"Ich werde das erste Bondgirl, das gleichzeitig den Titelsong singt", sagte die in Koblenz geborene Elisa Schmidt in einem Interview mit der Gala. Dieses entdeckte ich nicht etwa beim Durchblättern beim Friseurbesuch, sondern selbstverständlich während der harten Recherchearbeit für diese Neuvorstellung.
Hören wir also doch einmal in "Raw", das zweite Album der Sängerin, die den einprägsamen aber ziemlich doofen Künstlernamen Femme Schmidt gewählt hat, hinein und überprüfen, in welche Rollen sie dort sonst noch schlüpft: neben dem Bondgirl ("Loving Forces", "To The Edge") begegnet uns Femme Schmidt auch noch als soulige Rock-Röhre ("Kill Me"), Opulenz-Pop-Diva ("Surround Me With Your Love"), Big Band Leaderin ("Raw"), Lana del Rey ("Temple Of Men"), Jazz Club-Sängerin ("Hurts So Good", "Million Baby"), Bryan Ferry-Fan ("Is Your Love Strong Enough") und sich aller orchestralen Arrangements entblößter Blueserin ("God Only Knows").
Nouvelle Vague, eine Prise Chanson, dazu perfekt arrangierte Pop-Klänge – das ist das Erfolgsrezept dieses Albums, wobei auch „Pop“ hier gar nicht negativ gemeint sein soll. Vielmehr zeigt es die Eingängigkeit dessen, was die gebürtige Koblenzerin hier bietet. Das Gefühl für „großes Kino“ bewies sie dereinst schon, als sie Heart Shaped Gun dem Tatort beisteuerte, dass sie dies nach wie vor drauf hat, zeigt eben ansprechend die neue Veröffentlichung. Das muss gar nicht immer nur im getragenen Tempo passieren, wie sie beispielsweise in Kill Me zeigt, das mit Beat und Gitarre nach vorne geht, hin und wieder gar Rauheit in der Stimme präsentiert und zu einem Tarantino-Film passen könnte.
Die große Stärke bleibt dabei aber vor allem das Sphärische, wie man gut in Stücken der Marke Surround Me With Your Love merken kann. Hier ist wieder dieses Cineastische, das gut zur Geltung kommt, ruhige Momente mit Nachdenklichkeit sind eingebettet in das Stück und es vermag es, einen mitzunehmen. Die Qualität wird auf den zwölf regulären Album-Stücken sowie den zwei Bonustracks immer wieder hochgehalten und man hält am Ende ein Album in den Händen, mit dem man – eine Affinität für Klänge dieser Art vorausgesetzt – wenig verkehrt machen kann.
(Monkeypress)
Femme Schmidt hat nicht vor, sich in irgendeiner Weise hervorzutun. Der Pop mit obligatorischem DubStep-Hauch in „Golden“ wird für Genre-Änderungen bis zum gewollt sexy Chanson („Hurts So Good“) regelmäßig ausgetauscht. Dabei ist kein Fluss zu erkennen. Eher wirkt die Sängerin wie eine Politikerin, die von Rede zu Rede ihre Meinungen schlagartig ändert und sich hinterher wundert, warum man ihr als Außenstehender nichts mehr abkauft. Die Rückkehr zu konventionellem Stimmchen-Pop mit Liedern wie „Loving Forces“ und „Shape Of Love“ zum Abschluss des Albums wirken in diesem Kontext wie ein Sicherheitsnetz. Nur ist die Sicherheit dieses Albums zu keinem Zeitpunkt derartig miteinander verknüpfbar, dass sich ein Muster erkennen lässt.
Ohne ein musikalisches Gesicht und ohne großen Hit muss einfach festgehalten werden, dass „RAW“ lediglich ernüchternde Attribute auf seiner Seite weiß. Langweilig, uninspiriert und unentschlossen sind passende Worte für ein Album, das zu keinem Zeitpunkt für sich selbst steht. Es scheint sich fast schon um eine Zirkusnummer oder eine Talentvorführung zu handeln. Irgendetwas muss dem Hörer doch gefallen. Dass Hörer sich in der Regel allerdings für Hits und Konzepte begeistern lassen, ist an diesem Projekt leider vollends vorbeigegangen. In Anbetracht des Debüts ist diese Tatsache nicht nur bedauernswert, sondern auch unbegreiflich.
(CD Starts)
Femme Schmidt live:
26.05.16 Göttingen, Musa
27.05.16 Koblenz, Café Hahn
28.05.16 Bad Homburg, Kurtheater
Noch nicht so ganz die deutsche Lana Del Rey. Aber "Surround Me..." ist stark. 6 Punkte
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