Ich bekenne: Das Ende von Pink Floyd kam für mich 1985 mit dem Ausstieg von Roger Waters. Ich bin also Waters-Anhänger, dem sich die frühen Aufnahmen der Syd Barrett-Zeit nie richtig erschlossen haben, für den "The Final Cut" somit das eigentlich letzte Album der von ihm geschätzten Pink Floyd darstellt, der "A Momentary Lapse Of Reason" (1987) noch eine Chance gab aber aufgrund dieser Hörerfahrung an "The Division Bell" (1994) schon kein Interesse mehr hatte.
Nun gibt es 14 Jahre später ein fünfzehntes und definitiv letztes Album von Pink Floyd, das auf noch vorhandenen Aufnahmen aus der "Division Bell"-Zeit mit dem 2008 verstorbenen Keyboarder Richard Wright beruht, und das David Gilmour (Gitarre) und Nick Mason (Schlagzeug) zusammen mit zahlreichen Gastmusikern und Produzenten (Phil Manzanera, Bob Ezrin, Youth usw.) in den letzten beiden Jahren erarbeiteten. Bereits 1993 gab es die Idee "The Division Bell" eine zweite, rein instrumentale Platte, die den Arbeitstitel "The Big Spliff" trug, beizufügen. Dieser Plan wurde zunächst verworfen und nach dem Tode Wrights wieder aufgegriffen.
Der neue Titel "The Endless River" bezieht sich einerseits auf "High Hopes", den letzten Song von "The Division Bell" („The water flowing / The endless river / Forever and ever.“), und andererseits auch auf die zweite Pink Floyd-Single "See Emily Play" ("Float down a river forever and ever").
"The Endless River" ist nun also ein instrumentales (mit Ausnahme des letzten Songs "Louder Than Words"), sphärisches und episches Ambient-Album geworden, dass langatmige Gitarren-Soli von Gilmour bietet, die gelegentlich, wie etwa in "Things Left Unsaid" oder dem zweiteiligen "Allons-y" , tatsächlich direkt als Pink Floyd identifizierbar sind, Masons Schlagzeugspiel kurzfristig in den Mittelpunkt rückt ("Skins"), die Stimme von Stephen Hawking ("Talkin' Hawkin'") und Saxophon-Gedudel ("Anisina") im Programm hat und letztendlich und hauptsächlich Richard Wright und seinen wabernden Keyboard-Klängen ein Denkmal setzt.
Das esoterische Plattencover und der gewählte Albumtitel passen perfekt zum schier endlos dahinplätschernden Sound von "The Endless River". Als Bonus-Beigabe für eine Wiederveröffentlichung von "The Division Bell" wäre das Album gut geeignet gewesen, als letztes Pink Floyd Album wohl eher nicht. Da bleibe ich doch lieber bei "The Final Cut".
Das esoterische Plattencover und der gewählte Albumtitel passen perfekt zum schier endlos dahinplätschernden Sound von "The Endless River". Als Bonus-Beigabe für eine Wiederveröffentlichung von "The Division Bell" wäre das Album gut geeignet gewesen, als letztes Pink Floyd Album wohl eher nicht. Da bleibe ich doch lieber bei "The Final Cut".
Die Musik auf dem Album erinnert in schockierender Weise an jene, die unaufdringlich, fast unhörbar in Physiotherapie-Praxen läuft. Fango-Massage-Krankengymnastik und dazu Eso-Sphären-Klänge und eine Panflöte als Leadinstrument. Entspannen, zurücklehnen, die Augen schließen. Nur dass bei Pink Floyd Gilmours zur Selbstkarikatur gewordenes Gitarrenspiel den Part der Panflöte übernimmt. THE ENDLESS RIVER hat schon ein paar Momente. Aber es sind wenige. Immer dann, wenn sich die Band aus dem Pink-Floyd-Baukasten herausbewegt und dabei sogar ab und an ein atonales Freak-Out veranstaltet. Das wird aber schnell von Gilmours aufdringlicher Gitarre vertrieben oder von Nick Masons Phil-Collins-artigen Drum-Breaks zu Tode gedroschen.
Der Vergleich mit „Shine On You Crazy Diamond“ und allen Pink-Floyd-Alben seit A MOMENTARY LAPSE OF REASON verdeutlicht den Unterschied zwischen Kunst und Kunsthandwerk – abstrakter Expressionismus versus Keramikmalerei. Und dann kommen die Fans wieder und empören sich, weil man es gewagt hat, ein Album von Pink Floyd nicht gut zu finden, als hätte man sie persönlich beleidigt, als hätten sie ihr Leben verwirkt, nur weil diese Band sich nicht zu schade ist, ihr eigenes Denkmal umzustoßen. Aber was weiß ein Jungspund wie ich schon von Pink Floyd?
(Musikexpress)
Der historische Kontext des Ausgangsmaterials ist immerhin interessant: Was Pink Floyd 1993 beim Jammen auf Autopilot entglitt, ist nicht weit von dem entfernt, was jungen, sanften Prog-Adepten wie Air vier Jahre später kurzfristigen Götterstatus einbringen sollte. Sündteure Synth-Flächen, plastisch im Raum hängende Akustikgitarrenakkorde, bis zum Gehtnichtmehr hinausgezögerte Schlagzeugeinsätze und selbstredend Gilmours lyrische Stratocaster.
Der Wortanteil ist dagegen karg: Einleitend hört man Interviewfetzen der drei Bandmitglieder („We had certainly an unspoken understanding, but a lot of things unsaid“, sagt der 2008 verstorbene Rick Wright), und zum Abschluss singt Dave Gilmour einen bittersüßen, von seiner Frau Polly Samson getexteten Tribut an die eigene Band namens „Louder Than Words“: „We bitch and we fight, diss each other on sight/ But this thing that we do (…)/ It’s louder than words.“ Klingt fast wie ein Versöhnungsangebot an Roger Waters, auf jeden Fall berührend, genauso wie ein vom „Division Bell“-Track „Keep Talking“ übrig gebliebener Monolog von Stephen Hawking über die Verheißung der Kommunikationstechnologie der Zukunft, „das Unmögliche zu erbauen“. Ach, die Unschuld vor dem Internet!
Schade nur, dass dieses Material, das sich als Bonus-Disc einer Anthologie einen völlig legitimen Platz im Kanon verdient hätte, nun zum offiziellen letzten Pink-Floyd-Album samt luxuriöser Sammlerbox aufgeblasen werden musste. Bei allem Respekt, das geht sich nicht aus.
(Rolling Stone)
3 Punkte
AntwortenLöschenGanz schön langweilig, so ganz ohne Gesang. 5,5 Punkte
AntwortenLöschen4 Punkte.
AntwortenLöschenOhje. 3,5 Punkte
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