Auch Julia Stone fand während ihrer Zusammenarbeit mit ihrem Bruder Angus bereits Zeit für ein erstes Soloalbum ("The Memory Machine"), das 2010 veröffentlicht wurde. Die zweite Platte der 28-jährigen Australierin "By The Horns" wurde bereits im Mai veröffentlicht und entstand in Zusammenarbeit mit den Produzenten Thomas Bartlett (Antony & The Johnsons, The National, Glen Hansard) und Patrick Dillett (Mary J Blige), sowie Gastmusikern wie Rob Moose, der auch schon Geige und Violine für Bon Iver oder My Brightest Diamond spielte, oder Bryan Devendorf, der sonst bei The National hinter dem Schlagzeug sitzt.
Julia Stone haucht wie üblich, wagt sich aber dafür ein wenig aus der Folk-Ecke hervor, experimentiert ein bisschen mit Krautrock oder (Synthie-)Pop und bezaubert mit einer schönen, entschleunigten Version von "Bloodbuzz Ohio".
Dafür erhält sie bei den Kritikern ein deutlich schlechteres Feedback als ihr Bruder, auch wenn es sonst nicht so böse ist wie hier beim deutschen Rolling Stone:
Auf ihrer zweiten Soloplatte "By The Horns" hadert sie in sparsam instrumentierten Emo-Folkpop-Songs wie "It’s All Okay" mit dem Sujet der Liebe, verzweifelt daran, hofft, wirft sich in die Pose äußerster Zerrissenheit – was in etwa so klingt, als hätte Vanessa Paradis ein bisschen zu viel gekifft und dabei Portishead gehört.
Vielleicht hätten die Produzenten mal an die Scheibe zum Aufnahmeraum klopfen sollen, um die Chanteuse aus ihrem traurigen Dornröschenschlaf zu reißen. Andererseits zeugt das engagierte Titelstück mit dem zweckoptimistischen Mantra "I believe in love" auch nicht von viel Innovation. Wer Musik als geistige Nahrung betrachtet, wird hier den langsamen Hungertod sterben.
Bei mir liegt Julias düsteres und melancholisches Album jedoch vor dem ihres Bruders, schon allein, weil ich manchmal an Hope Sandoval und Mazzy Star denken musste - aber am besten sind sie wohl doch gemeinsam.
Julia Stone funktioniert alleine wunderbar. Während "By the horns" der letzten Geschwisterplatte "Down the way" in der Grundstimmung stark ähnelt, konzentriert sich Julia Stone hier noch stärker auf das Facettenreichtum der Feinheiten und die ganz ruhigen Momente.
Auf das wunderschöne The-National-Cover "Bloodbuzz Ohio", das besonders stimmlich den totalen Kontrast zum Original wagt, folgt mit "It's all okay" eine von Schlagzeug und Piano nach vorne getriebene Nummer. Und weil um sie herum schon so viel passiert, kann es sich Stone erlauben, auf jedwede Hektik zu verzichten. "With the light" schließlich bringt die düstere Attitüde der Platte auf ihren Höhepunkt. Dass Stones Stimme dabei gewöhnungsbedürftig ist, steht außer Frage. Da die melancholisch getragenen Instrumentals diese aber in einen ganz anderen Kontext setzen, als die Klangfarbe es zunächst nahelegen würde, macht das die Musik umso spannender.
(Plattentests)
22.10.12 Hamburg, Übel & Gefährlich
24.10.12 Köln, Kulturkirche
25.10.12 Berlin, Postbahnhof
26.10.12 München, Backstage Werk
4 Punkte
AntwortenLöschenCa. 1,5 Punkte weniger schön. 7 Punkte
AntwortenLöschenEntgegen dem Trend bekommt Frau Stone von mir mehr Punkte als ihr Bruder, nämlich
AntwortenLöschen7
5 Punkte
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