Habitual“ auf Jahre hinaus Maßstäbe setzen.

Das Video zu “Full of fire”:

The Knife live sind definitiv ein Erlebnis (und die Tickets bereits weitgehend ausverkauft):

  • 26.04. Bremen
  • 27.04. Hamburg
  • 30.04. Zürich
  • 01.05. München
  • 02.05. Köln
  • 11.05. Berlin
  • 19.07. Melt Festival

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