Platten vor Gericht fragt - du antwortest (II)
Heute mit: Oliver
PVG: "Confess" ist die aktuelle Platte des Monats im Musikexpress - zu Recht?
Oliver: Ein ganz klares Jein. "Confess" ist ein würdiger Nachfolger von "Forget" und für mich bisher eines der Top-Alben des Monats. Ich habe allerdings noch nicht die im Musikexpress mitfavorisierte Platte von Purity Ring gehört, die wie "Confess" bei 4AD erscheint und von der ich auch sehr viel erwarte. Außerdem ist der Dauerrotationsplatz gerade mit "A Forest" von Christian Löffler belegt. Zwar ein Album aus dem Vormonat, aber gefühlt erst diesen Monat zu Ohren gekommen.
Wie würdest du "Confess" im Vergleich zu seinem Vorgänger "Forget" bewerten?
Der Musikexpress schreibt: "Confess ist der betont knackigere Nachfolger des 2010er-Debüts Forget, einer Platte, die die Liveband Twin Shadow allerdings ungeahnt energetisch und raurockig zur Aufführung gebracht hatte." Das kann man im Prinzip so stehenlassen. Das Konzert Anfang letzten Jahres hat einiges dazu beigetragen, dass meine Bewertung für "Forget" so hoch ausfiel. Und das neue Album schließt daran an. Das "Cry Little Sister"-Zitat in "Golden Light", der knödelige Gesang in "The One" oder "When The Movie’s Over", der mehr nach Paul Young klingt als nach Morrissey: Klar, wir befinden uns immer noch in den 80ern. Trotzdem klingt alles sehr unverbraucht.
Welche 3 Songs von Twin Shadow sollten in einer gerechten Welt im Radio auf Dauerrotation laufen?
Castles In The Snow. When The Movie’s Over. Be Mine Tonight.
"Confess" erscheint auf 4AD - da du bei Geeklist aktiv bist, nenne uns doch bitte deine persönliche Top 4AD-Liste!
Uff! Ein Versuch:
1. Pixies – Doolittle
2. Lush – Lovelife
3. This Mortal Coil – Blood
4. Red House Painters – Red House Painters (3008)
5. Pixies – Bossanova
6. Beirut – Gulag Orkestar
7. Lush – Split
8. Ultra Vivid Scene – Joy 1967-1990
9. Lush – Spooky
10. The Breeders – Last Splash
Da fehlen jetzt natürlich viele andere großartige Bands wie Pale Saints, Belly, Air Miami oder Cuba. Und hättest Du mich vor 20 Jahren gefragt, wäre da auch noch die ein oder andere Dead Can Dance Platte dabei gewesen…
Es soll allerdings nicht der Eindruck erweckt werden, Twin Shadow hätten mit Confess eine 80s-Greatest-Kicks-Compilation auf eigene Rechnung zusammengestellt. Weder ist der Weg von Forget zu Confess tatsächlich so lang, wie man anhand der oben genannten Peaks vermuten könnte. Die beiden Alben verbindet weitaus mehr als sie trennt – vor allem diese behutsam in Wehmut gedippten Melodien und Georges Stimme, die nicht mehr extra da hinein gedippt werden muss. Twin Shadows Platz in den 80ern wäre auch nicht an der Spitze der Charts gewesen – abgesehen vielleicht von der Vorabsingle „Five Seconds“, der durchaus Rasanz unterstellt werden darf. Twin Shadow ist eher der Geheimtipp. Er kommt von der letzten Highschool-Bank, aus dem Schlussdrittel des Soundtracks zu „Flashdance“ oder „The Breakfast Club“. Von dort, wo keiner mehr etwas erwartet. Er spielte diese eine Nummer, zu der keinem Radiomoderator mehr Titel oder Interpret einfallen, nach der sich einige Menschen jedoch verzehren, bis sie Jahre später auf einem wiedergefundenen Mixtape darauf stoßen.
Sprechen wir über gute Popmusik der 80er, sprechen wir nicht selten über Songs, die sich trotz ihrer Produktion durchzusetzen wussten. Wer wollte bei diesen Songs dann aber tatsächlich auf die Synthiefanfaren, dünnen Drumcomputer-Claps und ewigen Funk-Gitarren verzichten? Confess könnte davon noch einiges mehr vertragen und würde doch nicht kippen. Es ist ein Album aus dem Jahr 2012, einer Zeit, in der Pop längst alles kann und darf. Dem Pop ist darüber allerdings auch ein wenig langweilig geworden. Romantische Lieder können aber auch 2012 immer noch helfen, diese Langeweile zu zerstreuen. Twin Shadow singt und spielt solche Lieder. Und die Menschen träumen dazu.
(Musikexpress)
Twin Shadow in Deutschland:
06.11.12 Köln, Gebäude 9
14.11.12 Berlin, Lido
15.11.12 Hamburg, Knust
Zuerst dachte ich: "Was für ein häßliches Cover." Jetzt denke ich: "Was für ein passendes Cover." 6,5 Punkte
AntwortenLöschenDer Sound gefällt mir eigentlich recht gut, die songs sind mir aber zu wenig zwingend. Einen halben Extrapunkt für die "The Lost Boys"-Reminiszenz in "Golden Light".
AntwortenLöschen6
7,5 Punkte
AntwortenLöschen7,5 Punkte
AntwortenLöschenVon mir kommen bisher die wenigsten Punkte...
AntwortenLöschen5,5 Punkte