Die erste Vorladung (VII)
Personalien:
Sarah und Julian Muldoons Eltern stammen aus Deutschland bzw. den USA. Aufgewachsen ist das Geschwisterduo in Aschenburg, nun lebt und arbeitet man in Hamburg.
Wenn der Vater kalifornischer Folkmusiker ist, lernen die Kinder natürlich frühzeitig Gitarre, Keyboards und so einige Instrumente mehr zu beherrschen. Und wenn dann zum vererbten Talent das gemeinsame Singen, Komponieren und Musizieren beibehalten wird, dann wird man schnell mit dem Hamburger "Krach + Getöse"-Musikerpreis ausgezeichnet und findet sich im Vorprogramm von Enno Bunger, Gisbert zu Knyphausen, Balthazar oder Tocotronic wieder.
Sarah And Julian veröffentlichten dieser Jahr ihr erstes Album "Birthmarks", das unter den 11 Titeln auch "Cold Wind" und "Like A Letter" von ihrer ersten EP berücksichtigt.
Gefühlvoller, luftiger, unaufgeregter Folkpop á la Boy trifft auf den männlich/weiblichen Wechsel- und Harmoniegesang, den man bei Angus & Julia Stone schätzen gelernt hat. Wenn man dem Duo wohlgesonnen ist, spricht man in Bezug auf "Birthmarks" eine Empfehlung fürs kuschelige Wohnzimmer aus, hält man nicht viel von der Musik von Saran und Julian, so meint man vermutlich die ideale Musik zur Untermalung einer Kaffeepause bei Starbucks gefunden zu haben.
Zeugen:
Ihre Instrumente – vorrangig Gitarre und Keyboard – beherrschen die beiden. Auch, wie man einen eingängigen Song auf- und Harmonien drum herumbaut, wissen sie. Doch leider bekommt man diesen winterlichen Kuschelsound sowieso seit Jahren ins Haus, wenn man an einem Sonntag das Indie-Radio einschaltet.
So haftet BIRTHMARKS, bei allem Sachverstand, etwas Beliebigkeit an. Dazu spielt sich alles im kommoden Midtempo-Bereich ab – selbst den etwas aufgekratzteren, Richtung Arcade Fire schielenden Stücken „Slow“ und „Falling“ wird nicht der Zug gewährt, den sie verlangen. Beim nächsten Album dürfen sich Sarah And Julian also gerne mehr trauen: Let’s put the Mut in Muttermal!
(musikexpress)
Und doch gelingt es dem Duo, dieses Album zu einer kleinen Schatzkiste zu machen, die erst nach und nach ihre Juwelen zum Vorschein kommen lässt. Da wäre zum Beispiel das wundervoll unaufgeregt gezupfte "Like a letter", das lediglich eine kleine Melodie und ein paar Klaviertupfer braucht, um direkt ins Ohr zu gehen. Auf diesem Weg folgt ihm direkt im Anschluss gleich "Birds of a feather", natürlich aber nicht, ohne ein wenig an Opulenz zuzulegen. Und wenn "Monster" kurz vor Schluss noch den bislang sanftesten Refrain des Jahres präsentiert und gar einem verwirrten Theremin Unterschlupf gewährt, ist ohnehin alles gut.
Womit man auch beim einzigen geringfügigen Vorwurf angelangt wäre, den man "Birthmarks" machen könnte, wenn man denn unbedingt will: Das Album macht alles gut. Da beginnt man irgendwann nach der einen Note zu suchen, die sich dem Diktat der Harmonie nicht beugen will. Ohne Erfolg allerdings. Doch wenn man zum Ausgleich mit Songs wie "Falling" oder dem rundherum gelungen Opener "Mayflies" versöhnt wird, ist das alles völlig egal.
(Plattentests)
Ihr Talent für ohrwurmgeeignete Melodien in sparsamen Arrangements kommt in „Like A Letter“ besonders gut zum Vorschein: Nur ein paar kleine Piano-Anschläge brauchen Sarah and Julian, um größtmögliche Intensität und Intimität aufzubauen. „Birds Of A Feather“ dagegen schwelgt in üppigerer Instrumentierung – schließlich sind die Geschwister Multiinstrumentalisten und lernten schon als Kinder Trompete, Gitarre, Klarinette und Klavier -, was notwendige Kontrastpunkte setzt, denn sonst liefe „Birthmarks“ Gefahr, in allzu sanfter Eintönigkeit dahinzuplätschern.
Aber die Muldoons kriegen die Kurve, vor allem durch ihren mal abwechselnden, mal einstimmigen Gesang: Die beiden Stimmen korrespondieren wunderbar und man bekommt auch per Studioaufnahme einen guten Eindruck davon, wie Sarah and Julian live begeistern können.
Aber die beiden singen keineswegs nur allein: Auf „Monsters“ ist Meret Becker als Gastsängerin zu hören und muss sich gegen ein Theremin behaupten – ein sehr interessanter, ambitionierter Song. Bei“Slow“ wird das Tempo angezogen (ausgerechnet!), und in von The Cure beeinflusste Gitarren-Gefilde vorgedrungen, auch auf dem Klavier ist eine energischere Gangart zu verzeichnen.
„Birthmarks“ ist ein Album, in das man sich so richtig schön fallen lassen kann – Sarah and Julian vermitteln das Gefühl, dass alles gut wird. Hat man selten genug, heutzutage.
(musikblog)
Indizien und Beweismittel:
Ortstermine:
05.06.16 Mannheim, Maifeld Derby
17.06.16 Duisburg, Traumzelt Festival
Urteile:
Nun sind die werten Richter gefragt...
Echt netter Folkpop. 6,5 Punkte
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